Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
Der Senat hält an seiner mittlerweile ständigen Rechtsprechung (Urteil vom 16.3.2006, VI R 87/04, BFH/NV 2006, 1205, BFHE 212, 546, BStBl II 2006, 625) fest, dass ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch insbesondere Datum und Ziel der jeweiligen Fahrten ausweisen muss. Dem ist nicht entsprochen, wenn als Fahrtziele jeweils nur Straßennamen angegeben sind und diese Angaben erst mit nachträglich erstellten Auflistungen präzisiert werden.
Normenkette
§ 8 Abs. 2 Sätze 2, 4, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG
Sachverhalt
K, eine GmbH, wollte die private Pkw-Nutzung ihres Geschäftsführers F nicht mittels 1 %-Regelung, sondern nach Fahrtenbuch lohnversteuern. Das Fahrtenbuch wies Datum, Ortsangaben (z.B. "Firma – Müllerstraße – Firma"), gelegentlich auch die Namen von Kunden oder den Zweck der Fahrt (z.B. Tanken) aus sowie den Kilometerstand am Fahrtende und die gefahrenen Tageskilometer. Diese Angaben ergänzte K durch eine nachträglich erstellte Auflistung aus Fs handschriftlichem Tageskalender. Die Auflistung enthielt Datum, Standort, Kilometerstand zu Beginn der Fahrt, den Grund der Fahrt, den Fahrer, das Fahrtziel und die Fahrtrouten. Das FA beurteilte das Fahrtenbuch als nicht ordnungsgemäß und wandte die 1 %-Regelung an. Das FG entsprach der dagegen erhobenen Klage (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.4.2010, 12 K 12047/09, Haufe-Index 2344350, EFG 2010, 1306), weil die Kombination aus handschriftlichen Daten und zusätzlichen Erläuterungen genüge.
Entscheidung
Der BFH beurteilte dagegen aus den unter den Praxis-Hinweisen erläuterten Gründen das Fahrtenbuch als nicht ordnungsgemäß. Er hob daher die Entscheidung des FG auf und wies die Klage ab.
Hinweis
Das Besprechungsurteil präzisiert die Voraussetzungen für ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch (§ 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG).
1. Das vom Gesetzgeber verwendete, aber nicht definierte Tatbestandsmerkmal "ordnungsgemäßes Fahrtenbuch" wurde vom BFH schon früher näher konkretisiert (vgl. BFH, Urteil vom 16.3.2006, VI R 87/04, BFH/NV 2006, 1205, BFH/PR 2006, 219, m.w.N.). An diesen Grundsätzen hält das Besprechungsurteil fest und fasst zusammen: Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch muss zeitnah und in geschlossener Form geführt werden, um nachträgliche Änderungen auszuschließen oder erkennbar zu machen. Datum, Fahrtziele und grundsätzlich auch die jeweils aufgesuchten Geschäftspartner, jedenfalls aber der konkrete dienstliche Zweck der Fahrten sind zu nennen. Nur ausnahmsweise genügen bloße Ortsangaben, nämlich wenn sich die Geschäftspartner daraus zweifelsfrei ergeben oder sich auf einfache Weise mit nicht ergänzungsbedürftigen Unterlagen ermitteln lassen. Die Fahrten sind mit den erreichten Gesamtkilometern fortlaufend zu erfassen und dabei grundsätzlich jede einzelne berufliche Verwendung zu nennen. Nur ausnahmsweise, nämlich eine einheitliche aus mehreren Teilabschnitten bestehende berufliche Reise kann in einer Eintragung mit dem Kilometerstand zusammengefasst werden. Dann sind aber die einzelnen Kunden/Geschäftspartner in der Besuchsreihenfolge aufzuführen. Wechseln sich berufliche und private Verwendung ab, ist das ebenfalls jeweils mit den dann erreichten Kilometerständen zu dokumentieren.
2. Angesichts dieser Voraussetzungen beurteilte der BFH im Besprechungsfall das Fahrtenbuch als nicht ordnungsgemäß. Denn die Fahrten waren darin nicht vollständig wiedergegeben, insbesondere die Fahrtziele nicht angegeben. Wenn als Endpunkt der Fahrt jeweils nur eine Straße ohne Hausnummer und ohne Name des besuchten Kunden/Geschäftspartners angegeben war, blieb dies hinter den Anforderungen zurück. Und wenn in Einzelfällen Kundennamen genannt waren, betraf dies Unternehmen, die im ganzen Stadtgebiet mit Filialen vertreten waren, sodass sich auch daraus das konkrete Fahrtziel nicht ergab. Beachten Sie: Ein Fahrtenbuch gibt erst dann im gebotenen Umfang ohne Manipulationsmöglichkeit hinreichend Aufschluss über die Fahrten, wenn nicht nur die Anzahl der gefahrenen Kilometer in Form der zurückgelegten Strecke selbst, sondern auch die Anfangs- und Endpunkte der Fahrten hinreichend konkret benannt sind. Dementsprechend sind auch diese Angaben im Fahrtenbuch selbst und nicht nachträglich in irgendwelchen Listen zu treffen. Die nachträglich erstellten Listen halfen also nicht.
3. Schließlich hält der BFH grundsätzlich auch an seiner Rechtsprechung fest, dass ein Fahrtenbuch trotz "kleinerer Mängel" ordnungsgemäß sein kann (BFH, Urteil vom 10.4.2008, VI R 38/06, BFH/NV 2008, 1382, BFH-PR 2008, 380), schloss allerdings im Besprechungsfall solche nur kleineren Mängel aus.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 1.3.2012 – VI R 33/10