[Ohne Titel]
Hendrik Grosse, StB/Wirtschaftsjurist (LL.B.)
Der unentgeltliche Übergang betrieblichen Vermögens ist nach dem Willen des Gesetzgebers erbschaft- und schenkungsteuerlich grundsätzlich verschonungswürdig (§§ 13a ff. ErbStG). Zur "Rechtfertigung" dieser Steuerbefreiung sind allerdings nicht nur im Nachgang einer steuerbegünstigten Übertragung – Stichwort: Behaltensfrist und Lohnsummentest – einige Spielregeln einzuhalten, sondern bereits im Vorfeld bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen. So muss zur Erlangung der Steuerbefreiung nicht nur die Begünstigungsfähigkeit (Begünstigung dem Grunde nach) gegeben sein, sondern auch das begünstigte Vermögen (Begünstigung der Höhe nach) im Blick behalten werden. Der vorliegende Beitrag erläutert vor diesem Hintergrund die Voraussetzungen der Begünstigungsfähigkeit sowie die Anforderungen an das begünstigte Vermögen und zeigt mögliche Handlungsoptionen auf, wie die Höhe des begünstigten Vermögens im Vorfeld einer Unternehmensnachfolge optimiert werden kann.
I. Einführung
Dem Entschluss des Unternehmers zur Regelung der eigenen Unternehmensnachfolge ist oftmals ein intensiver, emotionaler und in Teilen manchmal auch schmerzhafter Prozess vorausgegangen: Welche Rolle nehme ich selbst nach der Übergabe des Unternehmens ein? Wer ist der geeignete bzw. richtige Nachfolger? Wie hoch ist mein Finanz-/Liquiditätsbedarf nach der Übergabe und wie kann ich diesen anschließend nicht nur adäquat, sondern auch dauerhaft decken? Mit Abschluss dieses Prozesses geht die Arbeit für den steuerlichen Berater jedoch regelmäßig erst richtig los. Denn i.R.d. Erbschaftsteuerreform 2016 ist u.a. das sog. Verwaltungsvermögen noch stärker in den Fokus gerückt, da seitdem – von einer Schuldenverrechnung und dem sog. Schmutzzuschlag abgesehen – grundsätzlich von einer Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht dieses Vermögens auszugehen ist. Die Regelungen zur sog. Verbundvermögensaufstellung führen zudem dazu, dass auch etwaiges Verwaltungsvermögen in Tochtergesellschaften zu berücksichtigen ist. Von besonderer Bedeutung ist ferner der Zwei-Jahres-Zeitraum im Vorfeld der beabsichtigten Schenkung – in diesem Fall gilt das Verwaltungsvermögen gar als "junges" Verwaltungsvermögen, welches stets in voller Höhe erbschaftsteuerpflichtig ist.
Zur Vermeidung von erbschaft- und schenkungsteuerlichen Belastungen im Kontext der geplanten Unternehmensnachfolge ist somit eine tiefgreifende Analyse des Unternehmens erforderlich. Im Rahmen dieses Rechenwerkes, auch als sog. "Verwaltungsvermögenstest" bezeichnet, wird das begünstigungsfähige Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 1 ErbStG wertmäßig in begünstigtes und nicht begünstigtes Vermögen (= Verwaltungsvermögen) eingeteilt (Korezkij in BeckOK/ErbStG, Stand: 17. Ed. 1.10.2022, § 13b Rz. 61).
Oftmals ergibt sich leider erst i.R.d. Durchführung des Verwaltungsvermögenstestes, dass eine steuerbegünstigte Übertragung nicht oder nur unter Inkaufnahme erheblicher Steuerbelastungen möglich ist. Im Rahmen dieses Aufsatzes werden demzufolge zum einen die Voraussetzungen der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Begünstigungsfähigkeit dargestellt und exemplarisch einige Möglichkeiten herausgearbeitet, wie diese erreicht werden kann (Abschn. II.). Der Schwerpunkt dieses Beitrags liegt allerdings auf dem Verwaltungsvermögen und – daraus folgend – den Möglichkeiten zur Optimierung des begünstigten Vermögens im Vorfeld einer anstehenden bzw. geplanten Unternehmensnachfolge (Abschn. III.).
II. Die erbschaft- und schenkungsteuerliche Begünstigungsfähigkeit
1. Voraussetzungen
Im Hinblick auf die erbschaft- und schenkungsteuerlichen Verschonungsregeln für Betriebsvermögen ist zwischen der generellen Begünstigungsfähigkeit (vgl. § 13b Abs. 1 Satz 1 ErbStG: "Zum begünstigungsfähigen Vermögen gehören [...]") und der konkreten Begünstigung (vgl. § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG: "Das begünstigungsfähige Vermögen ist begünstigt, soweit [...]") zu unterscheiden. Nur wenn in einem ersten Schritt begünstigungsfähige Einheiten vorliegen, stellt sich in einem folgenden zweiten Schritt überhaupt erst die Frage, in welchem Umfang das übertragene Vermögen tatsächlich begünstigt ist oder mit anderen Worten: Zunächst muss das Vorliegen von begünstigungsfähigem Vermögen sichergestellt sein, bevor die Höhe des Verwaltungsvermögens erbschaft- und schenkungsteuerlich überhaupt relevant wird (vgl. dazu Abschn. III. unten).
Zum begünstigungsfähigen Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 1 ErbStG zählen
- Nr. 1: der inländische Wirtschaftsteil des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens,
- Nr. 2: inländisches Betriebsvermögen (Betriebe, Teilbetriebe und Mitunternehmeranteile) und
- Nr. 3: Anteile an Kapitalgesellschaften, an denen der Erblasser oder Schenker unmittelbar zu mehr als 25 % beteiligt war.
Begünstigungsfähig ist stets auch entspr. Vermögen, dass in einem Mitgliedstaat der EU oder einem Staat des EWR (derzeit – zusätzlich zur EU – Norwegen, Island und Liechtenstein) belegen ist.
2. Möglichkeiten zur Herstellung der erbschaftsteuerlichen Begünstigungsfähigkeit
a) Land- und forstwirtschaftliches Vermögen
Erbschaft- und schenkun...