Rn. 196
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Menschen mit Behinderungen können bei Einschränkung ihrer körperlichen Beweglichkeit Aufwendungen für behinderungsbedingte Fahrtkosten entstehen. Ab dem VZ 2021 (s § 52 Abs 33c EStG) wurde die mit Schreiben des BMF v 29.04.1996, BStBl I 1996, 446 und BMF v 21.11.2001 BStBl I 2001, 868 geregelte Anerkennung von Fahrtkosten von Menschen mit Behinderungen durch eine Pauschalierungsregelung in § 33 Abs 2a EStG ersetzt (s Gesetz zur Erhöhung der Behinderten-Pauschbeträge und zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen v 09.12.2020, BGBl I 2020, 2770). Damit sollen die betroffenen StPfl von den bestehenden Nachweispflichten und die FA von Prüfungstätigkeiten entlastet werden.
Es ist in § 33 Abs 2a EStG eine Pauschbetragsregelung in Höhe der bisher geltenden Maximalbeträge eingeführt worden. Damit sollen die durch die Behinderung veranlassten Aufwendungen für unvermeidbare Fahrten, bei denen es sich im Grundsatz um ag Belastungen im Sinne des Absatzes 2 handelt, abgegolten werden.
(1) |
Der Pauschbetrag beträgt 900 EUR bei Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 oder einem Grad der Behinderung von mindestens 70 und dem Merkzeichen "G" (§ 33 Abs 2a S 3 EStG). |
(2) |
Für Menschen mit einer außergewöhnlichen Gehbehinderung (Merkzeichen "aG"), Blinde (Merkzeichen "Bl"), Taubblinde (Merkzeichen "TBI") und hilflose Menschen (Merkzeichen "H") können nach den bisher geltenden Regelungen in den Grenzen der Angemessenheit nicht nur Aufwendungen für durch die Behinderung veranlasste unvermeidbare Fahrten, sondern auch für Freizeit-, Erholungs- und Besuchsfahrten berücksichtigt werden. |
Die Aufnahme von Menschen mit dem Merkzeichen "Bl" und/oder dem Merkzeichen "TBl" ist deklaratorisch, da die betroffenen StPfl immer auch das Merkzeichen "H" erhalten (BT-Drucks 19/23793, 19). Wegen der bisher erweiterten Aufwandsberücksichtigung wird für diese Fallkonstellationen ein Pauschbetrag von 4 500 EUR normiert (§ 33 Abs 2a S 4 EStG).
Sollten die Anspruchsvoraussetzungen für beide Pauschbeträge (Nr 1 und Nr 2) erfüllt sein, ist immer nur der höhere Pauschbetrag zu gewähren (BT-Drucks 19/21985, 16).
Kommt es zu Änderungen bei den Merkzeichen oder beim Grad der Behinderung innerhalb des VZ, so kommen mE die Pauschalen und auch bei Erfüllung der Voraussetzungen für beide Tatbestände die höhere Pauschale zur Anwendung, wenn die Voraussetzungen zu einem bestimmten Zeitpunkt im VZ vorlagen (ebenso Loschelder in Schmidt, § 33 EStG Rz 66, 40. Aufl).
Rn. 197
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Behinderungsbedingte Fahrtkosten werden zukünftig nur noch im Rahmen der Fahrtkostenpauschale nach § 33 Abs 2a EStG berücksichtigt (§ 33 Abs 2a S 5 EStG). Dem StPfl wird dadurch der aufwändige Einzelnachweis erspart. Gleichwohl ist unter Beachtung des Absatzes 1 ein Antrag zu stellen, da Aufwendungen für ag Belastungen nur auf Antrag berücksichtigt werden können. Eine darüberhinausgehende Berücksichtigung von individuellen, behinderungsbedingt entstandenen Fahrt- bzw Kraftfahrzeugkosten würde der mit der Regelung angestrebten Steuervereinfachung zuwiderlaufen, weshalb die behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale abgeltende Wirkung hat. Eine Abgeltungswirkung betrifft nur die behinderungsbedingten Mehraufwendungen.
Die regulären Fahrtkosten können weiterhin als BA oder als WK geltend gemacht werden (Loschelder in Schmidt, § 33 EStG Rz 67, 40. Aufl). Ebenso sind von der Pauschale nicht erfasst Pkw-Aufwendungen, die keine behinderungsbedingten Kosten für Mehrfahrten darstellen. So gehen in die Pauschale die Mehraufwendungen für eine Fahrzeugumrüstung oder für die Anschaffung eines behinderungsbedingten besonderen Fahrzeugs nicht ein (s BFH BStBl II 1997, 384; BFH/NV 1998, 1072; Mellinghoff in Kirchhof/Seer, § 33 EStG Rz 48, 20. Aufl; Kanzler, FR 2020, 810; Kanzler in H/H/R, § 33 EStG Rz 217, Dezember 2020; Heger in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 33 EStG Rz 130, März 2021; Loschelder in Schmidt, § 33 EStG Rz 67, 40. Aufl; aA wohl Bleschick in K/K/B, § 33 EStG Rz 101/6). Diese Mehrkosten können im Rahmen der AfA (s FG Mchn EFG 1998, 568; FG Nds v 09.02.2007, 11 K 736/05) neben der Pauschale geltend gemacht werden. Ebenso sind Unfallkosten, die zB auf einer Urlaubsreise entstanden sind, ebenfalls neben der Pauschale zu berücksichtigen (BFH BStBl II 1992, 179; Kanzler, FR 2020, 811; aA Heger in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 33 EStG Rz 130, März 2021).
Zu den Aufwendungen, die neben der Pauschale geltend gemacht werden können, gehören dagegen nicht solche, die keine ag Belastung darstellen, die somit nicht außergewöhnlich sind. So können Aufwendungen für die Reparatur eines Pkw nicht geltend gemacht werden (BFH BFH/NV 2017, 571).
Rn. 198
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Im Rahmen der Ermittlung der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs 3 EStG sind neben allen anderen Aufwendungen als Aufwand für behinderungsbedingte Fahrtkosten in den Fällen des § 33 Abs 2a S 2 EStG die Pauschalen von 900 EUR bzw 4 500 EUR zu berücksic...