Rn. 130
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Setzt ein StPfl seine Kenntnisse und Fähigkeiten zu ähnlichen Tätigkeiten mehrfach ein, so sind die jeweiligen Tätigkeitsbereiche entgegen der früher vertretenen Abfärbe- bzw Ausflusstheorie grundsätzlich jeder für sich zu beurteilen, s BFH BStBl II 1979, 414, Apothekervertreter als ArbN. Das gilt bei Haupt- und Nebentätigkeiten auch, wenn die Nebenleistung dem ArbG des Hauptberufs gegenüber erbracht wird, es sei denn, zwischen beiden besteht ein "unmittelbarer Zusammenhang", s BFH BStBl II 1980, 321, Richter als Leiter einer Referendar-Arbeitsgemeinschaft selbstständig, ebenso Ministerialbeamter als Lehrbeauftragter, s BFH BStBl II 1985, 51; nebenamtliche Prüfungstätigkeit eines Hochschullehrers, s BFH BStBl II 1987, 783. Der unmittelbare Zusammenhang ist gegeben, wenn die Nebentätigkeit zu den Obliegenheiten des Hauptberufs gehört bzw den Hauptberuf voraussetzt. Hingegen reicht entgegen der Formulierung in BFH BStBl II 1980, 321; 1987, 783 die "Ähnlichkeit" der organisatorischen Bedingungen der Nebentätigkeit für eine Gleichbehandlung mit der Haupttätigkeit nicht, insbesondere nicht für eine Einbeziehung in diese, wenn die organisatorische Bedingungen nicht für sich genommen ohne die Haupttätigkeit zu demselben Ergebnis führen würden. Daher ist auch BFH BStBl II 1976, 291 nicht zu folgen, dass eine Lehrerin mit 2 Unterrichtsstunden wöchentlich nichtselbstständig tätig ist, weil sie an einer anderen Schule desselben Schultyps hauptberuflich beschäftigt ist.
Bei einer Referendarin, die neben ihrer Ausbildung an einem anderen Gymnasium freiwillig Unterricht erteilt hat, hat der BFH bei 6 Wochenstunden selbstständige Tätigkeit angenommen, s BFH vom 18.05.1984, VI R 130/80 nv. Nach R 19.2 LStR 2023 sind nebenberufliche Lehrtätigkeiten an einer Schule zumindest dann selbstständig einzustufen, wenn sie nicht mehr als 6 Stunden betragen. Es gilt dann die Fiktion, dass es an einer Eingliederung in den Schulbetrieb fehlt. Ansonsten ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob eine Eingliederung in den Schul- und Lehrbetrieb gegeben ist. Bei Bejahung liegen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit vor.
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Nach den geschilderten Grundsätzen ist ein in einem Krankenhaus angestellter Chefarzt, der dort daneben eine eigene Praxis unterhält, gleichzeitig nichtselbstständig und freiberuflich tätig, s mit Recht BFH BStBl II 1985, 286. Das Gleiche gilt für einen Schauspieler, der neben seinem festen Theater/Filmengagement ab und zu beim Rundfunk tätig wird. Der Auftritt an letzterer Stelle gehört zur freiberuflichen Tätigkeit, sofern nicht nach der Ausgestaltung eine faktische Dauertätigkeit anzunehmen ist, s BFH BStBl II 1977, 50. Ein Nebeneinander von nichtselbstständiger und selbstständiger Tätigkeit liegt beispielweise auch vor, wenn der Geschäftsführer einer GmbH daneben als Berater einer aus denselben Gesellschaftern bestehenden KG tätig wird, da die beiden Wirkungsbereiche auf verschiedenen Rechtsverhältnissen beruhen, s BFH vom 16.07.1981, IV R 63/79 nv. Zum Gerichtsreferendar, der außerhalb der Anwaltsstation von Fall zu Fall von einem RA beschäftigt wird, s BFH BStBl II 1968, 455; ähnlich BFH BStBl II 1972, 460, Gemeindedirektor als Mitglied einer Schätzungskommission, dazu auch s Rn 75. Zu Nebentätigkeiten von Selbstständigen s § 18 Rn 36ff (Güroff).