Rn. 292
Stand: EL 156 – ET: 02/2022
Ehegatten – ebenso wie andere Familienangehörige – können sich wie Fremde zu einer freiberuflich tätigen PersGes zusammenschließen. Die steuerrechtliche Anerkennung erfordert – wie allg bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen – einen wirksam vereinbarten Gesellschaftsvertrag, der inhaltlich den unter Fremden üblichen Bedingungen genügt und auch tatsächlich fremdüblich vollzogen wird (vgl aus der neueren Rspr BFH BStBl II 2000, 386; 2007, 294; 2010, 823; BFH/NV 2008, 2004; im Übrigen s § 15 Rn 107ff (Bitz)). Sind diese besonderen Voraussetzungen nicht gegeben, ist der den Betrieb prägende Inhaber des Unternehmens steuerrechtlich als Allein- und nicht als Mitunternehmer zu beurteilen (BFH BStBl II 1986, 798; BFH/NV 1988, 734; 1990, 92). Diese Grundsätze sind auch anzuwenden, wenn es um die freiberufliche Mitarbeit eines nahen Angehörigen in einem freiberuflichen Unternehmen geht (so bereits BFH HFR 1965, 455).
Rn. 292a
Stand: EL 156 – ET: 02/2022
Auch in einer PersGes zwischen einem Freiberufler und seinem Ehegatten darf der Ehegatte nicht berufsfremd sein, anderenfalls erzielt die Gesellschaft gewerbliche Einkünfte (BFH BStBl III 1958, 445 zum Architekten mit berufsfremder Ehefrau; BFH BStBl III 1959, 263, Gutachten). Bei beruflicher Qualifikation und gemeinsamer Praxisausübung beider Ehegatten wird ein Gesellschaftsverhältnis mit Einkünften nach § 18 EStG anerkannt (BFH BStBl III 1960, 328 betreffend gemeinsame Tätigkeit des Ehemannes als Bücherrevisor und der Ehefrau als StB; BFH HFR 1961, 101 betreffend gemeinsame Arztpraxis).
Eine andere Rechtsfolge zeitigt die Beteiligung eines berufsfremden Ehegatten in einer PersGes nicht. Insb führt dieser Umstand nicht zur Versagung der steuerrechtlichen Anerkennung des Gesellschaftsverhältnisses (BFH BStBl III 1958, 445; 1959, 263; aA offenbar BFH HFR 1965, 455; Hutter in Blümich, § 18 EStG Rz 78).
Rn. 292b
Stand: EL 156 – ET: 02/2022
Allerdings müssen Vertragsgestaltung und -durchführung die Annahme einer PersGes rechtfertigen. Lediglich die Mitarbeit des Ehegatten, zB in der StB-Praxis des Ehemannes (BFH HFR 1962, 158) genügt ebenso wenig wie die lediglich technischen Arbeiten einer als Zahnärztin approbierten Ehefrau, die in der Zahnarztpraxis des Ehemannes nicht selber Patienten behandelt (BFH HFR 1962, 3).
Rn. 292c
Stand: EL 156 – ET: 02/2022
Auch in Fällen der Gütergemeinschaft ist nicht ohne weiteres von einer Mitunternehmerschaft auszugehen (so bereits Gutachten BFH BStBl III 1959, 263). Vielmehr ist wie allg bei der Prüfung, ob eine Mitunternehmerschaft vorliegt, eine Gesamtwürdigung vorzunehmen (hierzu s § 15 Rn 25ff (Bitz); vgl ausführlich BFH BFH/NV 1998, 1094; 1998, 157, jeweils mit umfassenden Nachweisen; Anm oV, HFR 1998, 644). Führt sie zur Annahme einer GbR, ist deren Gesamttätigkeit bei Beteiligung eines berufsfremden Ehegatten als gewerblich zu qualifizieren. Denn anders als bei der gewerblichen Mitunternehmerschaft ist für die Freiberufler-Gesellschaft regelmäßig nicht das Betriebskapital ausschlaggebend, sondern die persönliche, allein dem Freiberufler-Ehegatten zuzurechnende Arbeitsleistung für den Betrieb (BFH BStBl II 1980, 634; 1990, 377). Deshalb kann der bloße Vermögenseinsatz eines berufsangehörigen Ehegatten oder sonstiger Familienangehöriger, wie auch sonst bei nur kapitalistischer Beteiligung eines Freiberuflers, die Annahme einer freiberuflich tätigen Gesellschaft nicht rechtfertigen (s Rn 269d).
In BFH BStBl II 1977, 201 hat der BFH die Mitunternehmerschaft der Ehefrau eines Handelsvertreters allein aufgrund der Tatsache, dass das gewerbliche BV zum ehelichen Gesamtgut gehörte, verneint, es jedoch für möglich gehalten, dass bei Ehegatten, die beide die Voraussetzungen eines bestimmten freien Berufes erfüllen, "durch die Vereinbarung der allg Gütergemeinschaft ein solches Gesellschaftsverhältnis mitbegründet worden sei". Dieser Gedanke ist mE auf freiberufliche Einkünfte zu übertragen, vorausgesetzt beide sind tatsächlich iSd Freiberufs tätig. Daher ist bei Gütergemeinschaft die Ehefrau nicht allein deswegen Mitunternehmerin des vom Ehemann geführten Betriebes, weil der Ehemann Räume eines zum Gesamtgut gehörenden Grundstückes zu Bürozwecken nutzt (BFH BStBl II 1980, 364; ferner BFH BStBl II 1989, 504; BFH/NV 1995, 114 betreffend LuF).
Steht im Gewerbebetrieb die persönliche Arbeitsleistung eines Ehegatten entscheidend im Vordergrund und ist im Betrieb kein nennenswertes, ins Gesamtgut fallendes Kapital eingesetzt, ist schon im gewerblichen Bereich nicht von einem Gesellschaftsverhältnis auszugehen (BFH BStBl II 1993, 574; 1984, 751; 1981, 63; 1980, 634; 1977, 836; H 26a EStH 2020 "Gütergemeinschaft"). Umso mehr gilt dies nach allg Grundsätzen für freiberufliche Tätigkeiten. Zu Recht sind daher nach BFH BStBl II 1990, 377 die Einkünfte aus einer Erfindertätigkeit allein dem Erfinder zuzurechnen, unabhängig davon, ob er in Gütergemeinschaft lebt. Zivilrechtliche Gegebenheiten (zB § 1416 Abs 1 S 2 BGB) ändern hie...