Dr. jur. Lukas Karrenbrock
1. Aufteilungsgebot
Rn. 46
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Der Begriff "soweit" in der Vorschrift des § 3c Abs 1 EStG bedeutet, dass BA/WK, die sowohl mit steuerfreien Einnahmen als auch mit stpfl Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, aufzuteilen sind (BFH v 14.11.1986, VI R 209/82, BStBl II 1989, 351; FG Köln v 11.12.2014, 10 K 2892/14, SteuK 2015, 256). Die Vorschrift des § 3c EStG beinhaltet bei gemischt veranlassten Aufwendungen ein Aufteilungsgebot dem Grunde nach (von Beckerath in K/S/M, § 3c EStG Rz B 71, 279. EL). Die FinVerw lässt eine Aufteilung im Schätzungswege zu, wenn sich die BA/WK nicht eindeutig zuordnen lassen (vgl BMF v 12.11.2014, BStBl I 2014, 1467 Rz 48). Nach der Rspr des BFH sind WK zwischen inländischem Arbeitslohn und steuerfreier Tätigkeitsvergütung im Ausland in dem Verhältnis aufzuteilen, in dem die steuerfreien Einnahmen zu den gesamten Einnahmen stehen (BFH v 11.02.2009, I R 25/08, BStBl II 2010, 536). Jede – auch nur schätzungsweise – Aufteilung der Aufwendungen trägt dem objektiven Nettoprinzip mehr Rechnung als ein dem "Alles-oder-Nichts-Prinzip" folgendes Aufteilungsverbot (Lang/Seer, FR 1994, 521 (531)). Die von der Rspr entwickelten Grundsätze zu § 12 Nr 1 S 2 EStG und der Aufteilung von gemischten Aufwendungen im Schätzungswege (BFH v 21.09.2009, GrS 1/06, BStBl II 2010, 672) sind auch iRd § 3c EStG anzuwenden.
2. Begrenzung des Abzugsverbotes dem Grunde und der Höhe nach
Rn. 47
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Zweck des Abzugsverbots des § 3c EStG ist es, dass bei steuerfreien Einnahmen kein doppelter steuerlicher Vorteil durch den zusätzlichen Abzug von unmittelbar mit diesen Einnahmen zusammenhängenden Aufwendungen erzielt werden soll (BFH v 30.01.1986, BStBl II 1986, 401, 402). Aus der Formulierung "soweit" in § 3c Abs 1 EStG folgt eine Begrenzung des Abzugsverbotes dem Grunde nach und der Höhe nach (FG Thüringen v 30.09.2015, 3 K 480/14, EFG 2015, 2163, nachgehend BFH v 20.12.2017, III R 23/15, BStBl II 2019, 469; FG RP v 25.05.2011, 2 K 1996/10 rkr; BFH v 06.07.2005, XI R 61/04, BStBl II 2006, 163; Levedag in Schmidt, § 3c EStG Rz 7, 39. Aufl; Schmitt in Ernst & Young, § 3c EStG Rz 67; Förster, DStR 1994, 643 (644); Valta in Blümich, § 3c EStG Rz 37, 150. EL; von Beckerath in K/S/M, § 3c EStG Rz B77 ff, 279. EL).
Rn. 48
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Das Abzugsverbot dem Grunde nach kann aufgrund einer wertenden Betrachtung dazu führen, dass die Ausgaben entweder den steuerfreien und stpfl Einnahmen zuzuordnen sind oder dass eine Aufteilung im Wege der Schätzung erfolgen muss (von Beckerath in K/S/M, § 3c EStG Rz B71, 279. EL). Das Abzugsverbot der Höhe nach führt dazu, dass § 3c Abs 1 EStG dem Abzug nicht entgegensteht, wenn höhere BA/WK vorliegen. Demzufolge können diejenigen Aufwendungen als BA oder WK geltend gemacht werden, die die steuerfreien Einnahmen übersteigen (BFH v 06.07.2005, XI R 61/04, BStBl II 2006, 163; BFH v 28.01.1988, IV R 186/85, BStBl II 1988, 635). Bei den Ausgaben sind drei Fallgruppen zu unterscheiden (vgl von Beckerath in K/S/M, § 3c EStG Rz B 201 ff, 279. EL):
- die Veranlassung durch steuerfreie Einnahmen (s Rn 49),
- die steuerfreie Erstattung von Ausgaben (s Rn 52) und schließlich
- die Rückzahlung steuerfreier Einnahmen (s Rn 53).
a) Veranlassung durch steuerfreie Einnahmen
Rn. 49
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Ausgaben im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen unterliegen grds dem Abzugsverbot des § 3c Abs 1 EStG. Fallen sowohl steuerfreie als auch stpfl Einnahmen an und kann keine konkrete Zuordnung vorgenommen werden – zB bei Überschreitung des Übungsleiterfreibetrages nach § 3 Nr 26 EStG (wobei es hier häufig an der erforderlichen Einkünfteerzielungsabsicht fehlen dürfte) –, sind die Ausgaben im Verhältnis der steuerfreien Einnahmen zu den Gesamteinnahmen aufzuteilen und sind in diesem Verhältnis teilweise gemäß § 3c Abs 1 EStG nicht abzugsfähig (BFH v 20.12.2017, III R 23/15, BStBl II 2019, 469; Nacke, NWB 2019, 2378 (2379)).
Rn. 50
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Voraussetzung für die Anwendung des § 3c Abs 1 EStG ist bei einer Steuerbefreiung aufgrund von DBA, dass das DBA auf inländisches Recht verweist und die Einnahmen von der deutschen Besteuerung ausgenommen werden (Desens in H/H/R, § 3c EStG Rz 33, 292. EL). Sind nach der inländischen Qualifikation die Einkünfte nach DBA freigestellt, so gilt § 3c Abs 1 EStG nicht. In diesem Fall sind Verluste (BA/WK übersteigen die steuerfreien Einnahmen) grds nicht abzugsfähig. Liegen jedoch steuerfreie Einnahmen vor, so sind die übersteigenden BA/WK abzugsfähig. Es ist daher stets zu differenzieren, ob Einnahmen iSd §§ 4 Abs 3 S 1, 8 Abs 1 EStG oder Einkünfte iSd § 2 Abs 2 EStG vorliegen. Wird das Besteuerungsrecht an den Einkünften einem anderen Staat zugewiesen, dann können Verluste aus diesen Einkünften nur in diesem Staat berücksichtigt werden. Liegen nach der Qualifikation des DBA jedoch Einnahmen vor, so können die übersteigenden BA bzw WK (Verluste) im Inland abzugsfähig sein.
Rn. 51
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Beispiele für steuerfreie Einnahmen (Roheinnahmen) und Einkünfte (Saldierung von Einnahmen abzgl ...