Rn. 145
Stand: EL 177 – ET: 12/2024
An dieser Stelle lassen sich aufgrund der zahlreichen Steuerreformen der letzten Jahre Überlegungen dahingehend anstellen, inwiefern die Thesaurierungsbegünstigung für Einzelunternehmer- und Mitunternehmer zur (temporären) Senkung der Ertragsteuerbelastung sowie zur Stärkung des EK tatsächlich das Mittel der Wahl ist und welche Alternativen existieren.
Rn. 146
Stand: EL 177 – ET: 12/2024
Der zentrale Vorteil der Thesaurierungsbegünstigung ist die temporär niedrigere ertragsteuerliche Belastung von Gewinnen, die zur Stärkung des EK, etwa für künftige Investitionen und zur Reduktion der FK-Spiegels im Unternehmen belassen werden. Auf der anderen Seite geht mit diesem (vermeintlichen) Vorteil eine Vielzahl von steuerlichen Risiken, gepaart mit einer hohen Komplexität der Vorschrift einher, was viele StPfl offensichtlich davon abhält, die Thesaurierungsbegünstigung auch tatsächlich zu nutzen (s BT-Drs 19/19391 v 22.05.2020, 1).
Die Vielzahl der negativen Aspekte, wie zB
- eine höhere Gesamtbelastung im Fall der Nachversteuerung im Vergleich zur Nichtinanspruchnahme des § 34a EStG,
- die vielfältigen Differenzen in der Belastungswirkung zwischen Theorie und Praxis,
- Lock-In-Effekte,
- die in den nachfolgenden Absätzen diskutierten Ersatztatbestände zur Auslösung der Nachversteuerung sowie
- das Erfordernis eines rigorosen Einlagen- und Entnahmemanagements
stellen sowohl StPfl als auch Steuerberater vor große Herausforderungen.
Rn. 147
Stand: EL 177 – ET: 12/2024
Grundsätzlich ist auch gegenwärtig festzuhalten, dass die seit der Einführung mit UntStRefG 2008 v 14.08.2007, BGBl I 2007, 1912 arg kritisierte Vorschrift weiterhin hochgradig reformbedürftig bleibt. Ähnlich den in den Jahren 1931 und 1950 geltenden, vergleichbaren Regelungen (s Bühler, Steuerrecht der Gesellschaften und Konzern, 2 Auflage, 1953, 7f), die aufgrund Ihrer mangelnden Praktikabilität abgeschafft wurden, fristet der § 34a EStG nicht mehr als ein Nischendasein.
Dies ist bedauerlich, da die eigentliche Intention des Gesetzgebers, Einzel- und Mitunternehmern die Möglichkeit einer begünstigten Versteuerung thesaurierter Gewinne zu ermöglichen, sinnvoll ist. Die Regelung, die dies ermöglichen soll, ist es allerdings nicht bzw nicht in dem Maße, in dem sie es hätte sein können.
Rn. 148
Stand: EL 177 – ET: 12/2024
Kritikwürdig ist vorliegend auch, dass Einzelunternehmer und Mitunternehmer, die eine kurzfristige Thesaurierung ihrer Gewinne unter Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung bezwecken, sehenden Auges in eine höhere Gesamtbelastung hineinlaufen. Gem BT-Drs 16/4841, 32 haben Einzelunternehmer und Mitunternehmer im Falle der Nachversteuerung eine Gesamtbelastung von 48,3 % (bis VZ 2019) bzw 47,75 % (ab VZ 2020) zu erwarten, während diese im Falle der Regelversteuerung laufender Gewinne bei 47,44 % (bis VZ 2019) bzw 46,71 % (ab VZ 2020) liegt, sodass selbst StPfl in der maximalen Progression (ESt 45 % zzgl SolZ und ggf KiSt) einen Steuernachteil erleiden. Ganz zu schweigen von StPfl, die einem niedrigeren persönlichen ESt-Satz unterliegen.
Rn. 149
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Bezugnehmend auf die Ausführungen von Hey, Unternehmensteuerreform: Das Konzept der Sondertarifierung des § 34a EStG-E, DStR, 2007, 925, 930, lassen sich die nachfolgenden Fallgruppen bilden:
Fallgruppe |
Kommentar |
Einzelunternehmer/Mitunternehmer persönlicher ESt-Satz < 28,25 % |
Die Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG kommt per se nicht infrage, da die laufende Versteuerung von Gewinnen günstiger ist als die Inanspruchnahme der Sondertarifierung. |
Einzelunternehmer/Mitunternehmer persönlicher ESt-Satz zwischen 28,25 % und 45 % |
Einzelunternehmer/Mitunternehmer werden im Falle der Nachversteuerung höher belastet als im Falle der laufenden Versteuerung von Gewinnen, sodass der anfängliche Vorteil der Sondertarifierung schnell in eine steuerliche Mehrbelastung umschlagen kann. |
Einzelunternehmer/Mitunternehmer persönlicher ESt-Satz 45 % |
Bei einer kurzfristigen Thesaurierung von Gewinnen können selbst StPfl in der maximalen Progressionsstufe steuerliche Mehrbelastungen erfahren, auch wenn diese geringer ausfallen als für vorgenannte Fallgruppen. Gleichwohl könnten sich im Falle eines langfristigen Zeithorizonts wirtschaftliche Vorteile dergestalt ergeben, dass der Barwert, der zunächst durch die Sondertarifierung erzielten Steuerersparnis unter Annahme der Wiederanlage die durch die Nachversteuerung späterhin ausgelöste höhere Steuerbelastung ausgleicht (s Vorauflage Rn 121). |
Rn. 150
Stand: EL 177 – ET: 12/2024
In der obigen Übersicht manifestiert sich die vom Gesetzgeber intendierte Förderung "ertragsstarker" PersGes über den persönlichen ESt-Satz. Demnach wird klar, dass die Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung nur im Falle der maximalen Progression des StPfl Sinn ergibt und auch nur im Falle eines langfristigen Zeithorizonts. Wenn man zudem berücksichtigt, dass die mit § 34a EStG einhergehenden Planungskosten und der damit einhergehende Verw...