Rn. 960
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Die den Eltern nach § 32 Abs 6 Sätze 1–9 EStG zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat, vgl BMF v 28.06.2013, BStBl I 2013, 845 Rz 12 ff; ggf auch gegen den Willen der Eltern (Loschelder in Schmidt, § 32 EStG Rz 97 (43. Aufl 2024); Wendl in H/H/R, § 32 EStG Rz 194 (05/2023) oder nach der Neuregelung durch das StVereinfG 2011 mit Wirkung ab dem VZ 2012 auch dann, wenn dieser einer Unterhaltpflicht gegenüber dem Kind unterliegt (§ 32 Abs 6 S 10 EStG). Ab dem VZ 2021 führt gemäß § 32 Abs 6 S 6 Hs 2 EStG die Übertragung des Kinderfreibetrags stets auch zur Mitübertragung des BEA-Freibetrags (s Rn 64, 901, 933).
Rn. 961
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Die genannte Vorschrift berücksichtigt den Umstand, dass nach § 63 Abs 1 S 1 Nr 2, 3 EStG und § 64 Abs 2 S 1 EStG Groß- und Stiefeltern kindergeldberechtigt sind, wenn sie ein Enkel- oder Stiefkind in ihren Haushalt aufgenommen haben.
Eine Übertragung der Freibeträge für ein Kind der Partnerin einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft hat entsprechend § 2 Abs 8 EStG zu erfolgen, BMF v 17.01.2014, BStBl I 2014, 109; Selder in Brandis/Heuermann, § 32 EStG Rz 156 (03/2021); die gleichgeschlechtliche Partnerin ist "Stiefelternteil", das Kind ist Stiefkind iSd § 32 Abs 6 S 7 EStG, anders noch BFH v 20.04.2004, VIII R 88/00, BFH/NV 2004, 1103.
Die unterschiedliche Behandlung von Stiefkindern und Kindern der Partnerin einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft verstößt nach Maßgabe des Beschlusses des BVerfG v 07.05.2013, 2 BvR 909/06 ua, DStR 2013, 1228 gegen Art 3 Abs 1 GG.
Rn. 962
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Gegenstand der Übertragung sind nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut die Freibeträge nach § 32 Abs 6 S 1–9 EStG. Daraus folgt, dass auch ein nach § 32 Abs 6 S 4 EStG verdoppelter Kinderfreibetrag oder der verdoppelte Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf übertragen werden kann; Selder in Brandis/Heuermann, § 32 EStG Rz 155 (03/2021). Da auch der § 32 Abs 6 S 6 EStG in Bezug genommen ist, kann auch in den dort genannten Fällen, in denen – zunächst – eine Übertragung der Freibeträge von einem auf den anderen Elternteil erfolgt ist, nachfolgend eine Weiterübertragung durch den begünstigten Elternteil erfolgen; vgl Droege in K/S/M, § 32 EStG Rz D 36 (04/2021); Selder in Brandis/Heuermann, § 32 EStG Rz 157 (03/2021); Loschelder in Schmidt, § 32 EStG Rz 96 (43. Aufl 2024).
Rn. 963
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Nach dem Tod der Eltern kommt eine Berücksichtigung der Freibeträge bei dem Stiefelternteil oder dem Großelternteil nur noch dann in Betracht, wenn die Kinder als Pflegekinder des Stiefelternteils oder des Großelternteils anzusehen sind.
Rn. 964
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Eine Übertragung ist nur möglich beim Vorliegen eines entsprechenden Antrags desjenigen StPfl, der die Übertragung begehrt (Übertragungsempfänger).
Der Antrag ist an das Wohnsitz-FA zu richten, das für den Übertragungsempfänger zuständig ist, Selder in Brandis/Heuermann, § 32 EStG Rz 156 (03/2021). Liegt der Antrag vor, setzt die Übertragung der Freibeträge voraus, dass der Übertragungsempfänger das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat; insoweit gelten die gleichen Grundsätze wie bei Pflegekindern, vgl Selder in Brandis/Heuermann, § 32 EStG Rz 156 (03/2021).
Rn. 965
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Eine Übertragung kann (ab dem VZ 2012) auch dann erfolgen, wenn der die Übertragung beantragende Großelternteil einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt. Dies setzt voraus, dass der Großelternteil tatsächlich Barunterhaltsleistungen an das Kind erbringt, weil ein oder beide Elternteile dazu nicht in der Lage sind, vgl BT-Drs 17/6146, 15. Dass der die Übertragung beantragende Großelternteil die Unterhaltsverpflichtung gegenüber seinem Enkelkind erfüllt, hat er in geeigneter Weise, zB durch Vorlage von Zahlungsbelegen, nachzuweisen; bei einer Haushaltsaufnahme erübrigt sich der Nachweis (H 32.13 EStH 2022 "Übertragung der Freibeträge für Kinder"; BMF v 28.06.2013, BStBl I 2013, 845 Rz 14).
Rn. 966
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Da nach dem Gesetzeswortlaut eine Übertragung der Freibeträge bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 32 Abs 6 S 10 EStG erfolgen kann, hat das FA insoweit eine Ermessensentscheidung zu treffen, so Selder in Brandis/Heuermann, § 32 EStG Rz 158 (03/2021), sofern der berechtigte Elternteil nicht nach § 32 Abs 6 S 11 EStG zustimmt, aA Wendl in H/H/R, § 32 EStG Rz 194 (05/2023): kein Entscheidungsermessen, sondern Anspruch auf Übertragung. Dabei kommt es darauf an, ob und in welchem Umfang die Eltern ihrer Verpflichtung, Bar- bzw Betreuungsunterhalt zu erbringen, im VZ nachgekommen sind. Allein der Umstand, dass der Stiefelternteil oder ein Großelternteil das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt, besagt nicht zwangsläufig, dass die E...