Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährung zur Rentenversicherung geschuldeter Beiträge
Orientierungssatz
1. Der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung unterliegen nach § 1 S. 1 Nr. 1 SGB 6 Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Das gilt nicht, wenn eine zur Entgeltgeringfügigkeit führende Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB 4 vorliegt, die nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 SGB 6 auch zur Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung führt. In diesem Fall besteht nur die Pflicht zur Abführung pauschaler Sozialversicherungsbeiträge für den Arbeitgeber in der Kranken- und Rentenversicherung.
2. Nach § 25 Abs. 1 S. 1 SGB 4 verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren. Werden Beiträge vorsätzlich vorenthalten, so gilt nach S. 2 die dreißigjährige Verjährung.
3. § 25 Abs. 1 S. 2 SGB 4 gilt auch dann, wenn der Vorsatz zur Vorenthaltung der Beiträge bei ihrer Fälligkeit noch nicht vorlag, jedoch bis zum Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist eingetreten ist (BSG Urteil vom 30. 3. 2000, B 12 KR 14/99 R). Bedingter Vorsatz reicht aus.
Tenor
Auf die Beschwerden des Antragstellers und der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 18.6.2015 geändert und wie folgt neu gefasst: Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid vom 24.3.2015 wird angeordnet, soweit mit diesem die Nacherhebung von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung nebst Umlagebeiträgen für den Zeitraum vom 1.6.2006 bis zum 31.12.2008 und die Erhebung von Säumniszuschlägen für den Zeitraum bis zum 31.5.2013 angefochten werden. Im Übrigen werden der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt und die Beschwerden zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen der Antragsteller und die Antragsgegnerin jeweils zur Hälfte mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst zu tragen haben.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 21.761,31 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Gewährung vorläufigen Rechtschutz gegen einen Betriebsprüfungsbescheid (§ 28p Abs. 1 Satz 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) der Antragsgegnerin, mit dem diese den Antragsteller auf Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung und Säumniszuschlägen (§ 24 SGB IV) in Anspruch nimmt.
Der Antragsteller gründete im Jahr 1968 einen Handwerksbetrieb zur Gas-, Wasser- und Heizungsinstallation, den er als Einzelunternehmer betreibt.
Der Sohn des Antragstellers, der am 00.00.1977 geborene Beigeladene zu 2), ist nach erfolgreicher Ablegung der Gesellenprüfung seit dem 1.6.1999 in dem Betrieb des Antragstellers als Gas- und Wasserinstallateur tätig. Er war bis zum 31.5.2006 pflichtversichertes Mitglied der damaligen Vereinigten IKK. Nachdem er mit Wirkung zum 1.6.2006 in die Mitgliedschaft der Beigeladenen zu 1) gewechselt war, stellte diese auf Antrag des Beigeladenen zu 2) mit Bescheid vom 18.7.2006 fest, dass Letzterer ab dem 1.6.2006, dem Zeitpunkt des Beginns der Mitgliedschaft, zum "Personenkreis der Selbständigen" gehöre und eine Erstattung zu Unrecht geleisteter Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung beanspruchen könne. Auf den Inhalt des Bescheides vom 18.7.2006 wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Auf Anregung der Beigeladenen zu 1) beantragte der Beigeladene zu 2) sodann bei der damaligen Vereinigten IKK die Feststellung des Nichtbestehens einer Versicherungspflicht für den Zeitraum ab dem 1.6.1999 bis zum 31.5.2006. Nach Ablehnung des Antrags (Bescheid v. 3.8.2007; Widerspruchsbescheid v. 26.11.2007) erhob der Beigeladene zu 2) Klage zum Sozialgericht (SG) Dortmund mit dem Ziel der Feststellung, dass er in seiner für den Antragsteller im Zeitraum vom 1.6.1999 bis zum 31.5.2006 ausgeübten Tätigkeit in sämtlichen Zweigen der Sozialversicherung keiner Versicherungspflicht unterlegen habe (Az.: S 12 KR 134/07). Zu diesem Rechtsstreit wurde mit Beschluss vom 5.5.2008 u.a. der Antragsteller beigeladen (Postzustellungsurkunde [PZU] v. 30.5.2008). Nachdem die Antragsgegnerin nach Beiladung durch das SG (Beschluss v. 16.7.2008) Kenntnis von dem Inhalt des Bescheides der Beigeladenen zu 1) vom 18.7.2006 erlangt hatte, äußerte sie im Zuge des Rechtsstreits unter dem 26.8.2008 zunächst schriftlich Zweifel, ob sich die versicherungsrechtlichen Verhältnisse des Beigeladenen zu 2) mit Wirkung zum 1.6.2006 geändert hätten. Der Beigeladene zu 2) werde nach Maßgabe der aktenkundigen Erkenntnisgrundlagen vielmehr im Rahmen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses im Betrieb des Antragstellers tätig. Weder die Branchenkenntnis noch die familiäre Bindung zu dem Antragsteller stehe der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses entgegen. Auf den Inhalt des Schriftsatzes der Antragsgegnerin vom 26.8.2008 wird Bezug genommen.
Am 26.11.2008 erhob die Antragsgegnerin Klage gegen die Beigeladene zu 1) zum SG Münster (Az.: S 17 (11) KR 22/09) mit dem Ziel der Aufhebung...