Rn. 44
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Grundsätzlich schuldet der ArbG seinem ArbN zivilrechtlich einen Bruttolohn, sodass die gesetzlichen Abgaben wie LSt sowie sonstige Annexsteuern – KiSt und SolZ – und die ArN-Anteile zu den Sozialversicherungen – Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung – vom ArbN zu tragen sind. Ist der ArbG dagegen nach dem Arbeitsvertrag bzw einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag dazu verpflichtet, diese Abgaben zu tragen, liegt eine sog Nettolohnvereinbarung vor (dazu s R 39b.9 LStR 2015 und ausführlich s OFD NW v 15.08.2018, S 2367–2017/0004-St 213). Eine solche Nettolohnvereinbarung wird in steuerlicher Hinsicht nur bei einer einwandfreien Gestaltung anerkannt (BFH BStBl III 1957, 116; BStBl II 1972, 816; 1980, 257; 1992, 733; H 39b.9 LStH 2021 "Anerkennung einer Nettolohnvereinbarung").
Rn. 45
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Die sich aus der Nettolohnvereinbarung ergebende Pflicht des ArbG betrifft nur das Innenverhältnis, dh, der ArbN selbst bleibt Schuldner der Abgaben (zur LSt s § 38 Abs 2 EStG, s § 38 Rn 71 (Mues)). Die vom ArbG übernommenen Abgabenlasten stellen für den ArbN zusätzlich zu seinem Nettogehalt gezahlten Arbeitslohn dar. Stpfl Bruttoarbeitslohn ist in diesen Fällen die Summe aus ausgezahltem Nettolohn und den vom ArbG übernommenen Steuern (LSt, KiSt und SolZ) bzw ArbN-Anteilen am Gesamtsozialversicherungsbeitrag (BFH BStBl II 2010, 148). Führen mehrere Bruttoarbeitslöhne zum gewünschten Nettolohn, kann der niedrigste Bruttoarbeitslohn zugrunde gelegt werden (R 39b.9 Abs 1 S 5 LStR).
Rn. 46
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Der danach ermittelte Bruttoarbeitslohn ist als Einnahme aus nichtselbstständiger Arbeit auch dann in die ESt-Veranlagung des ArbN einzubeziehen, wenn die vom ArbG einbehaltene LSt höher als die später durch die Veranlagung festgesetzte ESt ist und der daraus resultierende Erstattungsanspruch aufgrund der getroffenen Absprachen dem ArbG abgetreten worden ist und diesem zufließt (BFH BStBl II 1976, 543; 1979, 771).
Leistet der ArbG bei einer Nettolohnvereinbarung für den ArbN eine ESt-Nachzahlung für einen vorangegangenen VZ, wendet er dem ArbN Arbeitslohn zu, der diesem als sonstiger Bezug im Zeitpunkt der Zahlung zufließt. Dieser in der Tilgung der persönlichen ESt-Schuld liegende Vorteil unterliegt ebenfalls der ESt und ist daher auf einen Bruttobetrag hochzurechnen (BFH BStBl II 2016, 31).
Ergibt sich dagegen aufgrund der Durchführung einer ESt-Veranlagung ein Erstattungsanspruch des ArbN, den dieser entsprechend den bestehenden arbeitsvertraglichen Vereinbarungen – bzw den kollektiven Regelungen der Betriebsvereinbarung bzw des Tarifvertrags – an den ArbG auszukehren hat, bleibt dieser Umstand ohne Auswirkungen auf die ESt-Veranlagung des entsprechenden VZ. Die ESt-Erstattung führt vielmehr zu negativen Einnahmen des ArbN aus nichtselbstständiger Tätigkeit, die in dem Kj der tatsächlichen Zahlung an den ArbG steuerlich zu berücksichtigen sind (§ 11 Abs 2 EStG).
Bei Bestehen einer Nettolohnvereinbarung ist grundsätzlich bei der ESt-Veranlagung des ArbN die vom ArbG einbehaltene LSt auf die ESt-Schuld ohne Rücksicht darauf anzurechnen, ob der ArbG die LSt tatsächlich an das FA abgeführt hat (BFH BStBl II 1982, 403; 1992, 733; BFH/NV 1988, 566). Hier ist entscheidend, dass bei Vorliegen einer Nettolohnvereinbarung der ArbG mit der Auszahlung des Nettolohns aus der Sicht des ArbN die LSt vorschriftsmäßig einbehalten hat (§ 42d Abs 3 S 4 Nr 1 EStG). Voraussetzung für diese Tilgungsannahme ist jedoch, dass der ArbN dem ArbG entweder die für einen ELStAM-Abruf erforderlichen Angaben (§ 39e Abs 4 S 1 EStG) gemacht oder eine Bescheinigung für den LSt-Abzug (§ 39e Abs 8 EStG) vorlegt hat. Über die Anrechnung ist durch Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs 2 AO) und nicht im Anfechtungsverfahren gegen die Steuerfestsetzung zu entscheiden (BFH BStBl II 82, 403). Sofern jedoch ein ArbN im Veranlagungsverfahren das Vorliegen einer Nettolohnvereinbarung behauptet und die Anrechnung der LSt begehrt, kann dies nur im Verfahren gegen den Steuerbescheid durch gleichzeitiges Begehren auf Ansatz des um die LSt heraufgerechneten Lohns verfolgt werden (BFH BStBl II 1986, 186; BFH/NV 1988, 566).
Rn. 47
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Die LSt ist im Falle einer Nettolohnvereinbarung auf laufenden Arbeitslohn aus dem Bruttoarbeitslohn zu berechnen, der nach Minderung um die übernommenen Abzugsbeträge den Nettobetrag ergibt. Dies gilt sinngemäß, wenn der ArbG nicht alle Abgaben übernehmen will. Ein beim LSt-Abzug zu berücksichtigender Freibetrag, die Freibeträge für Versorgungsbezüge, der Altersentlastungsbetrag und ein Hinzurechnungsbetrag sind beim Bruttoarbeitslohn zu berücksichtigen. Führen mehrere Bruttoarbeitslöhne zum gewünschten Nettolohn, kann der niedrigste Bruttoarbeitslohn zugrunde gelegt werden (s R 39b.9 Abs 1 LStR 2015). Im Lohnkonto und in den LSt-Bescheinigungen (§ 41b EStG) sind immer die ermittelten Bruttoarbeitslöhne und nicht die Nettoarbeitslöhne anzu...