i) Grundsätzliche Anwendbarkeit der BFH-Rechtsprechung zur Mitvermietung von Einrichtungsgegenständen
In der Urteilsbegründung nach der erfolgreichen Klage schließt sich das Niedersächsische FG insbesondere der Rechtsprechung des BFH zur Überlassung von Inventar als Nebenleistung zu steuerfreien Vermietungsumsätzen an. So hatte der BFH mit Urteil vom 11.11.2015 entschieden, dass sich die Steuerfreiheit von Vermietungsumsätzen nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG auch auf mitvermietete Einrichtungsgegenstände erstreckt, wenn dies die vertragsmäßige Nutzung eines Gebäudes unter optimalen Bedingungen ermöglicht. Im entschiedenen Fall war ein betriebs- und benutzungsfähiges Seniorenpflegeheim inklusive ganz überwiegend speziell abgestimmter, zum Betrieb des Seniorenheims zwingend erforderlicher Ausstattungselemente verpachtet worden.
Nach diesem Urteil änderte die Finanzverwaltung ihre bis dahin vertretene Auffassung zur Mitvermietung von Einrichtungsgegenständen und behandelt diese mittlerweile in der Regel als steuerfrei. Allerdings überträgt sie die Urteilsgrundsätze nicht auf die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen, sondern nimmt hierfür weiterhin einen steuerpflichtigen Umsatz an. Das Niedersächsische FG folgt dieser Sichtweise ausdrücklich nicht.
ii) Verweis auf neuere EuGH-Rechtsprechung
Weiterhin bewertet das Gericht die von der Finanzverwaltung vertretene Auffassung als nicht im Einklang mit der neueren EuGH-Rechtsprechung zu einheitlichen Leistungen stehend und führt hier insbesondere das Urteil "Stadion Amsterdam" vom 18.1.2018 an.
Der EuGH war in diesem Zusammenhang gefragt worden, ob eine Dienstleistung, die umsatzsteuerlich als einheitliche Leistung anzusehen ist und aus einem Haupt- und einem Nebenbestandteil besteht, für die bei separater Betrachtung unterschiedliche Mehrwertsteuersätze zur Anwendung kommen, den für die einzelnen Bestandteile geltenden Steuersätzen zu unterwerfen ist, falls es möglich ist, die Preise für diese Bestandteile zu bestimmen.
Der EuGH verneinte dies und entschied, dass auch in diesem Fall nur ein Mehrwertsteuersatz zur Anwendung kommen darf. Dieser richte sich nach dem Hauptbestandteil.
Bezüglich der Frage, unter welchen Bedingungen mehrere zusammenhängende Leistungen als eine einheitliche Leistung zu betrachten sind, verweist das Niedersächsische FG auf die ständige Rechtsprechung des EuGH. Danach gilt zwar der Grundsatz, dass jeder Umsatz zunächst als eigenständige, selbständige Leistung zu betrachten ist, eine wirtschaftlich einheitliche Leistung darf aber nicht künstlich aufgespalten werden. Umsatzsteuerlich handelt es sich demnach bei einer Leistung insbesondere dann um eine Nebenleistung, wenn sie keinen eigenen Zweck hat, sondern nur das Mittel darstellt, um die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Hierbei ist auf die Sicht des leistungsempfangenden Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Dieser Rechtsprechung hat sich der BFH angeschlossen.
Das FG zitiert auch das EuGH-Urteil "Wojskowa Agencja Mieszkaniowa w Warszawie" (WAM), nach dem von einer einheitlichen Vermietungsleistung ausgegangen werden kann, wenn ein zur Miete angebotenes Gebäude in wirtschaftlicher Hinsicht zusammen mit begleitenden Leistungen objektiv eine Gesamtheit bildet.
Die Finanzverwaltung hat gegen das Urteil Revision eingelegt.
In Zusammenhang mit anderen Mitvermietungen hält sie jedoch aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht mehr an einer umsatzsteuerrechtlichen Aufteilung in die verschiedenen Vermietungskomponenten fest. Dies betrifft neben der oben bereits erwähnten Mitvermietung von Einrichtungsgegenständen vor allem die Mitvermietung von Abstellplätzen für Fahrzeuge und die Nutzungsüberlassung von Sport- und anderen Anlagen.