Rn. 2912
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Hat der Erblasser Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit erzielt, so kann der Alleinerbe diese Tätigkeit als solche nur fortsetzen, wenn er die entsprechende berufliche Qualifikation selbst aufweist. Die Freiberuflichkeit als solche stellt keine Vermögensposition dar, sondern eine höchstpersönliche Eigenschaft, die nicht, auch nicht nach § 45 AO, vererbbar ist (FG Köln vom 24.06.2015, 14 K 1130/13, EFG 2015, 1923).
Rn. 2913
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Ist der Alleinerbe somit ein Berufsfremder, erzielt er keine Einkünfte mehr aus § 18 EStG, sondern – zwingend – Einkünfte aus Gewerbebetrieb (FG Köln vom 24.06.2015, 14 K 1130/13, EFG 2015, 1923). Dem steht nicht entgegen, dass die Fortführung des freiberuflichen Unternehmens unter Umständen berufsrechtswidrig ist und zeitnah untersagt werden kann. Wird die Tätigkeit verbotswidrig ausgeübt, sind die daraus erzielten Einkünfte dennoch nach § 15 Abs 1 EStG steuerbar, vgl auch § 40 AO.
Rn. 2914
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Eine Ausnahme besteht nur insoweit, als der Erbe lediglich nachlaufende Einkünfte nach § 24 Nr 2 EStG bezieht. Dies setzt voraus, dass alle den Einkünftetatbestand begründenden Voraussetzungen noch vom Erblasser geschaffen und zu dessen Lebzeiten realisiert wurden, lediglich eine Gegenleistung, also insbesondere der Zufluss, erst nach dem Erbfall erfolgt (FG Köln vom 24.06.2015, 14 K 1130/13, EFG 2015, 1923). In einer solchen Konstellation erzielt auch der berufsfremde Alleinerbe noch Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit.
Rn. 2915
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Erzielt der Alleinerbe gewerbliche Einkünfte, stellt der Wechsel vom freiberuflichen BV zum gewerblichen BV keine Betriebsaufgabe dar, sondern einen Strukturwandel, der nicht zur Aufdeckung stiller Reserven führt, s Rn 1066.
Rn. 2916
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Veräußert der Erbe die freiberufliche Praxis, so liegen nach § 16 Abs 1 EStG grds Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit vor. Der BFH hat jedoch in einem Fall, in dem die berufsfremde Erbin die Praxis des verstorbenen Steuerbevollmächtigten binnen eines Monats an einen qualifizierten Berufsträger verkauft hatte, Einkünfte aus § 18 Abs 3 S 1 EStG angenommen, ohne allerdings die Qualifikation der Einkünfte näher zu thematisieren. Angesichts des extremen kurzen Zeitraums, in dem die berufsfremde Erbin vermutlich keine inhaltliche Praxistätigkeit entfalten konnte, mag dies nachvollziehbar sein – unter Umständen lagen nur Einkünfte nach § 24 Nr 2 EStG vor, s Rn 2914 – sobald jedoch auch nur in geringem Umfang eine Tätigkeit ausgeübt wird, liegt ein Strukturwandel vor und es kommt statt § 18 Abs 3 EStG nur § 16 EStG zur Anwendung,