Rn. 395
Stand: EL 156 – ET: 02/2022
Nach § 18 Abs 1 Nr 4 EStG gehört der Gewinnvorzug (Carried Interest) zu den Einkünften aus selbstständiger Arbeit. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber die (theoretische) Möglichkeit ausgeräumt, den Carried Interest den übrigen Kapitalanlegern als Treugeber zuzuordnen (Brandt in H/H/R, § 18 EStG Rz 285 (Februar 2020); Rodin/Veith/Bärenz, DB 2005, 103), auch wenn er ausdrücklich die Auffassung des BMF BStBl I 2004, 40 zugrunde gelegt hat (BT-Drucks 15/3336, 7 zu Nr 2), dass den Fond-Initiatoren von den übrigen Gesellschaftern ein Teil der ihnen zustehenden Dividenden auf einem abgekürzten Zahlungsweg überlassen wird (Sonder-BA der übrigen Investoren, Geerling/Kost, IStR 2005, 757).
ME ist jedoch fraglich, ob dieses Konstrukt aus rechtssystematischen Gründen überhaupt erforderlich ist (so jedoch Geerling/Ismer, DStR 2005, 1596). Davon abgesehen ist es unerheblich, ob es sich um laufende Zahlungen oder eine Einmalzahlung handelt, ebenso aus welchen Mitteln die Fond-Gesellschaft die Leistungen erbringt (Bauer/Gemmeke, DStR 2004, 1470). Erfasst werden daher auch Zahlungen, die auf steuerbaren oder steuerbefreiten Einnahmen des Fonds beruhen (ebenso Wacker in Schmidt, § 18 EStG Rz 287). Auch eine liquiditätsmäßige Zuordnung ist nach der Vorstellung der an der Gesetzgebung beteiligten Personen nicht erforderlich (BT-Drucks 15/3336, 7).
Rn. 396
Stand: EL 156 – ET: 02/2022
Die Zuordnung zu den Einkünften aus selbstständiger Arbeit hat zur Folge, dass auf den Carried Interest keine GewSt anfällt. ESt-rechtlich ist infolge des § 3 Nr 40a EStG das Halb-/Teileinkünfteverfahren auf den Carried Interest anzuwenden. Das gilt auch für den Fall, dass er über eine PersGes (Initiatoren-KG) "durchgereicht" wird. Hierdurch wird eine Gleichstellung von natürlichen Personen und KapGes erreicht (vgl BT-Drucks 15/3336, 6).
Rn. 397
Stand: EL 156 – ET: 02/2022
Nach Hs 2 des § 18 Abs 1 Nr 4 EStG ist § 15 Abs 3 EStG nicht anzuwenden. Diese Regelung bewirkt mE zweierlei:
- Einerseits bewirkt sie wegen Nichtanwendung des § 15 Abs 3 Nr 2 EStG, dass auch bei einer gewerblich geprägten oder infizierten Initiatoren-KG die Einkünfte isoliert stets nach § 18 Abs 1 Nr 4 EStG zu erfassen und hälftig steuerbefreit sind mit der weiteren Folge, dass auch keine GewSt anfällt (vgl BFH BFH/NV 2019, 746).
- Andererseits wird die Behandlung einer Fondsgesellschaft im Anwendungsbereich der Nr 4 als vermögensverwaltende Gesellschaft nicht dadurch in Frage gestellt, dass eine Fond-Initiatorin außerhalb der Tätigkeit des Fonds gewerblich tätig ist (ebenso Friederichs/Köhler, DB 2004, 1638).
Ob allerdings auch bei einer Initiatoren-KapGes die GewSt-Freiheit eintritt, ist mE sehr zu bezweifeln (so jedoch Wacker in Schmidt, § 18 EStG Rz 287; wie hier: Watrin/Struffert, BB 2004, 1888). Es gibt keinen rechtssystematischen Grund, eine Freiberufler-KapGes nach § 8 Abs 2 KStG als Gewerbebetrieb, die Einkünfte aus der Tätigkeit als Einnehmer einer staatlichen Lotterie (§ 18 Abs 1 Nr 2 EStG) bzw aus sonstiger selbstständiger Tätigkeit (§ 18 Abs 1 Nr 3 EStG) jedoch nach einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen zu behandeln (so jedoch R 32 Abs 1 Nr 1 KStR 2004). Entsprechendes gilt für den Carried Interest von (Initiatoren-)KapGes.
Rn. 398
Stand: EL 156 – ET: 02/2022
Für BA des Empfängers des Gewinnvorzugs ist § 3c Abs 1 EStG mit der Folge anzuwenden, dass diese nur anteilig abgezogen werden können (ebenso Wacker in Schmidt, § 18 EStG Rz 287; aA Altfelder, FR 2005, 6, 14), jedoch nur soweit die Steuerfreistellung durch § 3 Nr 40a EStG reicht (Desens/Kathstede, FR 2005, 863).
Rn. 399
Stand: EL 156 – ET: 02/2022
Für andere Fond-Gesellschafter sowie für andere Fonds, die die Voraussetzungen des § 18 Abs 1 Nr 4 EStG nicht erfüllen (einschließlich gewerblicher Fonds), gelten die allg Besteuerungsgrundsätze. Das bedeutet, mit Ausnahme der Zinsen (§ 20 Abs 1 Nr 7 EStG) können die Bezüge auch der anderen Kapitalanleger dem Halb-/Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr 40 EStG unterfallen. Bei den übrigen Fondgesellschaften, die nicht unter § 18 Abs 1 Nr 4 EStG fallen, greift nach BMF BStBl I 2004, 40 die Vollversteuerung des Gewinnvorzugs ein (zT aA Behrens, FR 2004, 1211). Sie unterliegen also nach § 2 Abs 1 S 2 GewStG der GewSt. § 8b Abs 1–5 KStG und § 3 Nr 40 EStG sind bei der Ermittlung des Gewerbeertrages des Fonds nicht anzuwenden. Ein ausländischer Fond, für den im Inland nur ein ständiger Vertreter bestellt ist, unterliegt nicht der GewSt (BMF BStBl I 2004, 40 Tz 20; Einzelheiten auch Figna/Goldacker/Mayta, DB 2005, 966).
Bei diesen Fonds – also soweit ihre Betätigung als gewerblich zu qualifizieren ist – gehören die Gewinnanteile der Gesellschafter zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 S 1 EStG. Soweit der Gewinnanteil Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an KapGes und Dividenden enthält, unterliegen diese Gewinne dem Halbeinkünfteverfahren nach § 3 Nr 40 S 1 u 2 EStG iVm § 3c Abs 2 EStG. Für KStPfl gilt in diesen Fällen § 8b ...