Jürgen Dräger, Tobias Müller
1. Überblick über den Regelungsinhalt und Tatbestandsmerkmale
Rn. 1820
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
§ 6 Abs 6 S 2 EStG enthält eine Regelung über die Erhöhung der AK der Beteiligung an einer KapGes für den Fall, dass eine Übertragung eines WG im Wege der verdeckten Einlage stattfindet. Aus der Bezugnahme der Regelung zu § 6 Abs 6 S 1 EStG wird geschlussfolgert, dass diese Regelung ausschließlich auf die Einlage von WG des BV Anwendung findet. Diese Auslegung erscheint nach dem Wortlaut der Regelung zutreffend.
Im Ergebnis sollte die Regelung jedoch auch sinngemäß bei Einlage von WG des PV zur Anwendung kommen. Die Frage der Anwendbarkeit bei Einlage von WG des PV (ohne vorherige Entnahme aus dem BV des einlegenden Gesellschafters) stellt sich auch im Zusammenhang mit § 6 Abs 6 S 3 EStG. Sofern diese Regelung nicht ausschließlich als Beschränkung, sondern als Ergänzung von § 6 Abs 6 S 2 EStG ausgelegt wird und damit allg die Erhöhung der AK in den Fällen nach § 6 Abs 1 Nr 5 Buchst a EStG bei Belegenheit der Anteile an der KapGes im BV regelt, ist eine Anwendung dieser Regelung auch bei Einlage von WG des PV denkbar.
Konkret bestimmt § 6 Abs 6 S 2 EStG, dass sich die AK der Beteiligung an der KapGes um den Teilwert des eingelegten WG erhöhen, wenn die Übertragung im Wege der verdeckten Einlage (und damit gerade nicht im Wege des Tausches, s Rn 1785) erfolgt. Diese Vorgabe erscheint sachgerecht, weil sowohl die Entnahme des WG aus dem nämlichen BV des einlegenden Gesellschafters nach § 6 Abs 1 Nr 4 EStG als auch die Einlage des WG in das BV der KapGes nach § 6 Abs 1 Nr 5 EStG (aufgrund von § 6 Abs 1 Nr 5 S 3 EStG auch in den Fällen des § 6 Abs 1 Nr 5 Buchst a EStG) mit dem Teilwert bewertet werden. Im Ergebnis kommt es dadurch zu einer Wertverknüpfung zwischen der Entnahme, Einlage und Erhöhung der AK.
§ 6 Abs 6 S 3 EStG (s Rn 1861) regelt als Beschränkung/Ergänzung dazu die Erhöhung der AK "in den Fällen des § 6 Abs 1 Nr 5 Buchst a EStG". In diesen Fällen erhöhen sich die AK um den "Einlagewert des WG". Die Frage, ob diese Regelung eine Ergänzung oder Beschränkung des § 6 Abs 6 S 2 EStG ist, ist bislang nicht höchstrichterlich geklärt. Nach der hier vertretenen Auffassung sollte die Regelung bei Belegenheit der Anteile an der KapGes im BV sowohl bei Einlage von WG des BV als auch des PV Anwendung sowie sinngemäß bei Belegenheit der Anteile an der KapGes im PV.
Beide Normen (also S 2 und S 3) regeln dabei ausschließlich die Bewertung der Beteiligung an der KapGes, in welche ein WG (nach hM des BV) verdeckt eingelegt wird. Sie finden einschränkend als Bewertungsvorschrift nur dann Anwendung, wenn die betroffene Beteiligung an der KapGes zum BV des einlegenden Gesellschafters gehört. Dabei ist die Voraussetzung auch dann erfüllt, wenn der Anteil erst infolge der verdeckten Einlage BV des Einlegenden wird (BFH v 20.07.2005, X R 22/02, BStBl II 2006, 457 Tz 27).
Im Ergebnis findet § 6 Abs 6 S 2 EStG also nur Anwendung, wenn sowohl das verdeckt eingelegte WG aus dem BV des einlegenden Gesellschafters stammt als auch die Beteiligung an der KapGes, in welches die Einlage erfolgt, zum BV des einlegenden Gesellschafters gehört. Die Regelung findet damit keine Anwendung, wenn die Anteile an der KapGes zum PV gehören. In diesen Fällen richtet sich die Bewertung nach den Grundsätzen der §§ 17, 20 EStG. Im Ergebnis sollten sich die AK der Beteiligung entsprechend erhöhen. Zu den Steuerfolgen in den anderen Sachverhalten s Rn 1821.
§ 6 Abs 6 S 2 und S 3 EStG enthalten zudem keine Regelung hinsichtlich der Bewertung des einlegten WG. Die Steuerfolgen bestimmen sich nach den allg Regelungen. Danach bestimmt sich die Bewertung des verdeckt eingelegten WG bei der KapGes nach § 6 Abs 1 Nr 5 EStG (so zB BFH v 11.02.1998, I R 89/97, BStBl II 1998, 691; BFH v 20.07.2005, X R 22/02, BStBl II 2006, 457; BFH v 14.03.2011, I R 40/10, BStBl II 2012, 281), so dass die Bewertung mit dem Teilwert erfolgt.
Da der verdeckten Einlage auf Seiten des Einlegenden eine Entnahme des WG aus dem nämlichen BV (BFH v 18.12.1990, VIII R 17/85, BStBl II 1991, 512; BFH v 20.07.2005, X R 22/02, BStBl II 2006, 457; BFH v 11.02.2009, X R 56/06, BFH/NV 2009, 1411) vorausgeht, gilt dies auch in den Fällen des § 6 Abs 1 Nr 5 Buchst a EStG. Denn § 6 Abs 1 Nr 5 S 3 EStG bestimmt, dass an die Stelle der AK/HK der Teilwert des WG tritt, wenn die Einlage ein WG ist, das vor der Zuführung aus einem BV des StPfl entnommen worden ist.
Zudem sieht die Regelung vor, dass an die Stelle des Zeitpunkts der Anschaffung oder Herstellung der Zeitpunkt der Entnahme tritt. Die Entnahme ist daher in jedem Fall erfolgswirksam (vgl zB Krumm in Brandis/Heuermann, § 6 EStG Rz 1310 (05/2023); aA Eckstein in H/H/R, § 6 EStG Rz 1728 (08/2021), der dieser Auffassung nicht folgt und betont, dass diese Rspr zur Einlage von Anteilen im PV ergangen ist und daher ein Ausscheiden des WG zum Buchwert für möglich hält.
Diese Auffassung vertreten aufgrund von § 6 Abs 6 S 3 EStG auch andere Autoren, hier wird diese Auffassung allerdings wegen § 6 Abs 1 Nr 5 S 3 EStG ab...