Leitsatz
Der Abschluss eines Mietvertrags unter Angehörigen stellt nicht schon deshalb einen Gestaltungsmissbrauch i.S.v. § 42 AO dar, weil der Mieter das Grundstück zuvor gegen wiederkehrende Leistungen auf den Vermieter übertragen hat.
Normenkette
§ 9 EStG , § 21 EStG , § 42 AO
Sachverhalt
Der Kläger erhielt von seinem Vater gegen die Vereinbarung einer monatlichen Unterhaltsleistung von 400 DM als dauernde Last ein Grundstück, das mit einem Zweifamilienhaus bebaut war. Er gewährte seinen Eltern an den Räumen im Obergeschoss des Hauses ein (im Grundbuch als beschränkt persönliche Dienstbarkeit) eingetragenes Wohnungsrecht; nach dem mit ihnen abgeschlossenen Mietvertrag betrug die monatliche Miete 500 DM zzgl. Nebenkosten.
Im Streitjahr baute der Kläger an die (selbst bewohnte) Erdgeschosswohnung einen Windfang an, führte umfangreiche Renovierungen im Erd- und Obergeschoss sowie an der Fassade und am Dach durch und errichtete eine Garage für eigene Zwecke. In seiner Steuererklärung machte er hinsichtlich der Obergeschosswohnung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ·/. 22.360 DM geltend. Hierbei erklärte er u.a. Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 23.818 DM. Die Zahlungen an die Eltern machte er als dauernde Last geltend.
Das FA berücksichtigte zwar die dauernde Last, ließ jedoch die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unberücksichtigt und wies auch den Einspruch insoweit als unbegründet zurück. Das FG gab der daraufhin erhobenen Klage insoweit statt. Dagegen richtet sich die Revision des FA.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH hindert die vorherige Übertragung eines Grundstücks gegen Versorgungsleistungen nicht die Anerkennung eines darauf bezogenen Mietvertrags zwischen früherem und neuem Eigentümer, weil die Versorgungsleistungen allein die Eigentumsübertragung betreffen und damit keinen rechtlichen Zusammenhang mit den möglichen Nutzungsvereinbarungen zwischen dem Eigentümer und anderen haben.
Hinweis
1. Nach der BFH-Rechtsprechung ist es nicht rechtsmissbräuchlich, wenn sich der Eigentümer bei Übertragung eines Immobilienobjekts eine – wie auch immer geartete – Nutzungsmöglichkeit vorbehält. Ein dementsprechend vereinbartes Wohnrecht schließt allerdings weder zivil- noch steuerrechtlich aus, dass der Erwerber dem Übertragenden das Objekt aufgrund eines – fremdüblich vereinbarten und tatsächlich durchgeführten – Mietvertrags überlässt. Denn Eigentumsübertragung einerseits und anschließende Vermietung andererseits sind jeweils zivilrechtlich und wirtschaftlich getrennt und deshalb auch steuerrechtlich grundsätzlich unabhängig voneinander zu beurteilen.
Ob das Eigentum entgeltlich oder unentgeltlich übertragen wurde, ist danach für die Prüfung von Nutzungsverhältnissen zwischen dem Übertragenden und dem Erwerber am Maßstab des § 42 AO ebenso wenig von Bedeutung wie die Art der Entgeltvereinbarung. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob der Kaufpreis für das Grundstück in einem Betrag oder in Raten beglichen oder gestundet wird. Für die Übertragung gegen Versorgungsleistungen – wie im Streitfall – gilt nichts anderes.
Insbesondere ist jede der Vereinbarungen für sich allein – wirtschaftlich – sinnvoll. Wer sein Grundstück gegen Versorgungsleistungen überträgt, erhält damit Mittel für seinen Lebensunterhalt, die er gleichermaßen für die Anmietung des übertragenen Objekts oder eines fremden Objekts verwenden kann; der Erwerber erhält durch die Eigentümerstellung eine vermietbare Immobilie, die nicht nur durch Vermietung an den Übertragenden, sondern auch an Fremde zu nutzen ist.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 10.12.2003, IX R 12/01