1. Allgemeines, Verhältnis zum Erbfall
Rn. 3051
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Die Erbengemeinschaft ist grds auf Auseinandersetzung angelegt (sog geborene Liquidationsgemeinschaft; Frank/Helms, Erbrecht, § 19, Rz 2, 7. Aufl), was aber nicht ausschließt, dass sie mitunter jahrelang als solche bestehen kann, sog fortgesetzte Erbengemeinschaft, s Rn 2932.
Im Regelfall haben die Erben jedoch ein Interesse daran, die Erbengemeinschaft zeitnah auseinanderzusetzen, insbesondere, wenn erkennbar ist, dass eine in der Person eines oder mehrerer Erben drohende weitere Erbfolge die Auseinandersetzung noch erschweren wird.
Rn. 3052
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Nach Aufgabe der Einheitsbetrachtung durch den BFH (BFH vom 05.07.1990, GrS 2/89, BStBl II 1990, 837; s Rn 2564) ist die ganz oder teilweise erfolgende Erbauseinandersetzung ein grds vom Erbfall zu unterscheidender Vorgang, deren ertragsteuerliche Folgen unabhängig von den ertragsteuerlichen Konsequenzen des Erbfalls (dazu s Rn 2681) zu betrachten sind. Zur Rückwirkung bei einer dem Erbfall in kurzer Frist nachfolgenden Auseinandersetzung s Rn 3011.
Rn. 3053
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft ist nicht ein einzelner steuerlicher Vorgang. Vielmehr kann die Auseinandersetzung in vielen Teilschritten erfolgen, die isoliert zu betrachten sind und die bei zwischenzeitlichen Rechtsänderungen aufgrund der Stichtags- bzw Abschnittsbesteuerung auch unterschiedlichen steuerlichen Regeln unterliegen können.
Rn. 3054
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Die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft kann sich auf verschiedene Arten vollziehen, die auch miteinander kombiniert werden können:
- Aufteilung des Nachlasses unter den Erben (Auseinandersetzung im engeren Sinne, vgl Geck, KÖSDI 2011, 17 352)
- Veräußerung von Erbteilen durch die Erben
- Veräußerung des Nachlasses
- Ausscheiden eines oder mehrerer Miterben aus der Erbengemeinschaft.
Rn. 3055
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Von der eigentlichen Auseinandersetzung unter den Erben ist die Erfüllung von Vermächtnissen, Auflagen und die Begleichung der Erblasserschulden zu unterscheiden. Diese Schritte gehen der Erbauseinandersetzung entweder voraus oder werden im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft vollzogen.
Rn. 3056
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Inhaltlich kann die Erbauseinandersetzung durch eine Teilungsanordnung des Erblassers vorgegeben sein, die schuldrechtlich wirkt und Erben und Testamentsvollstrecker grds binden. Kommt es wissentlich und willentlich zu einer von Erbquoten abweichenden Auseinandersetzung, die nicht ausgeglichen wird, kann dies eine freigebige Zuwendung § 7 Abs 1 Nr 1 ErbStG darstellen (FG Münster vom 22.10.2015, 3 K 1776/12 Erb, EFG 2016, 215).
Rn. 3057
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Die Erbengemeinschaft ist erst dann vollständig auseinandergesetzt, wenn die Erbengemeinschaft keine Rechte mehr an Nachlassgegenständen hat (BFH vom 21.12.2021, IV R 13/19, BFH/NV 2022, 414). Das kann durch eine vollständige Auseinandersetzung, auch in Abschnitten, über den Nachlass erfolgen (BFH vom 14.12.1993, VIII R 13/93, BStBl II 1994, 922). Die Erbengemeinschaft erlischt auch dann, wenn ein Miterbe oder ein Dritter sämtliche Erbanteile erwirbt und sich damit sämtliche Erbteile in ein und derselben (natürlichen oder juristischen) Person vereinigen (BGH vom 22.10.2015, V ZB 126/14, NJW 2016, 493). Gleiches gilt, wenn der vorletzte Miterbe aus der Erbengemeinschaft ausscheidet (BFH vom 21.12.2021, IV R 13/19, BFH/NV 2022, 414).
Rn. 3058
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Die Erbauseinandersetzung erfolgt regelmäßig durch Vertrag, der jedoch formfrei geschlossen werden kann, soweit bzgl einzelner Gegenstände des Nachlasses keine besonderen Formschriften eingreifen (§ 15 Abs 3 GmbHG, § 311b Abs 1 BGB), vgl Weidlich in Grüneberg, § 2042 BGB Rz 12, 82. Aufl (BFH vom 12.04.2002, XI R 36/99, BFH/NV 2000, 1196).
Gehört zu dem ererbten Betrieb nur geringes Vermögen des Erblassers und betreibt ein Miterbe, der allein zur Führung des Betriebes befähigt ist, unter einem hohen persönlichen Einsatz tatsächlich den Betrieb im eigenen Namen und auf eigene Rechnung weiter, so ist nicht ausgeschlossen, dass die Miterben im Rahmen einer konkludenten Erbauseinandersetzung den Betrieb diesem Miterben übertragen haben (BFH vom 12.04.2002, XI R 36/99, BFH/NV 2000, 1196).
Rn. 3059
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Die FinVerw hat mit Erlassen vom 14.03.2006 und vom 27.12.2018 ihre Auffassung zu den ertragsteuerlichen Folgen der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft dargelegt (BMF vom 14.03.2006, IV B 2 – S 2242–7/06, BStBl I 2006, 253; BMF vom 27.12.2018, IV C 6 – S 2242/07/10004, BStBl I 2019, 11).
Rn. 3060–3080
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vorläufig frei
2. Mehrere Erbengemeinschaften
Rn. 3081
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Es gibt grds nur eine Erbengemeinschaft. Jede(r), der im Rahmen der gesetzlichen oder gewillkürten Erbfolge als Miterbe/Miterbin eingesetzt wird, ist Mitglied dieser einen Erbengemeinschaft.
Soweit es bei Anteilen an PersGes zu einer Sonderrechtsnachfolge kommt (s Rn 2781), fällt der A...