Rn. 10
Stand: EL 174 – ET: 08/2024
Die Regelungen des § 55 EStG sind auf Grund und Boden anzuwenden, der mit Ablauf des 30.06.1970 bzw 14.08.1971 zum inländischen (westdeutschen) AV eines StPfl gehörte, soweit dieser seinen Gewinn nach § 4 Abs 1 bzw 3 EStG ermittelte.
Ausgeschlossen von einer Bewertung nach § 55 EStG war danach Grund und Boden, der
- in den neuen Bundesländern belegen ist (zu den Einzelheiten hierzu s Rn 130ff),
- zum UV, zB im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels, rechnete, oder
- der zu einem BV mit Gewinnermittlung nach § 5 EStG gehörte.
- § 55 EStG erstreckt sich auch nicht auf die Bewertung von Genossenschaftsanteilen, weil der Genossenschaft gehörende Grundstücke dieser selbst und nicht den jeweiligen Genossen zuzurechnen sind (BFH vom 01.10.1981, BStBl II 1982, 250).
Die entscheidungserhebliche Vorfrage, welcher Grund und Boden Bestandteil des betreffenden luf, freiberuflichen oder gewerblichen BV war und zu dessen AV gehörte, regelt § 55 EStG dagegen nicht; eine Entscheidung darüber war nur dann (verbindlich) zu treffen, wenn der StPfl einen Antrag auf Feststellung des höheren Teilwerts gestellt hatte. Für nicht in das Feststellungsverfahren einbezogenen Grund und Boden ist erstmals in dem ESt-Bescheid über die Zugehörigkeit zum luf BV zu entscheiden, zu dessen relevanten Besteuerungsgrundlagen der Ansatz der betreffenden Grundstücksflächen gehört; das ist regelmäßig das Jahr der Veräußerung/Entnahme des Grundstücks (BFH vom 30.01.1986, BStBl II 1986, 516).
Hierbei ist allerdings im Hinblick auf die Unerheblichkeit des Grund und Bodens in den vor den 01.07.1970/15.08.1971 endenden Gewinnermittlungszeiträumen zu berücksichtigen, dass weder seine vormalige buchmäßige Behandlung noch dessen bewertungsrechtliche Einstufung für diese Zuordnungsfrage von Bedeutung sein können (BFH vom 12.07.1979, BStBl II 1980, 5).
Unerheblich ist auch, ob das Grundstück am Bewertungsstichtag zum notwendigen oder lediglich gewillkürten (geduldeten) BV gehörte (glA Pfirrmann in Kirchhof, § 55 EStG Rz 5); allerdings konnte es zu Beginn der Bodengewinnbesteuerung kein gewillkürtes BV, sondern lediglich geduldetes BV geben (Kanzler in Leingärtner, Kap 24 Rz 186). Ein zugekauftes, aber nicht selbst bewirtschaftetes landwirtschaftliches Grundstück konnte kein BV sein; bei Gewinnermittlung gem § 13a EStG bzw seiner Vorgängervorschriften und EÜR schon deshalb, weil zum Stichtag 01.07.1970 sowohl die FinVerw als auch der BFH (Urt des BFH vom 07.10.1982, BStBl II 1983, 101) die Bildung von gewillkürtem BV versagt hatten (BFH vom 19.12.2019, BStBl II 2021, 427). Entsprechendes galt mE auch bei buchführenden LuF, weil eine bilanzielle Erfassung der zugekauften Grundstücke in der Gewinnermittlung regelmäßig unterblieb; erstmals in der Schlussbilanz des Wj 1970/1971 konnte der Landwirt gewillkürtes BV bilden.
Gehörte ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück einmal zum notwendigen BV, führte eine nicht zwingend zu PV führende Nutzungsänderung allerdings nicht zum Verlust der BV-Eigenschaft, sofern es nicht durch Erklärung oder durch schlüssiges Verhalten entnommen wurde (BFH vom 04.11.1982, BStBl II 1983, 448). Eine erneute Widmung der in der Nutzung geänderten Grundstücke zum luf BV war aber auch nicht notwendig (BFH vom 14.05.2009, BStBl II 2009, 811).
Rn. 11
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Hatte ein LuF einzelne zu seinem BV gehörende Grundstücksflächen am 01.07.1970 verpachtet oder die landwirtschaftliche Nutzung im Hinblick auf eine spätere Bebauung eingestellt, so war nach allg Grundsätzen zu beurteilen, ob die Verpachtung/Nutzungsänderung zu einer Entnahme (vor dem 01.07.1970) geführt hat oder ob die verpachteten/in der Nutzung geänderten Flächen weiterhin zu seinem BV gehörten (BMF vom 29.02.1972, BStBl I 1972, 102 Tz 6 Abs 2; Söffing, DStZ 1972, 41; Ostermeier, StBp 1980, 176; Grossmann, DStR 1984, 645). Grundsätzlich bleiben in der Nutzung geänderte Grundstücke weiterhin (geduldetes) BV, sofern nicht von einer Entnahme (mittels eindeutiger Erklärung bzw kraft schlüssigen Verhaltens) auszugehen ist oder die Nutzungsänderung einen Umfang annimmt, durch den sich der Charakter des landwirtschaftlichen Betriebs derart verändert, dass die Vermögensverwaltung die landwirtschaftliche Betätigung verdrängt (BFH vom 22.08.2002, BStBl II 2003, 16).
Eine zur Vermögensverwaltung führende Nutzungsentnahme tritt indes nur dann ein, wenn der Umfang derjenigen Grundstücke, die nach Umnutzung einer luf Nutzung nicht mehr zugeführt werden können, mehr als (exakt) 10 % der im Eigentum des Landwirts stehenden Flächen des gesamten Betriebs, also einschließlich der forstwirtschaftlichen Nutzung sowie der Hofstelle, ausmacht (BFH vom 31.03.2021, BStBl II 2022, 312); andere Abgrenzungskriterien wie zB Vergleich der Erträge aus der Vermögensverwaltung und der LuF sind unbeachtlich (insoweit noch anders BFH vom 10.12.1992, BStBl II 1993, 342). Demzufolge führt eine Umnutzung infolge der Bestellung von Erbbaurechten (BFH vom 24.03.2011, BStBl II 2...