Dr. Barbara Zuber, Stefan Ditsch
Rn. 141
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Bei DBA ohne eine abkommensrechtlich vereinbarte Rückfallklausel ist § 50d Abs 8 EStG vorrangig anzuwenden, in diesen Fällen liegt ein Treaty override vor. Enthält das anwendbare DBA eine abkommensrechtlich vereinbarte Rückfallklausel, geht diese § 50d Abs 8 EStG vor (s BMF vom 03.05.2018, BStBl I 2018, 643 Rz 45; BMF vom 20.06.2013, BStBl I 2013, 980). Dies gilt gleichermaßen für Subject-to-tax-Klauseln, nach denen das Besteuerungsrecht an Deutschland zurückverwiesen wird, weil der ausländische Staat von seinem Besteuerungsrecht nicht Gebrauch macht (zB Art 13 Abs 2 DBA-Frankreich, Art 15 Abs 4 DBA Österreich, Art 15 Abs 3 und 4 DBA Schweiz) wie für sog Remittance-Base-Klauseln, nach denen die Besteuerung der Einkünfte von deren Überweisung in den Tätigkeitsstaat abhängt (zB Art 24 DBA Großbritannien, Art 29 DBA Irland, Art 2 Abs 2 DBA Israel).
Durch ein zeitlich nachfolgendes DBA wird § 50d Abs 8 EStG nicht überschrieben (BFH vom 25.05.2016, BStBl II 2017, 1185: Lex-posterior-Grundsatz nicht anwendbar; kritisch zu Recht Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 2 AO Rz 6c (08/2019): grundsätzlich Anwendungsvorrang zeitlich nachfolgender DBA wegen Völkerrechtsfreundlichkeit des GG, sofern keine abweichende gesetzliche Anordnung zB "ungeachtet bestehender und zukünftiger DBA").
Ebenfalls nicht anwendbar ist § 50d Abs 8 EStG auf Einkünfte aus Staaten, die nach dem Auslandstätigkeitserlass (BMF vom 31.10.1983, BStBl I 1983, 470) im Inland steuerbefreit sind (s BMF vom 03.05.2018, BStBl I 2018, 643 Rz 45). Dies ergibt sich schon allein daraus, dass der Auslandstätigkeitserlass nur für Arbeitseinkünfte aus Nicht-DBA-Staaten Gültigkeit hat, während § 50d Abs 8 EStG tatbestandlich nach einem DBA befreite Arbeitseinkünfte voraussetzt.
Hinsichtlich des Verhältnisses zu § 50d Abs 9 EStG ging die Rspr bis zum VZ 2017 von einem Vorrang des § 50d Abs 8 EStG als speziellere Norm vor der allgemeineren Rückfallregelung des Abs 9 aus, da sich die Rückfallklausel des § 50d Abs 8 EStG ausschließlich auf Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit bezieht (BFH vom 11.01.2012, I R 27/11, BFH/NV 2012, 862; Frotscher in Frotscher/Geurts, § 50d EStG Rz 175a (07/2018); Schönfeld in Flick/Wassermeyer/Baumhoff ua, Außensteuerrecht, § 50d EStG Rz 142 (09/2019); Kempermann, FR 2012, 467; aA Mitschke, FR 2012, 467). Nach Änderung von § 50d Abs 9 S 3 EStG durch das AmtshilfeRLUmsG (BGBl I 2013, 1809) sind beide Vorschriften nebeneinander anwendbar (ganz hM s BFH vom 20.08.2014, BStBl II 2015, 18; BMF vom 03.05.2018, BStBl I 2018, 643 Rz 46; Gosch in Kirchhof, § 50d EStG Rz 41j (18. Aufl); Frotscher in Frotscher/Geurts, § 50d EStG Rz 175a (07/2018); rückwirkende Anwendung nach § 52 Abs 59a S 9 EStG aF auf alle noch offenen Fälle (verfassungswidrig, s Vorlagebeschluss BFH vom 20.08.2014, I R 86/13, BStBl II 2015, 18 mwN). Durch dieses Nebeneinander kann es trotz Aufrechterhaltung der Freistellung nach § 50d Abs 8 EStG namentlich den Fällen des Verzichts des Tätigkeitsstaates auf sein Besteuerungsrecht zu einer Besteuerung im Inland nach § 50d Abs 9 EStG kommen (aA Klein/Hagena in H/H/R, § 50d EStG Rz 110 (01/2019)).