Prof. Dr. iur. Claus Möllenbeck
da) Grundsätzliches
Rn. 255
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Die Besteuerung der Fondserträge findet auf Anlegerebene nach den Vorschriften des Investmentsteuergesetzes (InvStG 2004) statt. Das InvStG 2004 findet Anwendung für
- inländische Investmentvermögen (Investmentfonds und Investment-AG) und Anteile daran und
- ausländische Investmentvermögen, sofern sie den Vorschriften des InvStG 2004 entsprechen, und Anteile daran.
Rn. 256
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Die Ermittlung der Erträge auf Ebene des Fonds erfolgt für inländische und ausländische Fonds nach § 3 InvStG 2004. Grds gehören Erträge aus Investmentanteilen beim Privatanleger zu den Einkünften aus KapVerm, sofern die Erträge ausnahmsweise nicht zu § 22 Nr 1 oder 5 EStG gehören (§ 2 InvStG 2004). Gehören die Anteile zum BV, unterliegen die Einnahmen nach § 20 Abs 1 Nr 1 EStG dem Teileinkünfteverfahren, soweit sie auf Dividendenerträge entfallen.
Rn. 257
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Durch Einführung der AbgSt auf Einkünfte aus KapVerm hat auch das InvStG 2004 Änderungen erfahren. Für vom Investmentvermögen erzielte und ausgeschüttete Erträge gelten prinzipiell die gleichen Besteuerungsfolgen wie bei der Direktanlage (sogenanntes Transparenzprinzip): Grds soll der Anleger in einen Investmentfonds hinsichtlich der Besteuerung der Erträge so gestellt werden, als habe er die iRd Fonds angefallenen Erträge unmittelbar selbst erzielt. Das Transparenzprinzip wird jedoch nicht vollständig durchgesetzt, es gilt nur, soweit es gesetzlich verankert wurde:
- Bis zur Einführung des AbgSt-Systems im Jahr 2009 besteht eine für StPfl vorteilhafte Durchbrechung des Transparenzprinzips vor allem darin, dass Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren iRd Investmentfonds steuerlich nicht relevant sind, auch wenn die Voraussetzungen des § 23 EStG (aF) über private Veräußerungsgeschäfte erfüllt sind. Dieses sogenanntes Fondsprivileg, nach dem sämtliche von Fonds erzielten Veräußerungsgewinne steuerfrei ausgeschüttet werden konnten, fällt für ausgeschüttete Veräußerungsgewinne weg (Streichung von § 2 Abs 3 Nr 1 InvStG 2004). Für thesaurierte Veräußerungsgewinne, Stillhalterprämien und Termingeschäfte greift das Fondsprivileg weiterhin bis zur Erfassung im Zeitpunkt der Veräußerung des Investmentanteils; sie sind in jedem Fall steuerverhaftet (sogenannte "tax holiday").
- Die Begrenzung des WK-Abzugs bei der Direktanlage wurde nicht in das InvStG 2004 übernommen. WK sind auf Fondsebene weiterhin im bestimmten Umfang abzugsfähig. Gesetzlich wird dies in § 3 Abs 1 InvStG 2004 dadurch klargestellt, dass der neue S 2 in § 2 Abs 2 EStG keine Anwendung finden soll.
- Eine weitere Abweichung vom Transparenzprinzip ergibt sich durch die Umqualifizierung von Miet- in KapErtr bei Immobilien-Sondervermögen (§ 2 Abs 1 InvStG 2004). Für die Besteuerung von Erträgen aus Grundstücks-Sondervermögen gilt nach wie vor – auch unter dem System der AbgSt –, dass Gewinne aus der Veräußerung von Immobilien innerhalb der 10-Jahres-Frist (§ 23 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG) stpfl (§ 2 Abs 3 InvStG 2004), ansonsten steuerfrei sind. Die Freistellung von Erträgen aus Grundstücken aufgrund von DBA gilt auch für Erträge aus Investmentfonds. Die stpfl thesaurierten Erträge umfassen Vermietungserträge, Beteiligungserträge an Grundstücksgesellschaften und Veräußerungsgewinne innerhalb der 10-Jahres-Frist.
- Zinsen und Dividenden sind nach wie vor stpfl Investmenterträge, unabhängig davon, ob sie ausgeschüttet oder thesauriert werden.
Rn. 258
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Generell sind künftig sowohl alle Veräußerungsgewinne, die der Fonds erzielt und ausschüttet, als auch alle Veräußerungsgewinne, die durch die Veräußerung des Fondsanteils erzielt werden, ohne Beachtung einer Behaltefrist stpfl. Diese Verschärfung der Veräußerungsgewinnbesteuerung gilt grundsätzlich für alle Kapitalanlagen, die der Fonds nach dem 31.12.2008 erwirbt, und für alle Fondsanteile, die vom Anleger nach dem 31.12.2008 erworben werden.
Die Besteuerung der Erträge richtet sich neben der Erfüllung der Bekanntmachungspflichten durch den Fonds (transparent, semitransparent, intransparent) nach der Ausschüttungspolitik eines Fonds (ausschüttend, thesaurierend, teilausschüttend).
db) Besteuerung transparenter Fonds
Rn. 259
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Kommt die inländische oder ausländische Investmentgesellschaft den in § 5 Abs 1 S 1 InvStG 2004 festgelegten Bekanntmachungs- und Offenlegungspflichten nach, so gilt ein Fonds als transparent. Die Einkünfte der inländischen StPfl aus inländischen und ausländischen Fonds, die sich gemäß §§ 2–4 InvStG 2004 aus ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträgen zusammensetzen, werden im Inland nach § 20 EStG besteuert.
Kommt die Investmentgesellschaft den Offenlegungs- und Bekanntmachungspflichten nicht oder nicht in vollem Umfang nach, müssen die Anleger ggf Nachteile bei der Besteuerung hinnehmen. In diesem Fall handelt es sich um sogenannte semi- bzw teiltransparente oder intransparente Fonds.
dc) Besteuerung semitransparenter Fonds
Rn. 260
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Semi- bzw teiltransparente inländische und ausländisch...