Rn. 168
Stand: EL 177 – ET: 12/2024
Es gibt jedoch Ausnahmen vom oben aufgestellten Grundsatz, nämlich dergestalt, dass eine Nachversteuerung nicht stattfindet, wenn der StPfl beantragt, den nachversteuerungspflichtigen Betrag in Höhe des Buchwerts des übertragenen oder überführten WG, höchstens jedoch in Höhe des Nachversteuerungsbetrags, den die Übertragung oder Überführung des WG ausgelöst hätte, auf den anderen Betrieb oder Mitunternehmeranteil zu übertragen (s BMF v 11.08.2008, BStBl I 2008, 838 Rz 32).
Rn. 169
Stand: EL 177 – ET: 12/2024
Hierbei sind die beiden folgenden Fallkonstellationen zu unterscheiden:
Der Nachversteuerungsbetrag ist kleiner gleich dem nachversteuerungspflichtigen Betrag (Fall 1)
Beispiel 1 (s BMF v 11.08.2008, BStBl I 2008, 838 Rz 32):
Ein StPfl tätigt im Jahr 01 Entnahmen von EUR 260 000 (davon Überführung eines Grundstücks vom Einzelunternehmen in das Sonder-BV einer PersGes, in der er Mitunternehmer ist mit Buchwert EUR 200 000, Barentnahme von EUR 60 000). Der Gewinn des Einzelunternehmens beträgt EUR 40 000. Der nachversteuerungspflichtige Betrag des Einzelunternehmens zum 31.12.00 beträgt EUR 300 000. Einlagen wurden nicht getätigt.
Der Nachversteuerungsbetrag (§ 34a Abs 4 EStG) beträgt EUR 220 000 (= EUR 260 000 ./. EUR 40 000). Auf Antrag des StPfl können EUR 200 000 (= Buchwert des Grundstücks) auf den nachversteuerungspflichtigen Betrag des Mitunternehmer-Anteils übertragen werden, womit EUR 20 000 der Nachversteuerung mit 25 % (= EUR 5 000) zzgl SolZ unterliegen. Der nachversteuerungspflichtige Betrag des Einzelunternehmens zum 31.12.01 verringert sich auf EUR 80 000 (EUR 300 000 ./. EUR 200 000 Buchwert ./. EUR 20 000 Nachversteuerung).
In diesem Fall findet eine vorrangige Verrechnung der übrigen Entnahmen (Barentnahmen) mit dem Gewinn und den Einlagen statt, wodurch sich eine günstige Verrechnungsreihenfolge ergibt (Meistbegünstigungsprinzip).
Der Nachversteuerungsbetrag ist größer als der nachversteuerungspflichtige Betrag (Fall 2)
Beispiel 2 (s BMF v 11.08.2008, BStBl I 2008, 838 Rz 33):
Wie in Beispiel 1, es wird jedoch kein Gewinn erzielt und der nachversteuerungspflichtige Betrag zum 31.12.00 beträgt nur EUR 150 000.
Der StPfl muss EUR 60 000 nachversteuern. Auf Antrag des StPfl ist es möglich, EUR 90 000 (= EUR 200 000 Buchwert, maximal jedoch verbleibender nachversteuerungspflichtiger Betrag (EUR 150 000 ./. EUR 60 000 Nachversteuerungsbetrag) auf den nachversteuerungspflichtigen Betrag des Mitunternehmer-Anteils zu übertragen. Der nachversteuerungspflichtige Betrag des Einzelunternehmens zum 31.12.01 beträgt EUR 0.
Dabei kommt es nach den Ausführungen des BMF dazu, dass es durch die vorrangige Verrechnung übriger Entnahmen mit dem nachversteuerungspflichtigen Betrag zu einer Mehrbelastung für den StPfl kommt. Hierin kann eine Meistbenachteiligungsklausel gesehen werden.
Teile der Literatur sähen im vorliegenden Fall eine vorrangige Verrechnung der Entnahme nach § 6 Abs 5 EStG als vorzugswürdig an und stellen sich damit gegen die Auffassung des BMF, um eine Benachteiligung der StPfl zu vermeiden (s Rn 164 Vorauflage).
ME wäre dies iSd Stärkung des EK durchaus denkbar, da durch die Übertragung des nachversteuerungspflichtigen Betrags eine Nachversteuerung sichergestellt ist, wenn auch zeitlich nachgelagert. Der Steuerstundungseffekt wäre zweckdienlich.
Rn. 170
Stand: EL 177 – ET: 12/2024
§ 34a Abs 5 S 2 EStG ist nicht anzuwenden, wenn Barmittel bzw Geldbeträge von einem Betrieb oder Mitunternehmeranteil in einen anderen Betrieb oder Mitunternehmeranteil des StPfl unter den Voraussetzungen des § 6 Abs 5 EStG überführt oder übertragen werden (s BMF v 11.08.2008, BStBl I 2008, 838 Rz 32). Stimmen in der Literatur besagen jedoch, dass die Einengung der Definition des WG durch die FinVerw nicht vom Gesetzeswortlaut gedeckt sei (s Ley/Brandenberg, Unternehmensteuerreform 2008: Thesaurierung und Nachversteuerung bei Personenunternehmern, FR 2007, 1085, 1103) und auch für die Übertragung/Überführung von Bargeld die Antragstellung zur Übertragung von nachversteuerungspflichtigen Beträgen ermöglicht werden müsste (s Gragert/Wissborn, Die Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG, NWB 2007 F 3, 14 621, 14 641 und Wacker in Schmidt, § 34a EStG Rz 67 (42. Aufl 2023).
ME ist dieser Auffassung zuzustimmen, da weder in Abs 5 noch an einer anderen Stelle eine Einengung der Definition des WG erfolgt. Zwar ist es zweifelsohne die Intention des Gesetzgebers, die EK-Decke in Unternehmen durch Anwendung des § 34a EStG zu stärken, gleichwohl versucht das BMF v 11.08.2008, BStBl I 2008, 838 Rz 32 dadurch Gestaltungen durch die Übertragung/Überführung von Barmitteln zu verhindern, indem es eine derartige Auslegung in den Gesetzeswortlaut hineininterpretiert. Dies ist grundsätzlich kritisch zu sehen. Wie bereits Dörfler in der Vorauflage (s Rn 167) ausführte, ließe sich diese einengende Definition des WG aushebeln, indem man Bargeld vor der Übertragung in Wertpapiere eintauscht. Dies sollte von § 34a ...