rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterlassungsanspruch. Kooperationsvereinbarung. Hausapothekenmodell. Passivlegitimation. Anordnungsgrund. Vertragsfreiheit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 75 Abs. 5 SGG will alleine bewirken, dass die Verurteilung eines anderen als des ursprünglich angegangenen Versicherungsträgers ermöglicht wird.

2. Zwar kann nach dem Wortlaut des § 86b Abs. 2 SGG für die Bejahung eines wesentlichen Nachteils allein eine Existenzgefährdung eines Antragstellers nicht verlangt werden. Andererseits rechtfertigt nicht jeder zu erwartende Nachteil den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Nur die vage Möglichkeit spürbarer und damit wesentlicher – wirtschaftlicher – Konsequenzen genügt nicht.

3. Das Fehlen eines Anordnungsgrundes ist ausnahmsweise unerheblich, wenn der Anordnungsanspruch offensichtlich gegeben ist.

4. Bei der Kooperationsvereinbarung zur Intensivierung der Kooperation bei der qualitätsorientierten Versorgung der Versicherten zwischen der Barmer Ersatzkasse und dem Deutschen Apothekerverband e.V., dieser handelnd für diverse Landesapothekerverbände handelt es sich ersichtlich nicht um einen Rahmenvertrag im Sinne des § 129 Abs. 2 SGB V.

5. Der Grundsatz der völligen Vertragsfreiheit ist mit der durch die Neufassung des § 69 SGB V zum 1.1.2000 erfolgten Zuweisung sämtlicher Beziehungen der Leistungserbringer zu den Krankenkassen zum öffentlichen Recht kaum in Einklang zu bringen.

 

Normenkette

SGB V §§ 69, 129, 31 Abs. 1; SGB IV § 30; BGB §§ 1004, 823; SGG § 86b Abs. 2

 

Verfahrensgang

SG Köln (Aktenzeichen S 9 KR 254/03 ER)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über den Vollzug einer Vereinbarung zwischen der Barmer Ersatzkasse (Beigeladene zu 1) und dem Deutschen Apothekerverband e.V. (DAV - Antragsgegner), dieser "handelnd für" diverse Landesapothekerverbände, zur "Intensivierung der Kooperation bei der qualitätsorientierten Versorgung der Versicherten" (im Folgenden: Kooperationsvereinbarung - KV) vom 28.10.2003.

Gemäß § 1 KV streben die Vertragspartner mit dieser Kooperationsvereinbarung eine intensive und enge Zusammenarbeit im Gesundheitswesen an. Im Mittelpunkt der Kooperation steht das spezifisch weiter entwickelte Element eines Hausapothekenmodells. Die Kooperation soll im besonderen Maße die Qualität der Versorgung der Versicherten der Beigeladenen zu 1) im Arzneimittelbereich optimieren, d.h. zu einer intensiveren Betreuung und Beratung führen sowie einen weiter verbesserten, kundenorientierten Service und eine qualifizierte Begleitung bei der Arzneimitteltherapie ermöglichen.

Gemäß § 2 KV entfaltet die Vereinbarung Rechtswirkung für die öffentlichen Apotheken, die von der nach dem Sitz der Apotheke zuständigen Mitgliedsorganisation des DAV - dem Landesapothekerverband (LAV) - eine Teilnahmeberechtigung erhalten haben. Gemäß § 2 Abs.3 KV können auch Nichtmitglieder eines LAV am Hausapothekenmodell teilnehmen. Der LAV darf die Erteilung der Teilnahmeberechtigung und die Erbringung von Leistungen der Mitgliedsorganisationen in Zusammenhang mit diesem Vertrag von der Zahlung angemessener Gebühren abhängig machen.

§ 3 KV benennt den Kreis der teilnahmeberechtigten Versicherten. Gemäß dessen Absatz 1 ist Voraussetzung für die Inanspruchnahme von spezifischen Leistungen gemäß der KV, dass Versicherte sich in einer teilnehmenden Apotheke einschreiben. Die Einschreibung setzt wiederum voraus, dass der/die Versicherte a) Mitglied der Beigeladenen zu 1) ist, b) eine nach § 2 teilnehmende Apotheke als "Barmer-Service-Apotheke" bestimmt hat, c) nicht bereits bei einer anderen Apotheke eingeschrieben ist und d) ihre/seine Einwilligung zur Verarbeitung der versichertenspezifischen Daten im Rahmen der Bestimmungen der KV gegeben hat.

Gemäß Abs. 3 ist der/die Versicherte in der Auswahl unter den teilnehmenden Apotheken frei. Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ist die Kündigung der Einschreibung bei der bisherigen "Barmer-Service-Apotheke" (im Folgenden: "BSA") ohne Einhaltung einer Frist, bei Fehlen eines wichtigen Grundes mit einer Frist von zwei Wochen zum Ende eines Kalendervierteljahres zulässig. Einen wichtigen Grund stellt danach insbesondere der Wegzug der/des Versicherten aus dem Einzugsbereich der Apotheke dar.

§ 4 Abs. 1 KV regelt ein einheitliches Marketing unter der Bezeichnung "BSA".

§ 6 KV sieht bestimmte Serviceleistungen der Apotheken vor. § 6 Abs. 3 KV regelt einen sog. "Home-Service", nach Abs. 4 wird ein "Arznei-Service" zur Verfügung gestellt werden, der eine Prüfung von etwaigen kritischen Wechselwirkungen, Nebenwirkungen und Kontraindikationen sicherstellen und eine intensive Beratung der Versicherten in allen Arzneimittelfragen ermöglichen soll. Hierzu führt die Apotheke für jeden teilnehmenden Versicherten nach dessen schriftlicher Zustimmung eine laufend zu ergänzende Medikationsdatei unter Berücksichtigung der Selbstmedikation. § 6 Abs. 5 KV si...

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