A. Die Voraussetzungen für den Abzug der Freibeträge nach § 32 Abs 6 S 1 EStG
Rn. 752
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Nach der Systemumstellung zum 01.01.1996 bilden die Kinderfreibeträge neben dem Kindergeld die weitere Komponente des Familienleistungsausgleichs. Das Kindergeld oder die Freibeträge nach § 32 Abs 6 S 1 EStG können nur alternativ in Anspruch genommen werden.
Nach § 31 S 4 EStG ist Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Freibeträge, dass die gebotene steuerliche Freistellung des sächlichen Existenzminimums des Kindes und dessen Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf durch das Kindergeld nicht in vollem Umfang bewirkt wird. Werden die Freibeträge berücksichtigt, erhöht sich die so ermittelte ESt um den Anspruch auf Kindergeld für den gesamten VZ, § 31 S 4 EStG.
Rn. 753
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Dies betrifft zum einen StPfl mit höheren Einkommen, bei denen bei der Umrechnung des Kindergelds in einen Freibetrag nicht die Summe der Freibeträge des § 32 Abs 6 S 1 EStG erreicht wird. Des Weiteren sind die genannten Freibeträge bei den StPfl zu berücksichtigen, denen deshalb kein Anspruch auf Kindergeld zusteht, weil sie die Voraussetzungen dafür nicht erfüllen, zB Ausländer ohne eine qualifizierte Aufenthaltsgenehmigung, oder StPfl, deren Kinder ihren Wohnsitz nicht in einem EU- oder EWR-Staat haben.
Rn. 754
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Die Freibeträge können nur solche StPfl in Anspruch nehmen, die selbst unbeschränkt stpfl sind oder nach § 1 Abs 3 oder § 1a EStG der fiktiven unbeschränkten StPfl unterliegen.
Rn. 755
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Während des VZ wird zur steuerlichen Freistellung des sächlichen Existenzminimums und des Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarfs des Kindes bei den Eltern nur das Kindergeld gezahlt. Nur diejenigen StPfl, die zwar einen Anspruch auf die Freibeträge, nicht aber auf das Kindergeld haben, können sich nach § 39a Abs 1 Nr 6 EStG einen – ggf nach § 32 Abs 6 S 4 EStG der Höhe nach reduzierten – Kinderfreibetrag auf der LSt-Karte eintragen lassen.
Rn. 756
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Für jedes zu berücksichtigende Kinde eines StPfl wird nach § 32 Abs 6 S 1 EStG ab dem 01.01.2024
- für das sächliche Existenzminimum ein Kinderfreibetrag iHv 3 192 EUR (für den VZ 2023: 3 012 EUR; für den VZ 2022: 2 810 EUR, für den VZ 2021: 2 730 EUR; für den VZ 2020: 2 586 EUR; für den VZ 2019: 2 490 EUR; für den VZ 2018: 2 394 EUR; für den VZ 2017: 2 358 EUR, wegen der Beträge für die Vorjahre s Rn 49ff) sowie
- für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ein Freibetrag iHv 1 464 EUR (für die VZ 2010 bis zum VZ 2020 iHv 1 320 EUR, s Rn 51) vom Einkommen abgezogen.
Für die VZ vor 2000 waren ausschließlich Kinderfreibeträge zu berücksichtigen.
Rn. 757
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Bei den in § 32 Abs 6 S 1 EStG genannten Beträgen handelt es sich um Jahresbeträge, Loschelder in Schmidt, § 32 EStG Rz 76 (43. Aufl 2024), die vom Einkommen (§ 2 Abs 5 EStG) des jeweiligen Elternteils abgezogen werden, wenn dies günstiger ist als der Anspruch auf Kindergeld (§ 31 S 4 EStG). Der Jahresbetrag vermindert sich für jeden Monat, in dem die Voraussetzungen für die Gewährung der Freibeträge nicht vorgelegen haben, Heuermann, FR 2000, 248.
Rn. 758
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Für welche Kinder die Freibeträge zu berücksichtigen sind, ergibt sich aus § 32 Abs 3, 4 und 5 EStG. Während das Kindergeld für jedes Kind nach § 64 Abs 1 EStG nur einem Berechtigten gezahlt wird, stehen die Freibeträge des § 32 Abs 6 S 1 EStG grundsätzlich jedem StPfl zu, dem das zu berücksichtigende Kind zuzurechnen ist. Grundsätzlich erhält jeder Elternteil somit die Freibeträge des § 32 Abs 6 S 1 EStG. Dies wird herkömmlich als Halbteilungsgrundsatz bezeichnet, damit wird deutlich gemacht, dass die insgesamt für das Kind gewährte steuerliche Freistellung auf mehrere StPfl aufzuteilen ist.
Rn. 759
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Diese Betrachtungsweise entspricht jedoch nicht der Gesetzessystematik, die nicht von einer Halbierung der beiden Eltern zugeordneten vollen Freibeträge ausgeht. Nach § 32 Abs 6 S 2 EStG verdoppeln sich die jedem Elternteil zustehenden Freibeträge nach § 32 Abs 6 S 1 EStG unter den dort genannten Voraussetzungen. Es erscheint deshalb kaum sachgerecht, die Beträge nach § 32 Abs 6 S 1 EStG als "halbe" Freibeträge und die nach § 32 Abs 6 S 2 EStG als ganze Freibeträge zu bezeichnen.
Rn. 760
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Die Zuordnung der Freibeträge nach § 32 Abs 6 S 1 EStG betrifft unbeschränkt stpfl Eltern, bei denen die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung (§ 26 Abs 1 S 1 EStG) nicht vorliegen (dauernd getrennt lebende und geschiedene Eltern und Eltern eines nichtehelichen Kindes).
Rn. 761
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Gegen die Höhe des Freibetrags bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, vgl Kanzler, FR 2001, 921, 935; BFH v 27.07.2017, III R 1/09, BStBl II 2018, 96. Der Kinderfreibetrag und der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf typisieren den gewöhnlichen kindbedingten Mehraufwand, vgl zur Berücksichtigung aty...