Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Kommentar
In neuen gleich lautenden Erlassen haben die obersten Finanzbehörden der Länder nun die Regeln zur Vorteilsbewertung überarbeitet, die für die Überlassung von (Elektro-)Fahrrädern an Arbeitnehmer gelten. Die Bemessungsgrundlage für die Lohnversteuerung kann demnach in bestimmten Fällen halbiert werden.
Privatnutzung betrieblicher Fahrräder
Die private Nutzung von betrieblichen (Elektro-)Fahrrädern durch Arbeitnehmer ist in aller Munde, seitdem der Steuergesetzgeber mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2019 eine Steuerbefreiung für entsprechende Vorteile in § 3 Nr. 37 EStG geschaffen hat. Erfasst werden damit Vorteile aus der (Elektro-)Fahrradüberlassung, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt.
Hinweis: Die Steuerbefreiung gilt auch im Bereich der Gewinnermittlung; Entnahmen für die private Fahrradnutzung können außer Ansatz bleiben (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz. 6 EStG).
Die neue Steuerbefreiung ist auf 3 Jahre befristet und daher letztmalig für den Veranlagungszeitraum 2021 anwendbar. Beim Lohnsteuerabzug vom Arbeitslohn gilt die Befreiung letztmalig für Vorteile, die in einem vor dem 1.1.2022 endenden Lohnzahlungszeitraum oder als sonstige Bezüge vor dem 1.1.2022 zugewendet werden. Im gleichen Gesetzgebungsverfahren (dem JStG 2018) hat der Gesetzgeber auch die Dienstwagenbesteuerung bei (Hybrid-)Elektrofahrzeugen in den Blick genommen und in § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG geregelt, dass der 1-%-Nutzungsvorteil bei diesen Fahrzeugen nur zur Hälfte besteuert wird (Ansatz des hälftigen Bruttolistenpreises).
Neue gleich lautende Ländererlasse
Die obersten Finanzbehörden der Länder haben die gesetzlichen Änderungen nun zum Anlass genommen, um ihre aus 2012 stammenden Aussagen zur steuerlichen Behandlung der Überlassung von (Elektro-)Fahrrädern zu überarbeiten. Mit den neuen Erlassen vom 13.3.2019 wurden nun folgende Regelungen für die Bewertung von Vorteilen aus der (Elektro-)Fahrradüberlassung (= Arbeitslohn) aufgestellt, die immer dann eingreifen, wenn die Vorteile nicht unter die neue Steuerbefreiung des § 3 Nr. 37 EStG gefasst werden können:
Ansatz eines Durchschnittswerts (Rz. 1)
Als monatlicher Durchschnittswert der privaten Nutzung ist 1 % der (auf volle 100 EUR abgerundeten) unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers, Importeurs oder Großhändlers einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen. Maßgeblich ist die Preisempfehlung, die im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Fahrrads gilt.
Hinweis: Diese Regelung war bereits in den Ländererlassen aus 2012 enthalten. Neu ist lediglich die Ergänzung, dass der 1-%-Durchschnittswert nicht nur Privatfahrten, Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte und Familienheimfahren im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung abgilt, sondern auch Fahrten, die ein Arbeitnehmer ohne erste Tätigkeitsstätte zu "Sammelpunkten" oder weiträumigen Tätigkeitsgebieten (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG) unternimmt.
Ansatz einer halbierten Bemessungsgrundlage (Rz. 2)
Neu eingefügt wurde von den obersten Finanzbehörden der Länder eine Regelung zum Ansatz einer reduzierten Bemessungsgrundlage: Demnach ist bei der Bewertung des Privatnutzungsvorteils nur die halbierte unverbindliche Preisempfehlung anzusetzen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das betriebliche Fahrrad erstmals nach dem 31.12.2018 und vor dem 1.1.2022 überlässt. Unerheblich ist dabei der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber das Fahrrad angeschafft, hergestellt oder geleast hat. Es muss nach den Ländererlassen aber beim Ansatz der vollen Preisempfehlung (nach Rz. 1) bleiben, wenn der Arbeitgeber das Fahrrad bereits vor dem 1.1.2019 einem Arbeitnehmer zur privaten Nutzung überlassen hat und nach dem 31.12.2018 lediglich der Nutzungsberechtigte für dieses Fahrrad wechselt.
Hinweis: Ohne diese einschränkende Regelung hätte durch einen Ringtausch der Räder innerhalb der Belegschaft leicht ein Anspruch auf die günstige Halbierungsregel hergeleitet werden können.
44-EUR-Freigrenze (Rz. 3)
Die obersten Finanzbehörden der Länder bleiben bei ihrer bisherigen Aussage, dass die Sachbezugsfreigrenze von 44 EUR pro Monat (§ 8 Abs. 2 Satz 11 EStG) nicht anwendbar ist - auch nicht bei der Anwendung der neuen "Halbierungsregelung".
Rabattfreibetrag von 1.080 EUR (Rz. 4)
Sofern die Nutzungsüberlassung von Fahrrädern zur (an Dritte gerichteten) Angebotspalette des Arbeitgebers gehört (z. B. bei Fahrradverleihfirmen), kann der geldwerte Vorteil unter den Rabattfreibetrag von 1.080 EUR pro Jahr (§ 8 Abs. 3 EStG) gefasst werden. Dies gilt aber nur, wenn die Lohnsteuer nicht pauschal nach § 40 EStG erhoben wird.
Verkehrsrechtliche Einordnung (Rz. 5, 6)
Die Regelungen des Erlasses gelten auch für Elektrofahrräder, die verkehrsrechtlich noch als Fahrrad einzustufen sind. Ist ein Elektrofahrrad hingegen als Kraftfahrzeug einzuordnen (z. B. weil es schneller als 25 km/h fahren kann), gelten die regulären Bewertungsregeln für die Überlassung von Dienstwagen (§ 8 Abs. 2 Satz 2 bis 5 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz ...