Sehr schnell wird der Fokus – neben der Geschäftsführung – auf den steuerlichen Berater der GmbH gelenkt und gefragt, ob bei der steuerlichen Beratung – insbesondere im Zusammenhang mit der Jahresabschlusserstellung oder in einer Krisensituation – Fehler unterlaufen sind. Denkbar sind im Wesentlichen drei Haftungskonstellationen:

 
Fallkonstellation 1: Der Steuerberater hat es trotz erkannter Insolvenzreife/Krisensituation unterlassen, die Geschäftsführung der GmbH auf die Insolvenzgefahr und das Einholen entsprechender Beratung hinzuweisen, oder den fehlerhaften Rat erteilt, dass keine Insolvenzantragspflicht besteht.
Fallkonstellation 2: Der Steuerberater hat bei der Bilanzierung Vermögenswerte zu Fortführungswerten in der Bilanz berücksichtigt trotz bilanzieller Überschuldung und dauerhafter Verluste und dabei keine Risikohinweise erteilt.
Fallkonstellation 3: Bei der Aufstellung des Jahresabschlusses sind Bilanzierungsfehler gemacht worden mit der Folge, dass in der Bilanz keine Überschuldung ausgewiesen und insoweit eine Krisensituation gar nicht erkannt/gesehen wurde.

In sämtlichen Konstellationen ist eine Haftbarkeit möglich: In allen drei Konstellationen kann der Steuerberater gegenüber der GmbH bzw. dem Insolvenzverwalter haftbar sein.

  • Soweit es um fehlerhafte Auskünfte eines Steuerberaters bei erkannter Krisensituation geht (Fallkonstellation 1), hatte der BGH dies bereits mit Entscheidungen vom 6.2.2014[4] und vom 6.6.2013[5] entschieden.
  • Mit BGH-Urteil vom 26.1.2017[6] hat der BGH im Übrigen klargestellt, dass eine Haftbarkeit des Steuerberaters auch dann in Frage kommt, wenn er die Geschäftsführung einer GmbH nicht (ungefragt) auf das Risiko einer bestehenden Insolvenzreife oder die Notwendigkeit einer entsprechenden Prüfung hinweist oder wenn er trotz erkannter Überschuldung ohne weitere Prüfung Vermögenswerte zu Fortführungswerten in der Bilanz ansetzt (Fallkonstellation 2).
  • Eine Haftung des Steuerberaters gegenüber der GmbH wegen Bilanzierungsfehlern ist generell anerkannt[7] (Fallkonstellation 3).

Die aktuelle Rechtsprechung zu den Hinweisverpflichtungen eines Steuerberaters im Zusammenhang mit der Jahresabschlusserstellung bei Anhaltspunkten für einen Insolvenzgrund hat sich mittlerweile auch in § 102 StaRUG niedergeschlagen[8]. Es dürfte der h.M. entsprechen, dass die verschärften Anforderungen an die Hinweisverpflichtungen eines Steuerberaters auf das Risiko der Insolvenzreife erst nach Veröffentlichung der BGH-Entscheidung vom 26.1.2017 gelten[9].

Beraterhinweis Um das Haftungsrisiko zu reduzieren, ist generell darauf zu achten, dass der Mandatsinhalt zwischen Steuerberater und GmbH, aus dem die Pflichten letztlich resultieren, möglichst genau konkretisiert wird. Bereits bei Mandatsbeginn, bei dem sich möglicherweise noch gar keine Krisensituation abzeichnet, sollte darauf geachtet werden, dass explizit vereinbart und klargestellt wird, dass insolvenzrechtliche Beratung nicht vom Beratungsumfang umfasst ist. Im Krisenstadium, in dem sich möglicherweise die Frage einer Insolvenzantragsverpflichtung stellt, sollte der Mandant

  • auf die Thematik sowie
  • auf das Erfordernis der Einholung externen Rechtsrates

hingewiesen werden.

[5] BGH v. 6.6.2013 – IX ZR 204/12, GmbHR 2013, 934 = GmbH-StB 2013, 307 (Große-Wilde).
[6] BGH v. 26.1.2017 – IX ZR 285/14, GmbHR 2017, 348 = GmbH-StB 2017, 142 (Schwetlik).
[7] Vgl. OLG Köln v. 23.5.2000 – 22 U 218/19, GmbHR 2000, 880; s.a. Wagner, ZInsO 2018, 1005.
[8] Vgl. hierzu auch Verhoeven, GmbH-StB 2022, 52.
[9] Vgl. Wagner, ZInsO 2018, 1005 (1008); LG Erfurt v. 14.7.2021 – 8 O 1503/19, GI 2021, 207.

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