Rn. 324
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Grundsätzlich ist unerheblich, ob und inwieweit die Darlehensaufnahme zur Finanzierung der AK erforderlich war, dh, ob der StPfl die Ausgaben nicht (teilweise) hätte aus eigenen Mitteln bezahlen können (BFH v 04.07.1990, GrS 2–3/88, BStBl II 1990, 817). Dem StPfl steht es im Rahmen seiner Finanzierungsfreiheit (BFH v 08.12.1997, GrS 1–2/95, BStBl II 1998, 193) offen, ob er sich dazu entschließt, Eigenmittel oder FK zur Einkünfteerzielung einzusetzen.
Rn. 325
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Unbeachtlich ist insoweit auch, weshalb der StPfl eventuell vorhandene eigene Mittel nicht zur Bestreitung der zur Einkünfteerzielung aufgewendeten Ausgaben nutzt, ob also für die Kreditaufnahme neben der Absicht, ein WG zur Einkünfteerzielung zu finanzieren, weitere private Überlegungen mitursächlich sind (BFH v 08.12.1997, GrS 1–2/95, BStBl II 1998, 193). Es ist daher unschädlich, wenn hierbei auch Steuerersparnisgründe eine Rolle spielen; dies allein führt noch nicht zu einem Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO.
Rn. 326
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Für den StPfl besteht daher die Möglichkeit, über eine Kontentrennung – sog "Zwei- oder Mehr-Konten-Modell" – ein Darlehen zur Finanzierung der AK/HK, von Erhaltungsaufwendungen oÄ aufzunehmen und die Schuldzinsen hierfür als WK anzusetzen sowie die (gesamten) Einnahmen über ein anderes Konto zu verbuchen und sie zur Finanzierung der privaten Lebensführung oder privaten Anschaffungen zu verwenden. Der StPfl ist insbesondere nicht verpflichtet, die aus der Verwendung des WG erzielten Einnahmen zur Darlehenstilgung oder zur Zahlung von laufenden Aufwendungen für das WG zu verwenden (zu den Besonderheiten bei der Finanzierung über ein gemischt genutztes Kontokorrentkonto s Rn 342f).
Diese Gestaltungsmöglichkeit ist nicht auf die (typischen) Fälle des Erwerbs eines zur Vermietung bestimmten Hauses oder einer Wohnung beschränkt. Jeder StPfl, der Aufwendungen in nennenswerten Umfang für seine Einkünfteerzielung hat (zB zum Erwerb von Wertpapieren, zur Zahlung von größeren Reise- oder Arbeitsmittelkosten eines ArbN – vgl Wolff-Diepenbrock, DStR 1998, 185 – oder für die Refinanzierung eines dem ArbG gewährten Darlehens) und daneben für private Zwecke FK benötigt, kann diese Möglichkeit nutzen. Er kann dabei entweder – bei einem gemischt genutzten Kontokorrentkonto mittels Zinsstaffelmethode – die auf die Einkünfteerzielung anteilig entfallenden Schuldzinsen als WK ansetzen oder seine WK von einem besonderen "Kredit-gespeisten" Konto zahlen, die Schuldzinsen für dieses Konto als WK ansetzen und seine (laufenden) Einnahmen zur Tilgung der privaten Verbindlichkeiten auf einem zweiten Konto verwenden.
Die vom BFH anhand der Gewinneinkünfte entwickelten Grundsätze zur Kontentrennung sind in der Form nach Einführung von § 4 Abs 4a EStG durch das StEntlG 1999/2000/2002 v 24.03.1999, BGBl I 1999, 402 nur noch für den hier vorliegenden Bereich der Überschusseinkünfte anwendbar (vgl Hegemann/Querbach, DStR 2000, 408; Kohlhaas, DStR 2000, 901; v Bornhaupt in K/S/M, § 9 EStG Rz C 178e). Die ursprüngliche Geltung dieser Norm durch Bezugnahme im geänderten § 9 Abs 5 EStG auch für Überschusseinkünfte wurde durch das StBereinG 1999 v 22.12.1999, BStBl I 2000, 13 wieder fallen gelassen.
Rn. 327
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Hat der StPfl eine Finanzierungsentscheidung aber einmal getroffen, zB das EK zum Zwecke der Einkünfteerzielung eingesetzt und ist daher (später) gezwungen, zur Erfüllung einer Verpflichtung aus dem Bereich seiner privaten Lebenssphäre einen Kredit aufzunehmen, kann er diese Kreditaufnahme nicht durch bloße Willensentscheidung dem Bereich der Einkünfteerzielung zuordnen (BFH v 19.08.1998, X R 96/95, BStBl II 1999, 353; hierzu auch s Rn 293), weil für die steuerliche Würdigung allein der tatsächliche Geschehensablauf ausschlaggebend ist, nicht welchen Sachverhalt der StPfl alternativ dazu hätte verwirklichen können (BFH v 01.07.2003, VIII R 30/02, BFH/NV 2003, 1560).
Rn. 328–329
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vorläufig frei