Dr. Carl Ulrich Hildesheim
Rn. 1
Stand: EL 172 – ET: 04/2024
Die Vorschrift wurde 1955 in das Gesetz aufgenommen (zuvor § 14 EStDV aF); die 1975 geänderte Fassung galt bis 1989; die durch das SteuerreformG 1990 geänderte Fassung gilt ab 1990.
Die Höhe der Pauschalen ist wiederholt geändert worden; mit Wirkung ab 1990 wurde insb die WK-Pauschale für ArbN zum ArbN-Pauschbetrag gemäß Nr 1 umgestaltet und von 564 DM auf 2 000 DM angehoben.
Durch das JStG 1996 ist bei der VuV von Wohngebäuden ein Pauschbetrag nach Nr 2 eingeführt worden. Dieser Pauschbetrag ist jedoch durch das StEntlG 1999/2000/2002 vom 24.03.1999 (BGBl I 1999, 402) mit Wirkung ab 01.01.1999 wieder entfallen.
Mit dem StEuglG vom 19.12.2000 (BGBl I 2000, 1790) ist zum Beginn des Jahres 2002 die Euro-Umstellung erfolgt.
Durch das AVmG vom 26.06.2001 (BGBl I 2001, 1310) ist § 9a S 1 Nr 3 EStG um den Hinweis auf den neuen § 22 Nr 5 EStG ergänzt worden.
Das HBeglG vom 29.12.2003 (BGBl I 2003, 3076) hat den ArbN-Pauschbetrag mit Wirkung vom VZ 2004 von 1 044 EUR auf 920 EUR gesenkt. Die Herabsetzung, die Teil der Gegenfinanzierung der erfolgten Tarifabsenkung war, tangiert freilich die von § 9a EStG bezweckte Vereinfachung. Verfassungsrechtliche Bedenken ergaben sich mE aber nicht (so auch BMF vom 12.03.2004, BStBl I 2004, 120).
Mit dem AltEinkG vom 05.07.2004 (BGBl I 2004, 1427) entfällt der ArbN-Pauschbetrag ab dem 01.01.2005 für Bezieher von Beamten- und Werkspensionen; sie erhalten nur noch den allg WK-Pauschbetrag in Höhe von 102 EUR (§ 9a S 1 Nr 1 Buchst b EStG).
Durch das Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung vom 26.04.2006 (BGBl I 2006, 1091) ist § 9a S 1 Nr 1 Buchst a Hs 2 EStG angehängt worden; danach sind Aufwendungen nach § 4f EStG daneben gesondert abzuziehen (s Rn 11a).
Mit dem UnternehmensteuerreformG vom 14.08.2007 (BGBl I 2007, 1912) wird § 9a S 1 Nr 2 EStG gestrichen, da der bisherige WK-Pauschbetrag in dem ab 2009 geltenden "Sparer-Pauschbetrag" gemäß § 20 Abs 9 EStG aufgeht (s Rn 13).
Durch das FamLeistG vom 22.12.2008 (BStBl I 2009, 136) wurde der Verweis in § 9a S 1 Nr 1 Buchst a EStG auf § 4f EStG durch einen Verweis auf § 9c Abs 1 und 3 EStG ersetzt (redaktionelle Folgeänderung im Hinblick auf die Zusammenfassung der Vorschriften zu den Kinderbetreuungskosten).
Durch das JStG 2010 vom 08.12.2010 (BGBl I 2010, 1768) ist § 9a S 1 Nr 3 EStG um einen Hinweis auf § 22 Nr 1b und 1c EStG ergänzt worden (Sicherstellung des WK-Pauschbetrages bei diesen Einkünften).
Mit dem StVereinfG vom 01.11.2011 (BGBl I 2011, 2131) wurde der ArbN-Pauschbetrag von 920 EUR auf 1 000 EUR mW ab Dezember des VZ 2011 angehoben und der Verweis auf § 9c Abs 1 und 3 EStG (Kinderbetreuungskosten bis VZ 2011) gestrichen.
Durch Art 5 Nr 7 ZollkodexAnpG vom 22.12.2014 (BGBl I 2014, 2417) wurde ab dem 01.01.2015 (Art 16 Abs 2 ZollkodexAnpG) in § 9a S 1 Nr 3 EStG die Bezugnahme auf § 22 Nr 1b und Nr 1c EStG gestrichen. Es handelt sich um eine Folgeänderung aus der Zusammenfassung der Tatbestände aus § 22 Nr 1a, 1b und 1c EStG in einem neuen § 22 Nr 1a EStG (BT-Drucks 18/3441, 55). Eine materielle Änderung ist damit nicht verbunden.
Mit dem StEntlG 2022 vom 23.05.2022 (BGBl I 2022, 749) ist der ArbN-Pauschbetrag rückwirkend zum 01.01.2022 von 1 000 EUR auf 1 200 EUR erhöht worden.
Durch das JStG 2022 vom 16.12.2022 (BGBl I 2022, 2294) ist mit Wirkung ab dem 01.01.2023 in § 9a Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst a EStG der ArbN-Pauschbetrag erneut erhöht worden, und zwar von 1 200 EUR auf 1 230 EUR.
Rn. 2
Stand: EL 172 – ET: 04/2024
Zweck der Vorschrift ist die – verfassungsrechtlich gebotene – Steuervereinfachung (s nur BVerfG BStBl II 1997, 518; s zuletzt BFH BStBl II 2015, 182 mwN).
- Auf der einen Seite soll dem StPfl der Einzelnachweis der WK und
- andererseits dem FA die entsprechende Überprüfung erspart bleiben.
Der StPfl hat ein Recht auf die Berücksichtigung der Pauschbeträge, gleichgültig, ob er WK überhaupt oder in dieser Höhe aufgewendet hat. Insofern kann § 9a EStG zu fiktiven WK führen; FG Sa EFG 1984, 174 spricht von nicht widerlegbarer gesetzlicher Vermutung, beruhend auf einer Schätzung nach Erfahrungswerten.
Der Ansatz des Pauschbetrages kann im Einzelfall dazu führen, dass die Einkünfte bei 0 EUR liegen (FG RP vom 08.12.2015, 3 K 2224/13); zur weiteren Grenzziehung s Rn 20 zu § 9a S 2 EStG. Die Pauschsätze sind WK iSd § 2 Abs 2, § 9 Abs 1 S 1 EStG.
§ 9a EStG ist lex specialis zu § 9 EStG (Oertel in Kirchhof/Seer, § 9a EStG Rz 1 (22. Aufl); vgl auch Thürmer in Brandis/Heuermann, § 9a EStG Rz 12 (November 2023) "konstitutive Sonderregelung zu § 9").
Nach der gesetzlichen Systematik gehört § 9a EStG zu den Einkünfteermittlungsvorschriften im Bereich der Überschusseinkunftsarten. Eine entsprechende Vorschrift im Bereich der BA gibt es nicht.