Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 278
Stand: EL 150 – ET: 04/2021
Grundsatz: Einlagefähig sind nach dem Wortlaut des § 4 Abs 1 S 8 Hs 1 EStG nur WG. Mangels WG-Qualität nicht einlagefähig sind dagegen bloße Nutzungsvorteile (s Rn 279). Nutzungsrechte dinglicher ebenso wie obligatorischer Natur sind dagegen selbstständige (immaterielle) WG und als solche grds auch einlagefähig (s Rn 279a, grundlegend BFH v 26.10.1987, GrS 2/86, BStBl II 1988, 348). Ist WG-Qualität gegeben, setzt Einlagefähigkeit weiterhin voraus, dass das WG dem StPfl als wirtschaftlichem Eigentümer steuerlich zuzurechnen ist (zur Zurechnung allg s Rn 39 ff, zur Zurechnung von Grundstücken s Rn 170 ff, von Forderungen s Rn 187 ff, von beweglichen WG s Rn 189bff). Wirtschaftliches Eigentum naher Angehöriger reicht nicht aus. Ferner muss eine Zuordnung zum BV in Betracht kommen, dh, das WG muss notwendig/geeignet sein, dem Betrieb zu dienen (s Rn 284) und darf nicht bereits zum BV gehören (Bsp Erlöse aus "schwarz" abgewickelten oder aus sonstigen unzutreffend als privat behandelten Geschäften, da diese bereits originär den betrieblichen Bereich betreffen, Schoor, BBK 2020, 1034). WG, die dem Betrieb erkennbar keinen Nutzen, sondern lediglich Verluste bringen (verlustbringende/betriebsschädliche WG), sind nicht einlagefähig (BFH v 26.20.1999, X B 40/99, BFH/NV 2000, 563 mwN, s Rn 143 f, s § 15 Rn 63 (Bitz)). Desgleichen ist eine rückwirkende Einlage auf einen Zeitpunkt, in dem die Verlustträchtigkeit noch nicht erkennbar war, unzulässig (BFH v 03.12.2015, IV R 43/13, BFH/NV 2016, 742; BFH v 30.11.2000, IV B 47/00, BFH/NV 2001, 597; BFH v 09.05.1996, IV R 64/93, BStBl II 1996, 642; BFH v 15.11.1990, IV R 97/92, BStBl II 1991, 226; zur Rückwirkung s Rn 284a). Eine Verlagerung im PV eintretender, steuerlich nicht oder nur im Rahmen erheblicher Verrechnungsbeschränkungen (insb § 20 Abs 6 S 4–6 EStG) berücksichtigungsfähiger Verluste in den betrieblichen Bereich ist damit ausgeschlossen.
Einschränkungen/Erweiterungen: Der Beurteilung der Einlagefähigkeit durch die Rspr liegt ein finaler (zweckbezogener) Einlagebegriff zugrunde (BFH v 04.12.2006, GrS 1/05, BStBl II 2007, 508), durch den die Abgrenzung der betrieblichen von der privaten Sphäre sichergestellt und verhindert werden soll, dass steuerfrei gebildetes oder bereits versteuertes Vermögen nach Einlage infolge bewirkter BV-Mehrung erneut der Besteuerung unterworfen wird und ebenso abgewendet werden soll, dass durch Einlagen künstliches, nicht durch getragenen Aufwand unterlegtes AfA-Potenzial generiert wird. Der (Mehrfach-)Regelungszweck des Einlagetatbestands (s Rn 276) erfordert nach Wertung des BFH Modifikationen des Grundsatzes, dass WG jeder Art (zum Teilwert) einlagefähig sind iS einer Finalität des Einlagebegriffs (BFH 26.10.1987, GrS 2/86, BStBl II 1988, 348; vgl auch BFH v 16.12.1988, III R 113/85, BStBl II 1989, 763).
Unentgeltlich erworbene immaterielle WG: Nach der Rspr des BFH greift bei Einlage unentgeltlich erworbener immaterieller WG (Bsp Patent) das Aktivierungsverbot des § 5 Abs 2 EStG nicht ein. Der wesentliche Zweck des § 5 Abs 2 EStG besteht zwar gerade darin, die Aktivierung immaterieller Anlagewerte wegen der ihnen eigenen Unsicherheit an die Voraussetzung zu knüpfen, dass der Markt in Gestalt von AK eine Bestätigung für den Wert abgegeben hat (BFH v 26.02.1975, I R 72/73, BStBl II 1976, 13; BFH v 08.11.1979, IV R 145/77, BStBl II 1980, 146). Der Teilwertfindung im Rahmen der Bewertung der Einlage haftet dieselbe Unsicherheit an, wie der Wertfindung im Fall eigener Herstellung immaterieller WG eine Wertbestätigung am Markt fehlt. Nach Wertung der Rspr geht der Rechtsgrund für den Abzug von Einlagen iS § 4 Abs 1 S 8 EStG iVm § 6 Abs 1 Nr 5 EStG beim Vermögensvergleich, der insb darin besteht, den privaten bzw gesellschaftsrechtlichen vom betrieblichen Bereich zu trennen (s Rn 276), dem Aktivierungsverbot des § 5 Abs 2 EStG vor (BFH v 22.01.1980, VIII R 74/77, BStBl II 1980, 244; BFH v 20.08.1986, I R 150/82, BStBl II 1987, 455; BFH v 13.01.1994, IV R 117/92, BStBl II 1994, 454; BFH v 12.06.2019, X R 20/17, BStBl II 2020, 3). Mit der Einlagefähigkeit nicht entgeltlich erworbener immaterieller WG zum Teilwert wird verhindert, dass Wertsteigerungen während der Zeit der Zugehörigkeit zum PV zu einem stpfl betrieblichen Gewinn führen. Der Richtigkeit des Ergebnisses ist im Konfliktfall Vorrang vor dem auf dem Vorsichtsprinzip beruhenden Aktivierungsverbot immaterieller Werte des AV einzuräumen (Weber-Grellet, FR 2000, 1285). Eine Beschränkung des Einlagewerts auf die vom Einlegenden im Zusammenhang mit dem Erwerb getragenen Aufwendungen ist (außerhalb des § 6 Abs 1 Nr 5 S 1 Buchst a EStG) zu Recht nicht vorgesehen.
Unentgeltlich erworbene Nutzungsrechte: Unentgeltlich erworbene obligatorische oder dingliche Nutzungsrechte an fremdem Vermögen sowie Nutzungsrechte an eigenem betriebsfremdem Vermögen haben WG-Qualität, wären also prinzipiell einlagefähig. Dem steht auch das Aktivierungsverbot für nicht entgeltlich...