Rn. 190
Stand: EL 154 – ET: 11/2021
Bei WG des BV ist die "Gesamtdauer der Verwendung/Nutzung" nach der "betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer" zu bestimmen. Diese Formulierung in § 7 Abs 1 S 2 EStG meint, dass die besonderen betrieblichen Verhältnisse zu beachten sind, unter denen das WG eingesetzt wird (BFH BStBl II 1998, 59; 2001, 311; 2011, 696; 2011, 709; FG D'dorf 11 K 3321/17, BB 2021, 1520 rkr, mit Anm Münch, BB 2021, 1522; Schnitter in Frotscher/Geurts, § 7 EStG Rz 270). Damit wird berücksichtigt, dass dasselbe WG bei unterschiedlichen betrieblichen Anforderungen eine unterschiedliche Nutzungsdauer haben kann.
Dabei sind folgende Punkte zu beachten (in ABC-Form):
Betriebsindividuelle Nutzung irrelevant
Ausgangspunkt der Schätzung ist nicht die betriebsindividuelle Nutzungsdauer, sondern die objektive Nutzbarkeit eines WG unter Berücksichtigung der besonderen betriebstypischen Beanspruchung (BFH BStBl II 2011, 696; 2011, 709; FG D'dorf 11 K 3321/17, BB 2021, 1520 rkr, mit Anm Münch, BB 2021, 1522; Schnitter in Frotscher/Geurts, § 7 EStG Rz 270).
Drohende Enteignung
Die drohende Enteignung eines WG reduziert dessen betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer nicht (FG BdW EFG 1994, 1040 rkr).
Gebrauchtes WG
Hier ist auf Zeitdauer abzustellen, in der das WG vom StPfl noch verwendet oder genutzt werden kann (= Restnutzungsdauer; BFH BStBl II 1977, 60), es entscheiden grds die AfA-Tabellen (s Rn 192ff), auch wenn der StPfl plant, WG vor Ablauf der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer zu veräußern (BFH BStBl II 2009, 899).
Gewöhnliche Lebensdauer
Diese ist nicht maßgeblich, da es auf die objektivierte Nutzungsdauer ankommt (s "Betriebsindividuelle Nutzung irrelevant". § 86 Abs 1 S 1 BewG (wird ab 01.01.2025 aufgehoben, s Art 2 Nr 1 q des Gesetzes zur Reform des Grundsteuer- und BewertungsG v 26.11.2019, BGBl I 2019, 1794) verwendet diesen Begriff und stellt dabei auf eine typisierte Lebensdauer ab (BFH BStBl II 1980, 561).
Going concern
Bei der Schätzung ist davon auszugehen, dass der Betrieb fortgeführt und nicht stillgelegt wird.
Schätzung
Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer ist zu schätzen, und zwar unter Berücksichtigung der besonderen Anforderungen, die der Betrieb des StPfl an das betreffende WG stellt.
Tatsächliche/voraussichtliche Nutzungsdauer
Nicht maßgeblich, da es auf die objektive Nutzbarkeit des WG unter Berücksichtigung der besonderen betriebstypischen Beanspruchung ankommt (BFH BStBl II 2001, 311).
Verlustzuweisungsgesellschaft
s Rn 195.
Vorzeitige Veräußerung
Eine Veräußerung des WG vor dem technischen oder wirtschaftlichem Totalverzehr reduziert die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer nicht (BFH BStBl II 1992, 1000; 1998, 59; BFH/NV 1993, 599; Schnitter in Frotscher/Geurts, § 7 EStG Rz 271).