1. Begünstigte Veräußerungsgewinne
Rn. 141
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Begünstigt sind ausschließlich Veräußerungsgewinne iSd § 34 Abs 2 Nr 1 EStG, die im zvE enthalten sind, und nicht der Halbeinkünfte-/Teileinkünftebesteuerung unterliegen.
Zum Umfang der in Betracht kommenden Veräußerungs- bzw Aufgabegewinne s Rn 56.
Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter nach § 89b HGB sind nicht nach § 34 Abs 3 HGB begünstigt; zur Verfassungsmäßigkeit s Rn 35.
Abzugsbeträge von der Summe der Einkünfte, vom Gesamtbetrag der Einkünfte und vom Einkommen sind zunächst bei den nicht nach § 34 EStG begünstigten Einkünften zu berücksichtigen.
Erzielt der StPfl in einem VZ sowohl nach § 34 Abs 1 EStG als auch nach § 34 Abs 3 EStG begünstigte Einkünfte, sind die bei den begünstigten Einkünften nicht verrechneten Abzugsbeträge mit den außerordentlichen Einkünften in der Reihenfolge zu verrechnen, die für den StPfl am günstigsten ist, vgl R 34.1 Abs 1 S 4 EStR 2012.
Der Freibetrag nach § 16 Abs 4 EStG ist als sachliche Steuerbefreiung, s Rn 123, von den begünstigten Einkünften abzuziehen.
Erzielt der StPfl in einem VZ mehrere Veräußerungsgewinne, so hat er ein Wahlrecht, bei welchem Veräußerungsgewinn der Freibetrag in Abzug gebracht werden soll, vgl R 16 Abs 13 S 7 EStR 2012.
Zur Aufteilung eines Freibetrages bei einer Betriebsaufgabe über zwei Kj vgl BMF v 20.12.2005, BStBl I 2006, 7.
Ist in dem Veräußerungsgewinn eine Anteilsveräußerung enthalten, die dem Teileinkünfteverfahren unterliegt, wird der Freibetrag gemäß § 16 Abs 4 EStG für Zwecke der Ermittlung der nach § 34 Abs 1 und 3 EStG tarifermäßigt zu besteuernden Gewinne vorrangig mit dem Veräußerungsgewinn verrechnet, auf den das Teileinkünfteverfahren anzuwenden ist,.vgl H 16 Abs 13 EStH 2021 "Teileinkünfteverfahren"; kritisch hierzu s Rn 70 und 71.
2. Antrag
Rn. 142
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Die Anwendung des Durchschnittssteuersatzes ist seit seiner (Wieder-)Einführung ab VZ 2001 antragsgebunden.
Der Grund besteht darin, dass die Vergünstigung nach § 34 Abs 3 EStG dem StPfl nur einmal im Leben gewährt wird und dessen Inanspruchnahme wohl überlegt sein muss, vgl Horn in H/H/R, § 34 EStG Rz 83 (August 2019).
Die Antragstellung nach § 16 Abs 4 EStG wirkt nicht gleichzeitig als Antrag iSd § 34 Abs 3 EStG und umgekehrt, vgl Hagen/Schynol, DB 2001, 397. Dh, die Vergünstigungen nach § 16 Abs 4 EStG und § 34 Abs 3 EStG können auf verschiedene Veräußerungsgewinne verteilt werden, vgl Hagen/Schynol, aaO; Sieker in K/S/M, § 34 EStG Rz C 23 (November 2016).
Der Antrag ist an keine Frist und Form gebunden, s Rn 42.
Im VZ 2001 waren sowohl die Fünftelregelung des § 34 Abs 1 EStG (genauer bis 23.12.2001, s Rn 23) als auch der Durchschnittssteuersatz nach § 34 Abs 3 EStG antragsabhängig. Wird ein Antrag nach § 34 Abs 1 EStG gestellt, gilt dieser für alle außerordentlichen Einkünfte, also auch für die nach § 34 Abs 3 EStG begünstigten, vgl Hagen/Schynol, NWB F 3, 11 579.
Wird ein Antrag nach § 34 Abs 3 EStG nicht gestellt, obwohl die Anwendungsvoraussetzungen vorliegen, hat das FA den StPfl iRd Amtsermittlungspflicht auf die Möglichkeit der Antragstellung hinzuweisen, vgl Kirchhof, § 34 EStG Rz 50; aA Horn in H/H/R, § 34 EStG Rz 84 (August 2019): es besteht keine ausdrückliche Hinweispflicht des FA.
Bei Zusammenveranlagung ist der Antrag von beiden Ehegatten gemeinsam zu stellen, vgl Sieker in K/S/M, § 34 EStG Rz C 26 (November 2016).
Aufgrund eines gestellten Antrages und bei Vorliegen der übrigen Tatbestandsmerkmale hat der StPfl einen Rechtsanspruch auf Gewährung des Durchschnittssteuersatzes. Das Wort "kann" im Gesetzestext gewährt der FinVerw keinen Ermessensspielraum, glA Horn in H/H/R, § 34 EStG Rz 84 (August 2019).
3. Höchstbetrag
Rn. 143
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Der Durchschnittssteuersatz ist auf den Teil der außerordentlichen Einkünfte iSd § 34 Abs 2 Nr 1 EStG anzuwenden, der den Betrag von insgesamt 5 Mio EUR nicht übersteigt.
Für VZ 2001 gilt die Höchstgrenze von 10 Mio DM.
Die Euro-Umstellung ab VZ 2002 hat somit zu einer nicht unwesentlichen Senkung des Höchstbetrages geführt.
Der Höchstbetrag ist personenbezogen und nicht objektbezogen. So kann bei Veräußerung des Betriebs einer PersGes jeder Beteiligte den Höchstbetrag gesondert in Anspruch nehmen, vgl Sieker in K/S/M, § 34 EStG Rz C 16 (November 2016). Dies gilt auch für Ehegatten im Falle der Zusammenveranlagung, vgl Horn in H/H/R, § 34 EStG, Rz 75 (August 2019).
Soweit die außerordentlichen Einkünfte iSd § 34 Abs 2 Nr 1 EStG den Höchstbetrag übersteigen, kommt § 34 Abs 1 EStG zur Anwendung, vgl Horn in H/H/R, § 34 EStG Rz 75 (August 2019); Sieker in K/S/M, § 34 EStG Rz C 17 (November 2016); Lindberg in Brandis/Heuermann, § 34 EStG Rz 77 (August 2022); aA Wacker in Schmidt, § 34 EStG Rz 60 (41. Aufl).
4. Personenbezogene Voraussetzungen
Rn. 144
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Wie bei der Gewährung des Freibetrags nach § 16 Abs 4 EStG auch, wird der Durchschnittssteuersatz des § 34 Abs 3 EStG nur gewährt, wenn der StPfl
- das 55. Lebensjahr vollendet hat oder
- im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist.
Insoweit kann auf...