Rz. 12
Werden Sie in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig, erhalten Sie die Gebühren dennoch nur einmal. Es kommt jedoch zu einer Gebührenerhöhung. Wann diese greift, ist im Vergütungsverzeichnis (VV RVG 1008) geregelt. Danach werden Sie auch dann für mehrere Auftraggeber tätig, wenn Auftraggeber in derselben Angelegenheit mehrere Personen sind. Ist dies der Fall, soll es nicht darauf ankommen, ob gegenüber dem RA bzw. StB eine oder mehrere dieser Personen auftreten, denn selbst wenn eine Personenmehrheit eine Person bevollmächtigt, gegenüber dem RA/StB aufzutreten, kann dies für den RA/StB zu einem erhöhten Haftungsrisiko führen. Dieses Risiko wird berücksichtigt.
Rz. 13
Fraglich ist, ob sich die Gebührenerhöhung von 0,3 auf den Gebührensatz oder auf den Gebührenbetrag bezieht. Die Ergebnisse wären sehr unterschiedlich. Geht man von einer 0,5 Gebühr aus, so käme es bei einer Erhöhung des Gebührensatzes zu einer 0,8 Gebühr, bei einer Erhöhung des Gebührenbetrages im Endeffekt zu einer Erhöhung auf 0,65 Gebühren. Liest man die Begründung des Gesetzgebers, muss davon ausgegangen werden, dass eine Erhöhung des Gebührensatzes gewollt war, denn bei den Erläuterungen zur VV RVG 1008 wird ausgeführt: "Der Erhöhungsfaktor von 0,3 erhöht jede Gebühr unabhängig von ihrem Gebührensatz um diesen Faktor. So erhöht sich z. B. eine Gebühr von 1,0 auf 1,3 und eine Gebühr von 0,5 auf 0,8 ..." Es kann daher klar festgehalten werden, dass eine Erhöhung des Gebührensatzes gewollt ist (VV RVG 1008 Abs. 4). Mehrere Erhöhungen dürfen einen Gebührensatz von 2,0 jedoch nicht übersteigen (VV RVG 1008 Abs. 3).
In finanzgerichtlichen Verfahren muss im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens die im Vorverfahren verdiente Geschäftsgebühr hälftig, maximal in Höhe einer 0,75fachen Gebühr angerechnet werden (Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG). Ob die Erhöhungsgebühren für mehrere Auftraggeber dort mit einfließen, ist strittig. Eine ausführliche Abhandlung hierzu erhalten Sie in VStB Kennzahl 5150 und VStB Kennzahl 5160.
Der Auftraggeber schuldet dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen, die er schulden würde, wenn der Rechtsanwalt nur in seinem Auftrag tätig geworden wäre; die Dokumentenpauschale nach VV RVG 7000 schuldet er auch insoweit, wie diese nur durch die Unterrichtung mehrerer Auftraggeber entstanden ist.
Rz. 14
Voraussetzungen für die Gebührenerhöhung sind:
- eine Mehrheit von Auftraggebern (s. u.) und
- Sie werden auftragsgemäß gleichzeitig tätig und
- es handelt sich um die gleiche Angelegenheit. Dies ist i. d. R. dann der
Fall, wenn die gleiche Rechtsfrage bei den Auftraggebern im Raum steht. Die Gleichheit des Verfahrensgegenstand ist aber z. B. dann zu verneinen, wenn es sich zwar um den gleichen angefochtenen Haftungsbescheid handelt, aber jeder Auftraggeber den Rechtsbehelf anders begründet und aufgrund einer starken inhaltlichen Abweichung nicht mehr von einer gleichen Rechtsfrage ausgegangen werden kann. Diese Verfahren können Sie dann in vollem Umfang abrechnen.
Mehrere Auftraggeber können auch Ehegatten sein, z. B. bei der Anfechtung eines Einkommensteuerbescheides (FG Köln v. 05. 07. 2010 – 10 Ko 4058/09, n. v.). Ebenso sind Erbengemeinschaften "mehrere Auftraggeber". Die Erbengemeinschaft ist weder rechts- noch parteifähig (BGH v. 17. 10. 2006 – VIII ZB 94/05, DStR 2007, 167). Die (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts besitzt Rechtsfähigkeit, soweit sie durch die Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet (BGH v. 29. 01. 2001 – II ZR 331/100, DB 2001, 423). In diesem Rahmen ist sie demnach im Zivilprozess zugleich aktiv wie passiv parteifähig. Im Falle einer Klage der BGB-Gesellschaft bzgl. Umsatzsteuer ist somit nur von einem Auftraggeber auszugehen; etwas anderes gilt, wenn die Gesellschafter gegen die einheitlichen und gesonderten Feststellungsbescheide klagen; hier ist dann wieder von mehreren Auftraggebern auszugehen. Eine andere Auffassung hierzu vertritt das FG Düsseldorf (Beschluss v. 12. 05. 2010 – 15 Ko 4622/09 KF, EFG 2011, 271). Es sieht in der Addierung der Gegenstandswerte der Beteiligten, verursacht durch den gesamten Streitwert im Rahmen der Zusammenfassung aller Beteiligten, in dem einheitlich festzustellenden Ergebnis bereits die Mehrarbeit als abgegolten an. Das FG Köln (Beschluss v. 23. 04. 2012, 10 Ko 1766/11, EFG 2012, 1498) hat diese Auffassung ebenfalls vertreten. Ich kann der Argumentation der Finanzgerichte Düsseldorf und Köln nicht folgen. Streitgegenstand ist der einheitliche und gesonderte Feststellungsbescheid. Er wirkt gegen alle Beteiligten gleichermaßen. Auch wenn die einzelnen Beteiligten unterschiedliche Anträge stellen sollten, verbleibt es m. E. immer noch beim gleichen Streitgegenstand bzw. der gleichen anwaltlichen Tätigkeit. Somit geht die Argumentation, es handele sich nicht um denselben Gegenstand, m. E. ins Leere. Auch die Behauptung, dass durch die Addierung der Streitwerte dem Mehraufwand bereits Rechnung getragen wird, ist m. E. nicht ha...