Rn. 866
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Eine Übertragung ist dann möglich, wenn der Antragsteller seiner Unterhaltspflicht – für das Kj – im Wesentlichen nachkommt, der andere Elternteil aber nicht, BFH v 14.04.2021, III R 34/19, BStBl II 2021, 848. Damit ist Voraussetzung, dass das Kind überhaupt über einen die Unterhaltspflicht begründenden Unterhaltsanspruch verfügt, BFH v 25.07.1997, VI R 107/96, BStBl II 1998, 329; BFH v 24.10.1997, VI R 13/97, BFH/NV 1998, 689; Wendl in H/H/R, § 32 EStG Rz 184 (05/2023); ist das deshalb nicht der Fall, weil das Kind wegen seines hohen eigenen Einkommens nicht unterhaltsbedürftig ist, kommt eine Übertragung des Kinderfreibetrags nicht in Betracht.
Bei der Unterhaltspflicht handelt es sich zum einen um die Barunterhaltspflicht R 32.13 Abs 1 EStR 2012, zum anderen um die Pflicht, Betreuungsunterhalt zu erbringen, R 32.13 Abs 2 S 2 EStR 2012; Barunterhalt und Betreuungsunterhalt sind beim minderjährigen Kind gleichwertig, BFH v 15.06.2016, III R 18/15, BStBl II 2016, 893; Selder in Brandis/Heuermann, § 32 EStG Rz 138 (03/2021). Verletzt der zur Leistung von Betreuungsunterhalt verpflichtete Elternteil seine Unterhaltspflicht, kann ebenfalls wie bei der Verletzung der Verpflichtung zur Leistung von Barunterhalt eine Übertragung des Kinderfreibetrags erfolgen; leistet er hingegen den Betreuungsunterhalt, scheidet eine Übertragung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf aus, BFH v 15.06.2016, III R 18/15, BStBl II 2016, 893.
Rn. 867
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Nach der Rspr (BFH v 25.07.1997, VI R 113/95, BStBl II 1998, 433; BFH v 25.07.1997, VI R 129/95, BStBl II 1998, 435; BFH v 12.04.2000, VI R 148/97, BFH/NV 2000, 1194; BFH v 27.10.2004, VIII R 11/04, BFH/NV 2005, 343) und der ganz hM in der Literatur, Selder in Brandis/Heuermann, § 32 EStG Rz 137, 138 (03/2021), ist mit der Unterhaltspflicht iSd § 32 Abs 6 S 6 EStG die konkrete Barunterhaltspflicht nach § 1603 Abs 1 BGB und nicht der abstrakte Unterhaltsbedarf nach § 1610 Abs 2 BGB gemeint.
Dabei ist nach R 32.13 Abs 4 S 4 EStR 2012 monatsweise zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Übertragung vorliegen. In R 32.13 Abs 4 EStR 2011 war diese Bestimmung noch nicht enthalten. Dem ist zumindest für die Zeiträume ab dem VZ 2012 zu folgen, da durch das StVereinfG 2011 die Regelung eingefügt worden ist, wonach eine Übertragung für Zeiträume ausscheidet, in denen die Unterhaltsleistungen nach dem UnterhaltsvorschussG gezahlt werden. Diese nachfolgend durch das KroatienAnpG dahingehend klargestellte Regelung, dass eine Übertragung für Zeiträume ausscheidet, für die (statt in denen) Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt worden sind, gibt nur bei einer monatsweisen Betrachtung Sinn, weil Unterhaltsleistungen nach dem UnterhaltsvorschussG monatsweise und nicht jahresweise gezahlt werden. Andererseits findet sich in § 32 Abs 6 S 6 EStG ausdrücklich die Bezugnahmen auf die wesentliche Erfüllung der Unterhaltpflicht für das Kj.
Nach Auffassung der FinVerw muss die konkrete, ggf in einem Unterhaltstitel (Vergleich, Urteil) festgelegte Unterhaltspflicht zu mindestens 75 % erfüllt werden, ansonsten kommt der Elternteil seiner Unterhaltspflicht nicht im Wesentlichen nach, BFH v 25.07.1997, VI R 129/95, BStBl II 1998, 435; BFH v 27.10.2004, VIII R 11/04, BFH/NV 2005, 343; R 32.13 Abs 2 S 1 EStR 2012; BMF v 28.06.2013, BStBl I 2013, 845 Rz 2. Ansonsten könnten hinsichtlich der Höhe der Unterhaltspflicht die von den OLG als Leitlinien aufgestellten Unterhaltstabellen, zB die "Düsseldorfer Tabelle", einen Anhalt geben, R 32.13 Abs 1 S 2 EStR 2012; Selder in Brandis/Heuermann, § 32 EStG Rz 138 (03/2021).
Darauf, ob der konkrete Unterhaltsbeitrag im Verhältnis zu demjenigen des anderen Elternteils oder zum Unterhaltsbedarf des Kindes gering ist, kommt es nach der BFH-Rspr nicht an, BFH v 27.10.2004, VIII R 11/04, BStBl II 1998, 435; BFH v 27.10.2004, VIII R 11/04, BFH/NV 2005, 343; H 32.13 EStH 2022 "Konkrete Unterhaltsverpflichtung". Sachleistungen, die zB gegenüber einem volljährigen Kind erbracht werden, können nur dann der Erfüllung der Unterhaltspflicht dienen, wenn sie zivilrechtlich zulässig (§ 1612 BGB) sind, Selder in Brandis/Heuermann, § 32 EStG Rz 138 (03/2021); Wendl in H/H/R, § 32 EStG Rz 184 (05/2023).
Damit ist fraglich, ob der Elternteil seiner Unterhaltspflicht (bei monatsweiser Betrachtung) im Wesentlichen nachkommt, wenn er für einzelne Monate im Kj unterschiedliche Zahlungen leistet. Dazu folgende Bsp:
Beispiel:
(1) |
A, der je Monat aufgrund eines Unterhaltsvergleichs für sein Kind 1 000 EUR an Unterhalt zu zahlen hat, zahlt für jeden Kalendermonat monatsweise je 750 EUR (zusammen 9 000 EUR); |
(2) |
A, der je Monat aufgrund eines Unterhaltsvergleichs für sein Kind 1 000 EUR an Unterhalt zu zahlen hat, zahlt nach Ablauf des Kj mit der Bemerkung "Unterhalt für das vergangene Jahr" 9 000 EUR; |
(3) |
A, der je Monat aufgrund eines Unterhaltsvergleichs für se... |