Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
1. Arbeitgeber i.S.d. § 41a Abs. 4 EStG ist der zum LSt-Einbehalt nach § 38 Abs. 3 EStG Verpflichtete. Dies ist regelmäßig der Vertragspartner des Arbeitnehmers aus dem Dienstvertrag.
2. § 41a Abs. 4 EStG setzt voraus, dass die Arbeitnehmer zusammenhängend 183 Tage auf eigenen oder gecharterten Schiffen des Arbeitgebers tätig sind. Einsatzzeiten auf Schiffen Dritter bleiben hierbei unberücksichtigt.
Normenkette
§ 41a Abs. 1, Abs. 4, § 38 Abs. 3, § 42d EStG, § 24 SeemG
Sachverhalt
K betrieb das Frachtschiff MS W als KG (Einschiffsgesellschaft). W, Ks Komplementär, war bis 31.12.2001 für die Bereederung zuständig, danach die B-KG. W war auch Kommanditist der B-KG und Geschäftsführer der Komplementärin, der S-GmbH. Die B-KG erwarb von W einen Anteil an K. Nach dem Bereederungsvertrag war die B-KG als Vertragsreeder u.a. für die Bemannung der MS W zuständig. Dabei konnte sie ihre Aufgaben entweder in eigenem Namen oder im Namen Ks wahrnehmen. Die B-KG schloss mit weiteren Einschiffsgesellschaften, jeweils KGs, entsprechende Bereederungsverträge. Sie war auch für die Bemannung der MS X, MS Y und MS Z zuständig. Auch an diesen von ihr bereederten drei Gesellschaften beteiligte sich die B-KG in geringem Umfang als Komplementärin neben W, der jeweils der Hauptkomplementär war. K meldete LSt für die Seeleute an und kürzte sie nach § 41a Abs. 4 EStG um 40 % auch für die Seeleute, die zwar zum Abrechnungszeitpunkt auf der MS W tätig waren, dort aber nicht zusammenhängend an 183 Tagen. Einige waren zeitweise auch auf der MS X, der MS Y sowie der MS Z eingesetzt und erhielten dort ihre Heuer. Nach einer LSt-Außenprüfung nahm das FA K als Arbeitgeber für LSt in Haftung, weil die Voraussetzungen für eine Kürzung (183 Tage Verweildauer der Arbeitnehmer auf einem Schiff desselben Arbeitgebers) insoweit nicht vorgelegen hätten, als Zeiten auf anderen Schiffen anderer Einschiffsgesellschaften berücksichtigt worden seien. Die Klage blieb erfolglos (Niedersächsisches FG, Urteil vom 30.09.2010, 11 K 84/08, Haufe-Index 2552313, EFG 2011, 530).
Entscheidung
Der BFH folgte im Ergebnis der Auffassung des FA und des FG aus den unter den Praxis-Hinweisen erläuterten Gründen.
Hinweis
§ 41a Abs. 4 S. 1 EStG wird in der Literatur teilweise heftig kritisiert ("Lobbygesetz, Legalisierung der LSt-Unterschlagung"). Arbeitgeber, die eigene oder gecharterte Handelsschiffe betreiben, dürfen danach von der LSt, die auf Besatzungsmitglieder entfällt, die auf solchen Schiffen in einem zusammenhängenden Arbeitsverhältnis von mehr als 183 Tagen beschäftigt sind, 40 % abziehen und einbehalten. Weil hier diverse – stets als KG gegründete – "Einschiffsgesellschaften" betrieben wurden, an denen jeweils auch W eine Beteiligung hielt, war streitig, ob K oder auch W als Arbeitgeber i.S.d. § 41a Abs. 4 EStG anzusehen ist (1.). Ferner galt es zu klären, ob K die LSt ebenfalls für Arbeitnehmer kürzen durfte, die nicht mehr als 183 Tage zusammenhängend auf der MS W eingesetzt waren (2.).
1.§ 41a Abs. 4 EStG begünstigt nur den Arbeitgeber; das ist der, dem der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung schuldet, unter dessen Leitung er tätig wird und dessen Weisung er zu befolgen hat (§ 38 Abs. 3 EStG, § 1 Abs. 2 LStDV). Das ist regelmäßig der Vertragspartner aus dem Dienstvertrag. Bei einem Heuerverhältnis ergibt sich dies aus dem Heuerschein (§ 24 SeemG). Dementsprechend schloss sich der BFH dem FG an, dass allein K und nicht auch W i.S.d. § 41a Abs. 4 EStG Arbeitgeber der auf der MS W tätigen Seeleute war. Denn die Heuerscheine trugen Ks Firmenstempel und waren von W oder einer anderen unstreitig vertretungsbefugten Person unterschrieben. An Ks Arbeitgebereigenschaft änderte auch die Gründung der B-KG nichts. Denn die Zuständigkeit der B-KG für die Bemannung machte sie nicht zum Arbeitgeber.
2.§ 41a Abs. 4 EStG setzt voraus, dass ein Arbeitnehmer zusammenhängend 183 Tage auf eigenen oder gecharterten Handelsschiffen des Arbeitgebers tätig ist. Wechselt er auf das Schiff eines Dritten, endet der erforderliche zeitliche Zusammenhang. Nach dem eindeutigen Wortlaut sind Beschäftigungszeiten auf Schiffen verschiedener Eigentümer nicht zusammenzurechnen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 13.07.2011 – VI R 84/10