Prof. Dr. iur. Claus Möllenbeck
Rn. 204
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Gewinnanteile sind nur ausgeschüttete Gewinne der Gesellschaft. Nicht erfasst werden demnach von der Gesellschaft in Rücklagen eingestellte bzw auf neue Rechnung vorgetragene Beträge. Andererseits ist es unbedeutend, ob die Ausschüttungen aus dem laufenden Gewinn, einem Gewinnvortrag oder aus einer Gewinnrücklage geleistet werden. Gewinnausschüttungen sind stets eine Verminderung des Gesellschaftsvermögens zugunsten der Gesellschafter, ohne dass hierbei das Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft verändert wird. Auch wenn aufgrund von offenen oder stillen Reserven oder wegen Ertragserwartungen die AK für die Gesellschaftsanteile höher waren als deren Nennbetrag, sind Ausschüttungen aufgrund dieser Reserven oder aufgrund der Realisierung der Ertragserwartungen in voller Höhe stpfl KapErtr. Voraussetzung ist lediglich, dass die Leistungen der Gesellschaft den Anteilseignern aufgrund ihrer Gesellschafterstellung zufließen und nicht aufgrund einer schuldrechtlichen Vereinbarung mit anderen Gesellschaftern (BFH v 12.10.1982, BStBl II 1983, 128).
Auch von einer GmbH an ihre Gesellschafter weitergegebene InvZul sind nach § 20 Abs 1 Nr 1 EStG stpfl (BFH v 15.07.1975, BStBl II 1975, 815; BFH v 31.10.1969, BStBl II 1970, 54).
Rn. 205–209
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
vorläufig frei
a) Organverhältnis
Rn. 210
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Gewinnanteile liegen auch vor, wenn nicht die Gesellschaft selbst, sondern aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung ein Dritter (zB Garantiegeber) die Beträge ausbezahlt. Die bei Organverhältnissen den Minderheitsgesellschaftern durch den Organträger garantierte Dividende ist Gewinnanteil und KapErtr der Minderheitsgesellschafter (Gutachten des BFH BStBl III 1957, 139; BFH v 03.02.2010, BFH/NV 2010, 1128). Der Gedanke von Rentenleistungen wurde abgelehnt.
b) Vorabausschüttung
Rn. 211
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Gewinnanteile beruhen idR auf offenen Gewinnausschüttungen aufgrund eines handelsrechtlichen Gewinnverwendungsbeschlusses (§ 174 AktG; § 46 Nr 1 GmbHG). Dazu zählen auch sogenannte Vorabausschüttungen, dh Zahlungen einer GmbH an ihre Gesellschafter im Hinblick auf den zu erwartenden Gewinn eines Wj (BFH v 27.01.1977, BStBl II 1977, 491; BFH v 14.12.1999, BFH/NV 2000, 707; BFH v 13.03.2018, BFH/NV 2018, 936).
Bei GmbH werden Vorabausschüttungen allgemein als zulässig erachtet, und zwar auch ohne ausdrückliche, satzungsmäßige Ermächtigung (Scholz, GmbHG, § 29 Rz 86, 9. Aufl). Sie stehen aber unter dem Vorbehalt, dass tatsächlich ein Reingewinn in entsprechender Höhe erreicht wird. Ansonsten müssen sie an die Gesellschaft zurückgezahlt werden (BFH v 21.07.1999, BStBl II 2001, 127).
Rn. 212
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Vorabausschüttungen auf die zu erwartende Dividende des laufenden Geschäftsjahres sind bei AG grds unzulässig (§ 62 AktG); sie sind als vGA zu werten (BFH v 26.01.1072, BStBl II 1972, 547; BFH v 24.01.1989, BStBl II 1989, 419). Die Satzung kann jedoch den Vorstand ermächtigen, nach Ablauf des Geschäftsjahres gemäß § 59 AktG auf den voraussichtlichen Gewinn einen Abschlag zu bezahlen.
c) Unzulässige Gewinnausschüttung
Rn. 213
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Handelsrechtlich bedeutet das Grund- oder Stammkapital eine Haftungssumme zugunsten der Gesellschaftsgläubiger, es ist nicht das Vermögen der Gesellschafter. Gewinne dürfen daher nur ausgeschüttet werden, sofern das Gesellschaftsvermögen die Haftungssumme übersteigt. Werden entgegen diesen handelsrechtlichen Schutzbestimmungen Gewinne aus dem Vermögen ausgeschüttet, so sind sie dennoch nach § 20 EStG stpfl (BFH v 17.10.1984, BStBl II 1985, 69). Auch wenn eine Gesellschaft (zB aufgrund eines nichtigen oder anfechtbaren Gewinnverwendungsbeschlusses) in unzulässiger Weise Gewinne ausschüttet, liegen steuerrechtlich relevante Ausschüttungen vor (BFH v 14.03.1989, BStBl II 1989, 741).
Rn. 214
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Beispiel:
Eine AG hat ein Grundkapital von 500 000 EUR. Ihr Vermögen beträgt 300 000 EUR. Die Gesellschaft erzielt einen Jahresgewinn von 50 000 EUR.
Diese 50 000 EUR dürfen nach Aktienrecht nicht an die Anteilseigner verteilt, sondern müssen zur Auffüllung des Gesellschaftsvermögens bis zur Höhe des Grundkapitals, also bis zu 500 000 EUR, verwendet werden. Werden sie ausgeschüttet, ohne dass das Grundkapital herabgesetzt wird, so sind sie dennoch in gleicher Höhe stpfl KapErtr.
d) Zurechnung bei Veräußerung
Rn. 215
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Veräußert ein StPfl seinen Kapitalanteil nach Ablauf des Wj der Gesellschaft, jedoch noch vor dem Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Gewinnausschüttung und behält er sich dabei das Dividenden-Bezugsrecht vor, regelt § 20 Abs 5 EStG, dass derjenige Einkünfte aus KapVerm erzielt, dem die Anteile an dem KapVerm im Zeitpunkt der Fassung des Gewinnverteilungsbeschlusses zuzurechnen sind (s Rn 1490).
e) Kapitalersetzendes Darlehen
Rn. 216
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Waren bis zur Einführung der AbgSt grundsätzlich nur laufende Erträge stpfl, sollte mit der Gesetzesänderung eine vollständige steuerliche Erfassung aller Wertveränderungen erreicht werden. Entsprechend sind auch Veräußerungs...