Rn. 85
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Nach der zutreffenden (s BFH BStBl II 1985, 661; 1986, 184; 1988, 768) Interpretation des § 19 EStG durch § 1 Abs 2 LStDV ist nichtselbstständig tätig, wer in der Betätigung seines geschäftlichen Willens unter der Leitung des ArbG steht oder im geschäftlichen Organismus des ArbG dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Danach ist zusammenfassend ArbN, wer seine Arbeitskraft in abhängiger Stellung schuldet. Kennzeichnend hierfür sind Weisungsgebundenheit, Eingliederung und fehlendes Unternehmerrisiko.
Der Übergang zwischen selbstständig und nichtselbstständig ausgeübter Tätigkeit ist fließend. Entscheidend ist das Gesamtbild, s BFH BStBl II 1977, 50; 1984, 654; 1991, 409, das nach einer Reihe von Merkmalen beurteilt werden kann, s BFH BStBl II 1985, 661, wobei Einzelmerkmale nach ihrer Bedeutung zu gewichten sind, s BFH BStBl II 1974, 301; 1977, 178; FG Mchn EFG 1980, 545.
Die Regelungen betreffend die Scheinselbstständigkeit (§ 7 Abs 1 SGB IV) haben keinen Einfluss auf den steuerrechtlichen ArbN-Begriff. Den sozialrechtlichen Merkmalen kommt allenfalls Indizfunktion zu, s BFH BStBl II 1999, 534, Rundfunkermittler. Die vom Auftraggeber zu leistenden Sozialversicherungsbeiträge sind BE des Scheinselbstständigen, da die Steuerbefreiungsvorschriften an den steuerrechtlichen ArbN-Begriff anknüpfen, Günkel ua, DStR 1999, 1880.
Rn. 86
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Für Nichtselbstständigkeit sprechen die folgenden Einzelmerkmale:
- persönliche Abhängigkeit;
- Weisungsgebundenheit hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit;
- Eingliederung in den Betrieb, ständige enge Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern, Ausübung der Tätigkeit an einem bestimmten gleichbleibenden Arbeitsplatz;
- Vereinbarung des Beschäftigungsverhältnisses auf unbestimmte Dauer, feste Arbeitszeiten;
- Schulden der Arbeitskraft und nicht eines Arbeitserfolgs, persönliche Arbeitsleistung und nicht Übertragung auf Dritte, Tätigwerden nur für einen Auftraggeber, Ausführung einfacher Tätigkeiten, bei denen eine Weisungsabhängigkeit die Regel ist;
- kein Unternehmerrisiko, feste Bezahlung, regelmäßig nach der geleisteten Zeit, Bezugnahme auf einen Tarifvertrag, Überstundenvergütung;
- Stellung von Arbeitsmitteln (Werkzeug, Arbeitskleidung), Ersatz von Aufwendungen wie Reisekosten usw;
- Urlaubsanspruch, Verpflichtung zur Krankmeldung und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Anspruch auf Sozialleistungen, Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen, Beteiligung an einer betrieblichen Altersversorgung.
Zur Abgrenzung von gewerblichen Einkünften s § 15 Rn 6ff (Bitz) und s § 15 Rn 127c (Bitz) und H 15.1 EStH 2021; von der selbstständigen Arbeit s § 18 Rn 28ff (Güroff); von den sonstigen Einkünften s Rn 46 f, 72 und 78.
aa) Parteiwille
Rn. 87
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Maßgebend ist nicht die rechtstechnische Bezeichnung durch die Beteiligten, sondern die Merkmale, die nach der tatsächlichen Durchführung das Leistungsverhältnis kennzeichnen, s BFH BStBl II 1968, 726; "angestellte" Brüder als Gesellschafter einer GbR, BFH BStBl II 1981, 210; "angestellter" Geschäftsführer als Gesellschafter einer KG, BFH BStBl II 1981, 310; als "Subunternehmer" bezeichnete Kraftfahrer FG Ha EFG 1984, 47 rkr. Der Wille der Beteiligten kann als weiteres Indiz aber in Grenzfällen entscheidend sein, s BFH BStBl II 1968, 430; 1979, 414.
Rn. 88
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Zu den bestimmenden Merkmalen gehören auch solche, die nicht nach außen in Erscheinung treten. Daher kann jemand, der nach außen wie ein Kaufmann auftritt (Eintragung im HR, Abschluss von Verträgen im eigenen Namen, eigenes Mineralölsteuerlager) ArbN sein, wenn er aufgrund eines Eingliederungsvertrages nichtselbstständig ist, s BFH BStBl II 1987, 746 zur USt. Entscheidend ist insofern das Innenverhältnis, s BFH BStBl II 1979, 188, Rundfunkermittler; BFH BStBl II 1979, 414, Apothekervertreter. Diese den ArbN kennzeichnenden Grundsätze lassen sich auf die ArbG-Eigenschaft nicht ohne weiteres übertragen. Wer als Strohmann für einen Dritten, zB als Konzessionsinhaber einer Gaststätte, ArbN beschäftigt, ist jedenfalls dann deren ArbG, wenn Anstellung und Entlohnung im eigenen Namen erfolgt. Abzustellen ist darauf, wer aus der Sicht der ArbN ihr zivilrechtlicher Partner ist, s BFH BStBl II 1986, 768.
Aus § 39 AO ergibt sich keine abweichende Zuordnung, weil diese Vorschrift die Zurechnung von WG und nicht von Arbeitseinkünften regelt, auch s Rn 21ff. Der Strohmann kann aber seinerseits ArbN dessen sein, für dessen Rechnung die Gaststätte betrieben wird.
ab) Art und Dauer der Tätigkeit
Rn. 89
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Werden überwiegend einfache, zB manuelle Arbeiten ohne hohe Berufsqualifikation ausgeführt, wirkt sich das Weisungsrecht wegen des geringen verbleibenden eigenen Gestaltungsspielraumes stärker aus, sodass regelmäßig Nichtselbstständigkeit anzunehmen ist. Das ist beispielsweise bei Reinemachefrauen der Fall, s BFH BStBl II 1975, 297; FG BdW EFG 1979, 238. Ebenfalls ArbN sind regelmäßig
- Mitarbeiter eines Bewachungsunternehmens, BFH HFR 1962...