Prof. Dr. iur. Claus Möllenbeck
ca) Vermögensvorteil
Rn. 291
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Ein Vermögensvorteil kann jeder Vorteil in Geld oder Geldeswert (§ 8 Abs 1 EStG) sein. Ein Vorteil kann auch in ersparten Aufwendungen oder in der Überlassung von Nutzungen liegen. Sofern Nutzungen einem Gesellschafter zukommen, hat dieser Vorteil Einfluss auf das Einkommen der Gesellschaft.
Die Übernahme von Aufwendungen der Gesellschaft für einen Gesellschafter führt ebenfalls zu einer vGA, denn sie erfolgt im Interesse des Gesellschafters, nicht der Gesellschaft. Damit stellt die Kostenübernahme eine Ausgabenersparnis beim Gesellschafter und einen Mittelabfluss bei der Gesellschaft dar.
Die Korrektur kann nur über die Hinzurechnung durch vGA erfolgen, da eine KapGes keine private Sphäre hat (zB BFH v 27.06.2016, BStBl II 2017, 214; BFH v 08.08.2001, BStBl II 2003, 487).
cb) Anteilseigner
Rn. 292
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Der Vermögensvorteil muss dem Gesellschafter zukommen; eine mittelbare Vorteilszuwendung genügt. Die mittelbare Vorteilszuwendung ist dann erfüllt, wenn die Leistung einer dem Gesellschafter nahestehenden Person zukommt.
Die Zuwendung an die nahestehende Person muss eine Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis haben. Es ist unerheblich, ob der Gesellschafter selbst ein Interesse an dieser Zuwendung hat (BFH v 14.03.2017, BFH/NV 2017, 1174; BFH v 19.06.2007, BStBl II 2007, 830).
Rn. 293
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Beim beherrschenden Gesellschafter ist die Besonderheit zu beachten, dass wegen möglicher Gestaltungsspielräume besonders hohe Anforderungen gestellt werden. Ein beherrschender Einfluss liegt dann vor, wenn eine einfache Stimmrechtsmehrheit bei der Gesellschafterversammlung aufgrund der Beteiligungshöhe von mehr als 50 % ausgeübt werden kann (BFH v 24.10.2018, BStBl II 2019, 570; BFH v 05.10.2004, BFH/NV 2005, 526) und somit der Abschluss eines Rechtsgeschäfts mit der Gesellschaft erzwungen werden kann.
Anteile von Familienangehörigen werden nur dann zusammengerechnet, wenn nachweislich gleichgerichtete Interessen verfolgt werden und der Vermögensvorteil nicht nur aufgrund familiärer Beziehungen zugewandt wurde (BFH v 29.07.2009, BFH/NV 2010, 66; BFH v 01.02.1989, BStBl II 1989, 522; BFH v 09.04.1997 BFH/NV 1997, 808).
Auch durch das Zusammenrechnen von Beteiligungen mehrerer Gesellschafter, die einzeln keinen beherrschenden Einfluss ausüben, kann eine vGA anzunehmen sein (BFH v 13.12.1989, BFH/NV 1990, 455).
Zur steuerlichen Einordnung von Vermögenszuwendungen in schuldrechtlichen oder in gesellschaftlichen Beziehungen sind im Vorhinein klare und eindeutige Vereinbarungen zu treffen (BFH v 17.12.1997, BStBl II 1998, 545). Diese sind dann auch tatsächlich durchzuführen (BFH v 15.12.2004, BFH/NV 2005, 1374; BFH v 28.11.2001, BFH/NV 2002, 543). Ein Verstoß gegen diese Kriterien führt nicht zwangsläufig zu vGA, muss jedoch als Indiz bei der Einzelfall-Würdigung herangezogen werden (s BVerfG v 07.11.1995, BStBl II 1996, 34 zu "Oder-Konto" bei Ehegatten, BFH v 12.05.2016, BFH/NV 2016, 1559; BFH v 22.02.2007, BStBl II 2011, 20).
Rn. 294
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Grds kann nur ein Anteilseigner nach § 20 Abs 5 EStG Einkünfte aus einer vGA gemäß § 20 Abs 1 Nr 1 EStG erzielen. Jedoch kann eine vGA auch bei ausgeschiedenen und zukünftigen Gesellschaftern angenommen werden (BFH v 29.04.2008, BStBl II 2011, 55).
cc) Gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Zuwendung
Rn. 295
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Gesellschaftsrechtliche Veranlassung ist dann gegeben, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer unter sonst gleichen Umständen einen Vermögensvorteil einem Nichtgesellschafter zugewandt hätte (BFH v 05.10.1994, BStBl II 1995, 549; BFH v 13.12.2006, BStBl II 2007, 393). Weiterhin muss der Vermögensvorteil einem betrieblichen Fremdvergleich standhalten. Dieser richtet sich nach den Kriterien der Angemessenheit, der Üblichkeit und Ernsthaftigkeit. Die Angemessenheit der Gegenleistung ist iRd Fremdvergleichs stets zu prüfen (s BMF BStBl I 2002, 972). Bei der Üblichkeit wird auf die faktischen Verhältnisse Bezug genommen; die Ernsthaftigkeit stellt auf die tatsächliche Umsetzung von Vereinbarungen ab.
Rn. 296–300
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
vorläufig frei