§ 171 Abs. 4 AO-E fasst die Regelung des Ablaufs der Festsetzungsfrist bei Durchführung einer Außenprüfung neu. Die Neuregelung soll die Durchführung und den Abschluss von Außenprüfungen wesentlich beschleunigen (vgl. BR-Drucks. 409/22, 94).

§ 171 Abs. 4 S. 1 und 2 AO-E entsprechen der bisherigen Rechtslage, wonach dann, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben wird, die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht abläuft, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Abs. 1 S. 3 AO drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat.

Neu ist die Regelung des § 171 Abs. 4 S. 3 AO, nach der die Ablaufhemmung spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde, endet, wobei eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften unberührt bleibt. Damit greift eine neue zeitliche Grenze für die Ablaufhemmung. Die Vorschrift beschränkt den für die Durchführung der Außenprüfung und die Auswertung der Prüfungsfeststellungen zur Verfügung stehenden Zeitraum (vgl. BR-Drucks. 409/22, 95). Maßgeblich für den Beginn des Fünfjahreszeitraums ist die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung.

Die Fünfjahresfrist gilt nach § 171 Abs. 4 S. 4 bis 7 AO-E nicht bzw. verlängert sich, wenn

  • auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen wird oder
  • die Finanzbehörde vor Ablauf der Fünfjahresfrist zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch nimmt oder
  • dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung bezieht, bekannt gegeben und infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen wird.
  • Die Fünfjahresfrist des § 171 Abs. 4 S. 3 AO gilt nach § 171 Abs. 4 S. 8 AO-E i.V.m. § 200a Abs. 4 und Abs. 5 AO-E außerdem in Fällen einer Mitwirkungsverzögerung i.S.v. § 200a AO-E nicht bzw. verlängert sich um die Dauer der Mitwirkungsverzögerung.

Beschleunigungseffekt?: Es ist fraglich, ob die Fünfjahresfrist des § 171 Abs. 4 S. 3 AO-E allein in der Praxis zu einer wesentlichen Beschleunigung von Außenprüfungen führen wird. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass die Länge der steuerlichen Festsetzungsfrist nach § 169 AO von vier bzw. fünf oder zehn Jahren unverändert bleibt. § 171 Abs. 4 AO-E muss allerdings im Zusammenhang mit der Neuregelung in § 197 Abs. 5 AO-E gesehen werden, die ebenfalls auf eine Beschleunigung der Außenprüfung abzielt.

Bekanntgabe der Prüfungsanordnung: Ist Grundlage der Außenprüfung ein Steuerbescheid, der aufgrund einer von einem Steuerberater (oder einer anderen in § 149 Abs. 3 AO genannten Personen oder Einrichtungen) erstellten Steuererklärung erlassen wurde, soll die Prüfungsanordnung nach § 197 Abs. 5 AO-E bis zum Ablauf des Kalenderjahrs erlassen werden, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem der Steuerbescheid wirksam geworden ist. Wird die Prüfungsanordnung aus Gründen, die die Finanzbehörde zu vertreten hat, zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben, beginnt die Fünfjahresfrist des § 171 Abs. 4 S. 3 AO-E mit Ablauf des Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem der Steuerbescheid wirksam geworden ist. Erstreckt sich die Außenprüfung zugleich auf mehrere Steuerbescheide, ist der Zeitpunkt des Wirksamwerdens des zuletzt ergangenen Steuerbescheids einheitlich maßgeblich. Bei der Anordnung einer Außenprüfung über – so der Regelfall in der Praxis – mehrere Jahre muss also nur in Bezug auf das Prüfungsjahr, für das zuletzt ein Steuerbescheid ergangen ist, die Jahresfrist für den Erlass der Prüfungsanordnung eingehalten werden. Mit Ablauf des Jahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde, beginnt die Fünfjahresfrist des § 171 Abs. 4 S. 3 AO-E zu laufen. Die Neuregelung des § 171 Abs. 4 AO-E gilt erstmals für Steuern und Steuervergütungen, die nach dem 31.12.2024 entstehen (Art. 4 Abs. 1 des Regierungsentwurfs, BR-Drucks. 409/22, 33/34).

Das – zugegebenermaßen komplexe – Zusammenspiel der beiden Regelungen soll an folgendem Beispiel verdeutlicht werden (die Jahreszahlen des Beispiels berücksichtigen die zeitliche Anwendung der Neuregelung des § 171 Abs. 2 AO-E):

 

Beispiel:

Die ESt-Erklärung des Steuerpflichtigen für das Jahr 2025 wird vom Steuerberater im Jahr 2026 abgegeben und der ESt-Bescheid ergeht im Jahr 2027. Die ESt-Erklärung des Jahres 2027 wird vom Steuerberater im Jahr 2028 abgegeben und der ESt-Bescheid 2027 ergeht im Jahr 2029. Im Jahr 2030 erlässt das FA eine Betriebsprüfungsanordnung für die Jahre ...

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