Rn. 97
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Bei Fremdwährungsgeschäften unterscheidet die Rspr bereits seit jeher zwischen dem Fremdwährungsguthaben einerseits und der aus der Nutzung desselben resultierenden Darlehensforderung, die bspw durch die zinsbringende Anlage des Fremdwährungsguthabens entsteht. Insoweit handelt es sich um unterschiedliche WG (vgl hierzu BayLfSt vom 12.03.2013, S 2256.1.1–6/4 St 32).
Ein Gewinn oder Verlust aus der Veräußerung der Kapitalforderung beim Gläubiger ist seit dem Jahr 2009 unter § 20 Abs 2 EStG einzuordnen. Bis dahin war dieser Vorgang der steuerlichen Privatsphäre zuzurechnen und daher steuerlich irrelevant. Bei der Anschaffung und Veräußerung von Fremdwährungsguthaben handelt es sich um ein privates Veräußerungsgeschäft iSd § 23 Abs 1 Nr 2 EStG, sofern der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 1 Jahr beträgt. Ein Anschaffungs- bzw Veräußerungsvorgang liegt aber nur dann vor, wenn die empfangene Valuta in Euro oder in eine andere Währung umgetauscht wird. Insoweit handelt es sich um eine Veräußerung des einen und um eine Anschaffung des anderen Fremdwährungsguthabens.
Sofern Anschaffungs- und Veräußerungsvorgänge auf ein und demselben Konto erfolgen, ist bis VZ 2013 die Durchschnittsmethode zur Ermittlung der AK der veräußerten Beträge anzuwenden. Ab dem VZ 2014 ist in diesen Fällen die Fifo-Methode wieder gesetzlich vorgeschrieben, so dass die zuerst angeschafften Beträge als zuerst veräußert gelten (zur Systematik der Ermittlung vgl Müller/Müller, NWB-EV 2020, 165). Durch die Aufteilung der Geschäfte auf verschiedene Konten kann eine im Einzelfall ggf günstigere individuelle Zuordnung erreicht werden.
Die verlängerte Veräußerungsfrist von zehn Jahren kommt insoweit nach Ansicht des Bayerischen Landesamts für Steuern (BayLfSt vom 10.03.2016, S-2256 1.1–6/6 St32) nicht zur Anwendung. Zwar handelt es sich bei evtl Zinsgutschriften um Einkünfte. Diese stehen aber nicht mit dem iRd § 23 EStG relevanten WG "Fremdwährungsguthaben" in Zusammenhang, sondern resultieren aus der Anlage der Kapitalforderung, welche nicht iRd § 23 Abs 1 EStG, sondern bei § 20 Abs 2 EStG zu erfassen ist.
Wird mit dem Fremdwährungsguthaben ein anderes WG angeschafft, handelt es sich ebenfalls um eine Veräußerung der Fremdwährung (BMF vom 25.10.2004, BStBl I 2004, 1034 Tz 43). Umgekehrt führt die Entgegennahme eines Fremdwährungsguthabens als Gegenleistung für die Veräußerung von Wertpapieren oder anderen WG zu einer Anschaffung des Fremdwährungsguthabens (BFH vom 21.01.2014, BStBl II 2014, 385; vgl hierzu insgesamt Kuppe, NWB 2014, 2011, 2083; kritisch Ratschow in Brandis/Heuermann, § 23 EStG Rz 133 (166. EL).
Wird die Fremdwährung dagegen für eine erbrachte Leistung (zB als Zinszahlung, Dividende oder als Entgelt für Arbeitslohn) oder iRd Begleichung einer Forderung gewährt, liegt keine Anschaffung vor, so dass insoweit kein privates Veräußerungsgeschäft resultieren kann. Umgekehrt stellt mE auch die Zahlung von laufenden Aufwendungen bzw die Begleichung einer bestehenden Verbindlichkeit keine Veräußerung der Fremdwährung dar (vgl Kuppe, NWB 2014, 2011; Ratschow in Brandis/Heuermann, § 23 EStG Rz 132f (166. EL)).
Rn. 98
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Kryptowährungen (in Form von Currency Tokens, wie zB Bitcoin, Ether, Monero) stellen – ebenso wie eine Fremdwährung – WG iSd § 23 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG dar (vgl BFH vom 14.02.2023, IX R 3/22, BStBl II 2023, 571; BMF vom 10.05.2022, BStBl I 2022, 668 Rz 31, 53). Auch in diesem Bereich liegt eine Anschaffung nur vor, wenn die Kryptowährung iR eines Tauschvorgangs gegen ein anderes WG entgeltlich erworben wird.
Nach Ansicht des BMF handelt es sich auch bei der "Herstellung" von Kryptowährungen durch Mining oder Forking um einen Anschaffungsvorgang, da insoweit bereits bestehende Einheiten der virtuellen Währung lediglich in den Verkehr gebracht werden (vgl BMF vom 10.05.2022, BStBl I 2022, 668 Rz 33; aA ua Richter/Sanning, ISR 2022, 205; Penner/Thoss, StuB 2022, 532; Lohmar/Jeuckens, DStR 2022, 1833). Allerdings dürften im Bereich des Mining und Forking aber regelmäßig Einkünfte aus Gewerbebetrieb iSd § 15 EStG vorliegen (vgl BMF vom 10.05.2022, BStBl I 2022, 668 Rz 33), so dass die Anwendung von § 23 Abs 1 Nr 2 EStG ausscheidet.
Fraglich ist, ob eine Anschaffung vorliegt, wenn laufende Erträge (zB erbrachte Dienstleistungen) durch Kryptowährungen bezahlt werden. Legt man in diesem Bereich die Grundsätze für Fremdwährungsguthaben zugrunde (s Rn 97), liegt keine Anschaffung vor, sondern ein Zufluss. Umgekehrt würde dann auch die Bezahlung laufender Aufwendungen oder die Begleichung einer Verbindlichkeit keine Veräußerung der hingegebenen Kryptowährung darstellen. Allerdings handelt es sich bei Kryptowährungen aber nicht um gesetzliche Zahlungsmittel (zumindest nicht in Europa). Damit führt die Übertragung von Kryptowährungen zur Bezahlung von Dienstleistungen – anders als bei Fremdwährungsbeträgen – mE zu einer Veräußerung beim Zahlenden und einer Anschaffun...