Erstellung einer Stornorechnung: Im ersten Schritt ist eine Berichtigung der Rechnung von März 2022 erforderlich. Dies geschieht üblicherweise in der Praxis, indem eine Stornorechnung, also eine kaufmännische Gutschrift, erstellt wird, die inhaltlich der ursprünglichen Rechnung entspricht, aber meist alle Beträge mit Minus ausweist. Die Stornorechnung wird unter aktuellem Datum – hier: Mitte 2023 – ausgestellt und verweist auf die ursprüngliche Rechnung durch Angabe der Rechnungsnummer und des Ausstellungsdatums. Gleichzeitig wird mit aktuellem Ausstellungsdatum und neuer Rechnungsnummer eine neue Rechnung ausgestellt, die den zutreffenden Leistungszeitraum Oktober 2020 und die zutreffende Umsatzsteuer enthält und außerdem den Hinweis, dass sie die ursprüngliche Rechnung, auf die durch Angabe des Ausstellungsdatums und der Rechnungsnummer Bezug zu nehmen ist, ersetzt.
Korrektur in berichtigter Jahreserklärung 2020: Mitte 2023 ist es nicht mehr möglich, die Umsatzsteuer-Voranmeldung Oktober 2020 zu korrigieren, da die Jahreserklärung 2020 bis spätestens 31.8.2022 abzugeben war und diese an die Stelle der Voranmeldungen tritt. Deshalb muss die Korrektur in einer berichtigten Jahreserklärung 2020 erfolgen. Jahreserklärungen sind aber nicht wie Umsatzsteuer- und Lohnsteuer-Anmeldungen vom Vollständigkeitsgebot ausgenommen, sondern unterliegen dem "Alles-oder-nichts-Prinzip" der "steuerartenbezogenen Lebensbeichte", sofern die Finanzverwaltung in der Berichtigung nicht eine solche i.S.v. § 153 AO, sondern eine Selbstanzeige gem. § 371 AO sehen sollte. Es ist daher besondere Aufmerksamkeit geboten, ob nicht evtl. noch andere "Zeitbomben" im Jahr 2020 und ggf. in Vorjahren oder sogar in der nachfolgenden Zeit schlummern, die einer Berichtigungserklärung bedürfen könnten.
Murphys Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2020 enthält in den Umsatzerlösen bisher nur die mit 19 % versteuerte erhaltene Anzahlung. In der berichtigten Erklärung müssen die Umsätze zu 19 % (Kennziffer 177) um 10.000 EUR verringert (Steuerauswirkung: 1.900 EUR), die Umsätze zu anderen Steuersätzen (Kennziffer 155) um 15.000 EUR und die darauf entfallende Steuer (Kennziffer 156) um 2.400 EUR erhöht werden. Dadurch wird
- zum einen die Schlussrechnung über die im Oktober 2020 erbrachte Leistung nacherklärt und
- zum anderen die Steuer auf die bereits im Mai 2020 vereinnahmte Abschlagszahlung von 19 % auf 16 % herabgesetzt.
In der Voranmeldung für März 2022, in der die Ausgangsrechnung erfasst worden war, müssen die Umsätze zu 19 % um 5.000 EUR herabgesetzt werden (Kennziffer 81). Dies ist der Netto-Betrag der Schlusszahlung aus der Schlussrechnung von März 2022. Dadurch wird die Umsatzsteuer zu 19 % um 950 EUR reduziert. Gleichzeitig muss aber in Kennziffer 69 die in der Rechnung unrichtig ausgewiesene Steuer i.H.v. 450 EUR nacherklärt werden.
Korrektur der unrichtig ausgewiesenen Steuer: Schließlich muss im laufenden Monat (Mitte 2023), in dem die Schlussrechnung tatsächlich berichtigt und der zu hohe Steuerausweis beseitigt wird, die unrichtig ausgewiesene Steuer gegenüber dem Finanzamt korrigiert werden. Dafür sehen die Formulare kein eigenes Feld vor. In der Praxis kann man sich damit behelfen, die Steuer mit negativem Vorzeichen in Kennziffer 69 einzutragen. Eine Rückzahlung des zu hoch ausgewiesenen Betrages an den Rechnungsempfänger ist hier keine Voraussetzung für die Berichtigung, da die zu hoch ausgewiesene Steuer vom Rechnungsempfänger nicht an den Aussteller gezahlt wurde.
In der Zusammenschau ergeben sich damit folgende Änderungen, bezogen auf die Steuerbeträge:
Jahreserklärung 2020 |
-1.900,00 EUR |
|
+2.400,00 EUR |
Voranmeldung März 2022 |
-950,00 EUR |
|
+450,00 EUR |
Aktuelle Voranmeldung 2023 |
-450,00 EUR |
Insgesamt |
-450,00 EUR |
Das ist die Differenz zwischen einer Umsatzsteuer von 19 % und von 16 % bezogen auf das Gesamtentgelt von 15.000 EUR (vgl. vorstehend 3.). Quod erat demonstrandum.