Der BFH entschied in beiden Verfahren, dass für die Anwendung der Vereinfachungsregelung des § 25b UStG der Zwischenhändler eine Rechnung i.S.d. § 14a Abs. 7 UStG ausstellen müsse, welche auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts und die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers hinweise, was rückwirkend nicht möglich sei, und folgte somit der Auffassung der beteiligten Finanzämter sowie (zuvor) des FG Köln. Sofern u.a. die Voraussetzungen des § 14a Abs. 7 UStG nicht vorlägen, könne kein Gebrauch von der Vereinfachungsregel des § 25b UStG gemacht werden und es griffen die allgemein Rechtsfolgen nach § 3 Abs. 6a UStG.
1. Innergemeinschaftlicher Erwerb nach § 3d S. 1 bzw. § 3d S. 2 Halbs. 1 UStG
Aufgrund des Eintritts der Rechtsfolgen des § 3 Abs. 6a UStG lag ein innergemeinschaftlicher Erwerb nach § 3d S. 1 UStG im Abnehmerstaat vor und zugleich eine lokale Lieferung an den letzten Abnehmer, da die bewegte Lieferung der ersten Lieferung zuzuordnen sei. Da jedoch eine deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, und nicht eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmerstaates verwendet wurde, lag zugleich ein fiktiver innergemeinschaftlicher Erwerb nach § 3d S. 2 Halbs. 1 UStG in Deutschland vor.
2. Kein Entfallen des § 3d S. 2 Halbs 1 UStG nach § 3d S. 2 Halbs. 2 UStG oder § 25b Abs. 3 UStG
Ein Entfallen des § 3d S. 2 Halbs. 1 UStG könne erst dann angenommen werden, wenn der Erwerber nachweise, dass der Erwerb durch § 3d S. 1 UStG im Abnehmerstaat besteuert worden ist oder nach den Bestimmungen des § 25b Abs. 3 UStG als besteuert gilt.
Eine Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs nach § 3d S. 1 UStG im Abnehmerstaat konnte aber nicht angenommen werden, da sowohl eine Registrierung als auch der Nachweis einer Besteuerung der innergemeinschaftlichen Erwerbe fehlte.
Ebenso griffe auch nicht die Besteuerungsfiktion des § 25b Abs. 3 UStG, da es insbesondere an den Voraussetzungen des § 25b Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 14a Abs. 7 UStG fehle. Der Kläger hätte auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts und die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers hinweisen müssen.
3. Eine nachträgliche Rechnungskorrektur entfaltet keine Rückwirkung
Das nachträgliche Erfüllen dieser Voraussetzungen habe nicht die Wirkung einer rückwirkenden Rechnungskorrektur. Das nachträgliche Ausstellen von Rechnungen sei keine Rechnungskorrektur, sondern eine erstmalige Rechnungsausstellung und entfalte damit keine ex tunc-Wirkung. Denn nach dem EuGH, Urt. v. 8.12.2022 – C-247/21 – Luxury Trust Automobil, ist der letzte Abnehmer eben dann nicht wirksam als Steuerschuldner bestimmt, wenn die vom Zwischenhändler ausgestellte Rechnung nicht den Hinweis auf die "Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers" enthält. Insofern entfalte dieser Rechnungshinweis eine materiell-rechtliche Wirkung. Fehlt es folglich einer Rechnung an diesem Hinweis kann das nachträgliche Erfüllen einer notwendigen Tatbestandsvoraussetzung keine Korrektur darstellen.