Erstattungs- und Nachzahlungszinsen i.H.v. 1,8 % p.a.: Die Neuregelung der Zinshöhe in einem neu eingefügten § 238 Abs. 1a AO-E beschränkt sich auf Erstattungs- und Nachzahlungszinsen i.S.d. § 233a AO. Eine Anpassung der weiterhin geltenden Zinshöhe von 6 % p.a. für Stundungen, Hinterziehungen sowie Aussetzungen und Prozesse sind im Gesetzentwurf nicht vorgesehen. Der künftig anzuwendende Zinssatz für die Zinstatbestände des § 233a AO soll weiterhin sowohl für Steuernachforderungen als auch für Steuererstattungen gelten. Nach § 238 Abs. 1a AO-E wird der neue Zinssatz rückwirkend für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 0,15 % pro Monat und somit 1,8 % p.a. betragen. Die Neuregelung soll auch für alle verfahrensrechtlich noch offenen Fälle gelten, also insb. solche Zinsfestsetzungen, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) stehen, die ganz oder teilweise nach § 165 Abs. 1 S. 2 AO vorläufig ergangen sind oder bei denen ein Rechtsbehelfsverfahren anhängig ist. Nur soweit die Zinsfestsetzung endgültig oder unanfechtbar ist, soll keine Anpassung erfolgen.
Vertrauensschutz: In § 15 Abs. 14 EGAO-E wird auf die Vertrauensschutzregel des § 176 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO verwiesen. Demnach kann bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids in den Fällen des § 233a Abs. 8 AO-E, § 238 Abs. 1a bis 1c AO-E und des § 239 Abs. 5 AO-E nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, dass das BVerfG die Nichtigkeit eines Gesetzes feststellt, auf dem die bisherige Steuerfestsetzung beruht. Für Erstattungszinsen des Steuerpflichtigen etwa greift demnach der Vertrauensschutz und es kann durch die rückwirkende Zinssenkung nicht zu einer Rückforderung von in der Vergangenheit mit dem bis dato geltenden höheren Zinssatz festgesetzten Zinsen kommen. Sind hingegen Nachzahlungszinsen festgesetzt worden, so sollen diese auf Grundlage der Neuregelung neu berechnet und herabgesetzt werden.
Evaluierungsklausel: Der Gesetzentwurf sieht somit weiterhin einen starren Zinssatz für die Vollverzinsung vor. Um den Anforderungen des BVerfG zu entsprechen, ist in § 238 Abs. 1c AO-E eine Evaluierungsklausel vorgesehen. Der zufolge soll die Angemessenheit der Höhe des zur Anwendung kommenden Zinssatzes künftig mindestens alle drei Jahre mit Wirkung für nachfolgende Verzinsungszeiträume überprüft werden, wobei die erstmalige Evaluation zum 1.1.2026 vorgesehen ist. Die im Gesetzentwurf enthaltene Evaluierungsklausel schreibt eine Evaluierung also spätestens nach drei Jahren vor. Diese Formulierung hält es dem Gesetzgeber somit offen, z.B. bei signifikanten Zinsänderungen, auch in kürzeren Abständen eine Evaluierung durchzuführen und den Zinssatz anzupassen. Ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfs soll eine häufige und nur geringfügige Anpassung des Zinssatzes nach § 238 Abs. 1a AO-E vermieden werden, indem eine Änderung erst dann erfolgen soll, wenn der als Referenz dienende Basiszinssatz i.S.d. § 247 BGB im Evaluierungszeitpunkt um mehr als einen Prozentpunkt von dem bei der letzten Überprüfung geltenden Basiszinssatz abweicht. In jedem Fall soll ein nach der Evaluierung angepasster Zinssatz stets nur mit Wirkung für folgende Kalenderjahre gelten.
Vermeidung von Zinszahlungen durch freiwillige Leistungen: Der neu angefügte Abs. 8 in § 233a AO-E sieht außerdem eine künftig gesetzlich normierte Möglichkeit vor, Zinszahlungen durch eine freiwillige Zahlung von Steuern vor der Festsetzung zu vermeiden. Eine solche Möglichkeit bestand bisher lediglich im Billigkeitswege gemäß AEAO Rz. 70.1 zu § 233a AO. Dabei sollen nach dem Wortlaut und der Begründung des Gesetzesentwurfs neben der Zahlung auch andere "freiwillige" Leistungen vor Fälligkeit berücksichtigt werden, wie z.B. bei Tilgung im Wege der Aufrechnung oder Verrechnung. Die im Gesetzentwurf gewählte Formulierung erlaubt es der Finanzverwaltung entweder auf die Festsetzung der betroffenen Nachzahlungszinsen von vorneherein zu verzichten, wie dies bei zahlreichen Kommunen in solchen Fällen praktiziert wird, oder festgesetzte Nachzahlungszinsen zu erlassen, wie dies von der Steuerverwaltung der Länder i.d.R. praktiziert wird. Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs soll die Annahme freiwilliger Zahlungen und vergleichbarer Leistungen, wie bisher im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde, bzw. im Fall der Gewerbesteuer, der jeweiligen Gemeinde stehen. Die mit dem Gesetzentwurf gefasste Neuregelung würde, anders als der AEAO zu § 233a AO, auch für die Verzinsung der von den Gemeinden verwalteten Gewerbesteuer gelten.
Beraterhinweis Im Fall absehbarer Steuernachforderungen seitens der Finanzbehörden oder hebeberechtigen Gemeinde, z.B. im Fall einer laufenden steuerlichen Außenprüfung, besteht künftig für den Steuerpflichtigen eine gesetzlich normierte Möglichkeit Nachzahlungszinsen durch eine freiwillige Vorabsteuerzahlung zu vermeiden. Diese bisher lediglich im Billigkeitswege bestehende Option galt für die von den Kommunen verwaltete Gewerbesteuer mangels Bindu...