[Ohne Titel]

Robert C. Prätzler / Reglindis Müller-Adams[*]

Der folgende Beitrag nimmt einen aktuellen Schlussantrag in einem Vorabentscheidungsersuchen des BFH vor dem EuGH zum Anlass, die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen umsatzsteuerlich zu betrachten und einen möglichen Ausblick auf die Entscheidung des EuGH zu liefern.

[*] Dipl.oec. StB Robert C. Prätzler ist Partner Indirect Tax bei PwC Frankfurt/M; Diplom-Volkswirtin Reglindis Müller-Adams ist bei der PHOENIX Pharmahandel GmbH & Co. KG in Mannheim als Senior-Umsatzsteuerreferentin tätig.

1. Einleitung – Keine umsatzsteuerfreie Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen aus deutscher Sicht

Nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG ist die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken von der Umsatzsteuer befreit. Allerdings gilt dies aufgrund der Regelung des § 4 Nr. 12 S. 2 UStG nach ständiger Verwaltungsauffassung[1] ausdrücklich nicht für die Vermietung von Betriebsvorrichtungen, selbst wenn sie wesentliche Bestandteile des vermieteten Grundstückes sind. Die entsprechenden unionsrechtlichen Regelungen sind in Art. 135 Abs. 1 Buchst. l und Art. 135 Abs. 2 Buchst. c der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) zu finden. Nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken von der Umsatzsteuer. Von dieser Befreiung ist die Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen oder Maschinen gem. Art. 135 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL ausgeschlossen.

Im Jahre 2020 hatte das Niedersächsische FG[2] über die Steuerfreiheit mitverpachteter Betriebsvorrichtungen bei steuerfreier Grundstücksverpachtung zu entscheiden. Das Gericht behandelte die Mitverpachtung der Betriebsvorrichtungen als Nebenleistung zur steuerfreien Grundstücksverpachtung, die das umsatzsteuerliche Schicksal der Hauptleistung teile. Wegen der gegenläufigen Auffassung der Finanzverwaltung, die bezüglich der Mitverpachtung von Betriebsvorrichtungen von einem Aufteilungsgebot in einen steuerfreien Verpachtungsumsatz und eine steuerpflichtige Überlassung von Betriebsvorrichtungen ausgeht, wurde die Revision zugelassen. Der BFH beschloss im Verfahren hierzu den Europäischen Gerichtshof (EuGH) anzurufen.[3]

Daher wird insbesondere aus deutscher Sicht das Urteil des Europäischen Gerichtshof in der Rechtssache C-516/21 – "Finanzamt X gegen Y" mit Spannung erwartet. Der Schlussantrag des Generalanwaltes Pitruzella zu dieser Rechtssache wurde mit Datum vom 8.12.2022[4] veröffentlicht.

Diesen Schlussantrag nehmen wir zum Anlass, im Folgenden die umsatzsteuerliche Behandlung von Betriebsvorrichtungen im Kontext von Vermietungsumsätzen darzulegen und Auswirkungen auf die Praxis im Falle einer Abkehr vom Aufteilungsgebot durch die Finanzverwaltung aufzuzeigen.

[2] Nds. FG., Urt. v. 11.6.2020 – 11 K 24/19, NWB SAAAH-57569.
[4] EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Giovanni Pitruzella v. 8.12.2022 – C-516/21, ECLI:EU:C:2022:976.

2. Das Urteil des Niedersächsischen FG vom 11.6.2020

a) Der Sachverhalt

Der Kläger erzielte u.a. Umsätze aus der auf Dauer angelegten Verpachtung von Stallgebäuden inklusive Betriebsvorrichtungen zur Putenaufzucht und -haltung. Nach den Feststellungen des Gerichtes bestanden die Betriebsvorrichtungen in speziell entwickelten Ausstattungselementen zur Fütterung und Aufzucht der Tiere wie besonderen Heizungs- und Lüftungsanlagen zur Sicherstellung des notwendigen Stallklimas oder Beleuchtungssystemen zur nach EU-Vorschriften und Verbandsrichtlinien einzuhaltenden Ausleuchtung[5]. Gesonderte Entgeltvereinbarungen für die Verpachtung des Stallgebäudes einerseits und die Überlassung der Betriebsvorrichtungen andererseits wurden nicht geschlossen[6].

Der Kläger behandelte die Pachtzahlung insgesamt als steuerfreien Vermietungsumsatz nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG. Im Rahmen einer Betriebsprüfung teilte die Finanzverwaltung die Pachtzahlung in einen steuerfreien Anteil von 80 % und einen steuerpflichtigen Anteil von 20 % auf und erließ entsprechend geänderte Umsatzsteuerbescheide für den Prüfungszeitraum. Die hiergegen gerichteten Einsprüche wurden zurückgewiesen.

Vor dem FG berief sich der Kläger darauf, dass die Vermietung der Putenställe und der Betriebsvorrichtungen zur Putenproduktion als einheitliche Leistung zu sehen sei, ihre Verbundenheit diene dem Zweck einer optimalen Putenaufzucht[7].

Die Finanzverwaltung sieht dagegen ein Aufteilungsgebot bei der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken mit Betriebsvorrichtungen grundsätzlich als vorrangig an.[8]

[5] Nds. FG., Urt. v. 11.6.2020, a.a.O. Rz. 6 und 31.
[6] Nds. FG., Urt. v. 11.6.2020, a.a.O. Rz. 30.
[7] Nds. FG., Urt. v. 11.6.2020, a.a.O. Rz. 6.
[8] Nds. FG., Urt. v. 11.6.2020.a.a.O. Rz. 14.

b) Die Entscheidungsgründe

i) Grundsätzliche Anwendbarkeit der BFH-Rechtsprechung zur Mitvermietung von Einrichtungsgegenständen

In der Urteilsbegründung nach der erfolgreichen Klage schließt sich das Niedersächsische FG insbesondere der Rechtsprechung des BFH zur Überlassung von Inventar als Nebenleistung zu steuerfreien Vermietungsumsätzen an. So hatte der BFH mit Urt...

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