Rn. 25
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
Zum Ausgleich für die Gefahr der Steuerverkürzung oder der Gewährung ungerechtfertigter Steuervorteile durch unzutreffende Bescheinigungen ist eine Haftung der in das Bescheinigungsverfahren einbezogenen Personen vorgesehen. Allerdings hat das FA auch die Möglichkeit, einen Nachforderungsbescheid zu erlassen; FG Sa v 01.12.2010, 1 V 1321/10, DStRE 2012, 224. Dabei gelten auch für den Nachforderungsbescheid die Voraussetzungen des § 44 Abs 5 EStG, BFH BStBl II 2001, 67 (Leitsatz 3).
Eine erneute Steueranmeldung ist dann nicht mehr abzugeben.
Durch das AbzStEntModG v 02.06.2021, BGBl I 2021, 1259 ist allerdings die Haftung der Aussteller von Steuerbescheinigungen erheblich komplexer geworden, denn sie erstreckt sich nach dem neuen § 45a Abs 7 S 1 EStG ab dem 01.01.2025 auch darauf, dass alle Angaben des neuen § 45b Abs 1–4 EStG einwandfrei sind, soweit sie denn überhaupt vorliegen (dazu s § 45b Rn 1 u 17 (Hasselmann)).
Rn. 26
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
Grundsätzlich haftet der Aussteller einer unzutreffenden KapSt-Bescheinigung unabhängig von der Frage des Verschuldens; § 45a Abs 7 S 1 EStG; Farinato, Die Haftung für KapSt, 2021, 140. Damit werden auch die Fälle erfasst, in denen der Erwerber girosammelverwahrter Aktien zum Zeitpunkt des Gewinnverwendungsbeschlusses weder zivilrechtlicher Eigentümer der Aktien war noch eine Kompensationszahlung iSd § 20 Abs 1 Nr 1 S 4 EStG erhalten hat; Anzinger, RdF 2012, 394 (403); zur Haftung der Depotbanken vgl auch Florstedt, DStR 2019, 655.
Rn. 27
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
An seiner Stelle haftet der Schuldner der KapErtr, wenn er bei Zahlung der KapErtr durch ein inländisches Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut zum Zwecke der Bescheinigung falsche Angaben macht; § 45a Abs 7 S 2 EStG.
Rn. 28
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
Nach der bisherigen Rechtslage wird der Aussteller einer unzutreffenden KapSt-Bescheinigung von der Haftung frei, wenn der Schuldner der KapErtr zum Zweck der Bescheinigung falsche Angaben gemacht hat oder wenn der Aussteller die unzutreffende Bescheinigung zurückfordert und im Falle der berichtigten Bescheinigung binnen der Monatsfrist das FA unterrichtet; § 45a Abs 7 S 3 Nr 2 EStG iVm § 45a Abs 6 EStG. Diese Rechtslage gilt noch weiter für KapErtr, die bis zum 31.12.2023 zufließen; vgl § 52 Abs 44a EStG idF AbzStEntModG. Der Aussteller der Bescheinigung bleibt also von einer Haftung frei, wenn der Schuldner unrichtige Angaben gemacht haben sollte bzw solange der Aussteller Bescheinigungen, die § 45a Abs 2–5 EStG nicht entsprechen, unverzüglich korrigiert und die von § 45a Abs 6 S 3 EStG verlangten Angaben an die FinVerw übermittelt.
Ab dem 01.01.2024 ist die Exkulpationsmöglichkeit einer Berufung auf die Erfüllung der Pflichten nach § 45a Abs 6 EStG nicht mehr gegeben. Der Grundsatz einer uneingeschränkten Haftung des Ausstellers einer Steuerbescheinigung, wie er in § 45a Abs 7 S 1 EStG formuliert ist, erfährt keinerlei Einschränkung mehr, wenn man von dem Sonderfall absieht, dass ein inländisches Kreditinstitut für Rechnung des Schuldners auf der Basis von unrichtigen Angaben des Schuldners der KapErtr diese ausgezahlt und eine entsprechend unrichtige Bescheinigung ausgestellt hat. Dann haftet auch der Schuldner.
Was an Haftungsregelungen für die Steuerbescheinigung gilt, gilt entsprechend für die fehlerhafte Datenübermittlung nach § 45a Abs 2a EStG; Hörster, NWB 2021, 1586 [1588].
Rn. 29
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
Eine umfassende schuldunabhängige Haftung bedeutet für die verfahrensbeteiligten Finanzdienstleistungsinstitute ein erhebliches neues Risiko. Andererseits besteht keine Möglichkeit, der Verpflichtung zur Ausstellung von Steuerbescheinigungen auszuweichen. Von daher kommt der Begründung einer solchen gesetzlichen Neuregelung eine besondere Bedeutung zu. Die Bundesregierung hat sich in der Begründung des Gesetzesentwurfes dazu auf 1,5 Seiten geäußert (BR-Drucks 50/21 v 22.01.2021, 42, 43). Das erscheint auf den ersten Blick nicht sehr umfangreich, ist aber gemessen an den sonst üblichen knappen Gesetzesbegründungen doch von größerer Ausführlichkeit. Der Inhalt ist zu hinterfragen. Dabei ist auf die bisherigen Erfahrungen mit der Ausstellung von Steuerbescheinigungen vor dem Hintergrund der Finanzskandale der letzten Jahre und dem öffentlichen Interesse an der erfolgreichen Vermeidung von Steuerausfällen einzugehen. Dem steht das Interesse des Finanzdienstleistungssektors gegenüber, unverhältnismäßige Belastungen durch eine verschuldensunabhängige Haftung zu vermeiden und nicht über Gebühr als staatlicher Erfüllungsgehilfe in die Pflicht genommen zu werden.
Rn. 30
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
Die Gesetzesbegründung der Bundesregierung (BR-Drucks 50/21 v 22.01.2021, 42, 43, Besonderer Teil, zu Art 1 Nr 5 Buchst b Doppelbuchst bb, § 45a Abs 7 S 3 – aufgehoben) beschreibt eingangs nur die Wirkungen der vorgesehenen Neuregelung.
Der Umstand, dass künftig der Aussteller der KapSt-Bescheinigung sich nicht mehr darauf beru...