Rn. 170
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Die Gewährung familien- und personenbezogener steuerlicher Freibeträge bzw die Familienförderung durch das Kindergeld, soweit dieses über die Freistellung des sächlichen Existenzminimums und des Bedarfs für Betreuung, Erziehung oder Ausbildung überhaupt eine Förderkomponente enthält, muss auch europarechtlichen Anforderungen entsprechen.
In Bezug auf die nicht harmonisierten direkten Steuern findet das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art 12 EGV iVm den Grundfreiheiten der Niederlassungsfreiheit (Art 43ff EGV) und der Freizügigkeit (Art 39ff EGV) Anwendung, vgl EuGH v 28.01.1986, C-391/97, EuGHE 86, 273 (avoir fiscal); EuGH v 14.09.1999, C-391/97, BStBl II 1999, 841 (Gschwind). Versagt ein Mitgliedsstaat Gebietsfremden bestimmte Steuervergünstigungen, die er Gebietsansässigen gewährt, so ist dies in Anbetracht der objektiven Unterschiede zwischen der Situation der Gebietsansässigen und derjenigen der Gebietsfremden sowie hinsichtlich der Einkunftsquelle wie auch hinsichtlich der persönlichen Steuerkraft oder der persönlichen Lage und des Familienstandes idR nicht diskriminierend.
Diskriminierende Unterscheidungen zwischen Gebietsansässigen und Gebietsfremden können nur dann vorliegen, wenn ungeachtet ihres Wohnsitzes in verschiedenen Mitgliedsstaaten beide Gruppen von StPfl sich in Anbetracht des Zwecks und des Inhalts der in Rede stehenden nationalen Vorschriften nachweisbar in einer vergleichbaren Lage befinden, EuGH v 14.02.2997, C-279/93, BB 1995, 407 (Schumacker); EuGH v 14.09.1999, C-391/97, BStBl II 1999, 841 (Gschwind). Diese vergleichbare Lage ist gegeben, wenn der Gebietsfremde in seinem Wohnsitzstaat über keine nennenswerten Einkünfte verfügt, sondern das zvE im Wesentlichen auf einer im Beschäftigungsstaat ausgeübten Betätigung beruht.
Der persönlichen Lage und dem Familienstand des StPfl im Wohnsitzstaat wird in Deutschland als Beschäftigungsstaat durch die relative (90 % der Welteinkünfte) und durch die absolute Geringfügigkeitsgrenze im Hinblick auf eine ausreichende Besteuerungsgrundlage hinreichend Rechnung getragen, vgl EuGH v 14.09.1999, C-391/97, BStBl II 1999, 841; vgl auch BFH v 24.05.2012, III R 14/10, BStBl II 2012, 897 zur Kindergeldberechtigung wegen Behandlung als nach § 1 Abs 3 EStG StPfl.
Rn. 171
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Von europarechtlicher Bedeutung sind die folgenden Bestimmungen:
- § 32 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst d EStG, wonach auch ein Kind berücksichtigungsfähig ist, das eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps iSd VO (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates v 20.05.2021 zur Aufstellung des Programms für das europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der VO (EU) 2018/1475 und (EU) Nr 375/2014 (ABl L 202 v 08.06.2021, 32) leistet, s Rn 62, 66.
- § 32 Abs 5 S 2 EStG, danach gilt der Verlängerungstatbestand auch bei Ableistung des gesetzlichen Grundwehrdienstes oder Zivildienstes in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des EWR.
Rn. 172–185
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
vorläufig frei