Jürgen Dräger, Tobias Müller
Rn. 1191
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Die Bewertung in sog Verstrickungsfällen wurde durch das Gesetz zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtline (ATAD-Umsetzungsgesetz – ATADUmsG) v 25.06.2021, BGBl I 2021, 2035 neu geregelt. Die Regelungen zur Bewertung dieser Einlagen enthalten § 6 Abs 1 Nr 5a und 5b EStG, für den Anwendungsbereich knüpfen diese an § 4 Abs 1 S 3, 8 und 9 EStG an. Der Anwendungsbereich wird durch die Rechtsgrundlage der Einlage eröffnet.
Bislang sah § 6 Abs 1 Nr 5a EStG ausschließlich eine Bewertung zum gemeinen Wert vor. Nunmehr wird dazu eine Ausnahme für den Fall eingeführt, dass in den Fällen des § 4 Abs 1 S 8 Hs 2 EStG (Begründung des Besteuerungsrechts) eine Besteuerung im Ausland auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates stattfindet. In diesem Fall ist das WG mit dem Wert anzusetzen, den der andere Staat der Besteuerung zugrunde legt, höchstens jedoch mit dem gemeinen Wert. Die Wertverknüpfung erfolgt also nur, wenn der andere Staat eine Entstrickungsbesteuerung vorgenommen hat, dann kommt der Wert, welchen der andere Staat angesetzt hat, oder der gemeine Wert zum Ansatz, je nachdem, welcher niedriger ist. Erfolgt im Ausland keine solche Besteuerung, greift die Ausnahme nicht (vgl Hagemann/Link, IWB 2021, 477). Der Ansatz zum gemeinen Wert ist – wie bislang – zwingend.
§ 6 Abs 1Nr 5b EStG regelt die Bewertung für die Einlage in den Fällen des § 4 Abs 1 S 9 EStG (Verstärkung des Besteuerungsrechts). Die Einlage (das jeweilige WG) ist dann jeweils mit dem Wert anzusetzen, den der andere Staat der Besteuerung zugrunde legt, höchstens jedoch mit dem gemeinen Wert. Von der Regelung erfasst sind die Verstrickungsfälle durch Verstärkung des deutschen Besteuerungsrechts. Auch hier soll eine Verknüpfung mit dem Wert stattfinden, welchen der ausländische Staat angesetzt hat, was eine entsprechende Besteuerung im Ausland notwendig macht. Höchstens kommt der gemeine Wert zum Ansatz. Durch diese Regelung sollen Besteuerungslücken/Doppelbelastungen verhindert werden. Letztgenannte lassen sich dabei nicht vermeiden, wenn der Wert, der im Ausland maßgeblich war, den gemeinen Wert übersteigt.
Die Bewertungsgrundlage des gemeinen Wertes als Ausgangsgröße für die weiteren Bewertungsschritte (Folgebewertung) kann zumindest theoretisch die Frage nach einer anschließenden Teilwertabschreibung aufwerfen. Denn nach der Zugangsbewertung ist möglicherweise der Teilwert niedriger als der (fortgeführte) Buchwert auf der Grundlage des gemeinen Wertes.
Beispiel:
In einer ausländischen Freistellungs-Betriebsstätte befindet sich ein Großrechner, den der Hersteller nach zweijährigem Gebrauch zu 100 zurücknehmen würde. Das Unternehmen entscheidet sich stattdessen zum Transfer in das inländische Stammhaus, um mit Hilfe dieses Großrechners das dortige IT-Umfeld neu zu strukturieren.
Nach zwei Jahren – fortgeführter Buchwert nach Vornahme von AfA 60 – stellt sich die mangelnde Tauglichkeit des Großrechners für einen sinnvollen Einsatz in der IT-Infrastruktur heraus. Der Großrechner kann nur noch eingeschränkt für spezifische Aufgaben verwendet werden, für die ein marktgängiger Server mit AK von 20 ausreichen würde.
Es kann eine Teilwertabschreibung von 60 auf 20 vorgenommen werden.
Rn. 1192
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Die Bewertungsfreiheit für GWG (s Rn 1301ff) gilt auch bei der Zugangsbewertung mit dem gemeinen Wert in den hier genannten Verstrickungsvorgängen (§ 6 Abs 2 S 1 und 4 idF SEStEG).
Rn. 1193–1195
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
vorläufig frei