§ 19 UStG in der aktuellen Fassung sieht ein "Nichterheben der Umsatzsteuer" für im Inland und in den Gebieten i.S.v. § 1 Abs. 3 UStG ansässige sog. Kleinunternehmer vor, wenn zum einen deren Gesamtumsatz im Vorjahr den Betrag i.H.v. 22.000 EUR nicht überstiegen hat und zum anderen der Gesamtumsatz im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich den Betrag i.H.v. 50.000 EUR nicht übersteigen wird. Die Umsatzsteuer wird also nur dann nicht erhoben, wenn beide Umsatzgrößen nicht überschritten sind. Im Ausland ansässige Unternehmer können von der bisherigen Kleinunternehmerregelung also nicht profitieren.

Anhängigkeit der beiden Umsatzgrößen: Ist nur eine der beiden Umsatzgrößen überschritten, wird im Umkehrschluss Umsatzsteuer erhoben. Folglich hat die Umsatzgrenze von 50.000 EUR keine Bedeutung, wenn der Vorjahresumsatz bereits die Grenze von 22.000 EUR übersteigt. Bedeutung hat die Umsatzgrenze nur für den Fall, dass die Umsätze des vorangegangenen Jahres geringer sind als 22.000 EUR, aber im laufenden Jahr voraussichtlich 50.000 EUR übersteigen. Hat der Gesamtumsatz im Vorjahr die Grenze von 22.000 EUR überschritten, ist die Steuer für das laufende Kalenderjahr auch dann zu erheben, wenn der Gesamtumsatz in diesem Jahr die Grenze von 22.000 EUR voraussichtlich nicht überschreiten wird.[1]

Prognose für das laufende Kalenderjahr erforderlich: Bei der Grenze von 50.000 EUR kommt es darauf an, ob der Unternehmer diese Bemessungsgröße voraussichtlich nicht überschreiten wird. Maßgebend ist die zu Beginn eines Jahres vorzunehmende Beurteilung der Verhältnisse für das laufende Kalenderjahr (Prognose). Dies gilt auch, wenn der Unternehmer in diesem Jahr sein Unternehmen erweitert.[2] Ist danach ein voraussichtlicher Umsatz zzgl. der Steuer von nicht mehr als 50.000 EUR zu erwarten, ist dieser Betrag auch dann maßgebend, wenn der tatsächliche Umsatz zzgl. der Steuer im Laufe des Kalenderjahres die Grenze von 50.000 EUR überschreiten sollte.[3] Der Unternehmer hat dem Finanzamt auf Verlangen die Verhältnisse darzulegen, aus denen sich ergibt, wie hoch der Umsatz des laufenden Kalenderjahres voraussichtlich sein wird. Eine Rückwirkung kann nur in Betracht kommen, wenn die Prognose zu Beginn des Jahres nach objektiven Gesichtspunkten falsch war. Wird für den umgekehrten Fall ein Umsatz von mehr als 50.000 EUR prognostiziert und liegt der tatsächliche Umsatz aus unvorhersehbaren Gründen tatsächlich unter dem Betrag von 50.000 EUR, bleibt es bei der Anwendung der allgemeinen Versteuerung.[4]

Auch nur geringfügiges Überschreiten schädlich: Weder ein geringfügiges Überschreiten der Umsatzgrenze noch ein verspätetes Feststellen der Überschreitung durch den Steuerpflichtigen oder dessen Berater stellen sachliche Billigkeitsgründe für eine Nichterhebung dar.[5] Die Umsatzsteuer ist selbst dann zu erheben, wenn als Billigkeitsgrund vorgetragen wird, dass nur eine einmalige oder geringfügige Überschreitung der Grenzen des § 19 Abs. 3 UStG erfolgte.[6]

Definition des maßgebenden Gesamtumsatzes: Für die Feststellung, ob die Grenzen des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG überschritten sind, ist der sog. Gesamtumsatz i.S.v. § 19 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 UStG zu ermitteln. Gesamtumsatz ist danach die Summe der vom Unternehmer ausgeführten laufenden steuerbaren (also auch der steuerfreien) Umsätze i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG abzgl. der in § 19 Abs. 3 Nr. 1 und 2 UStG genannten steuerfreien Umsätze.

Zum Gesamtumsatz gehören auch die vom Unternehmer ausgeführten Umsätze, die nach § 1 Abs. 3 UStG wie Umsätze im Inland zu behandeln sind, sowie die vom Kleinunternehmer ausgeführten steuerbaren Umsätze, für die der Leistungsempfänger zum Steuerschuldner nach § 13b Abs. 5 UStG wird. Maßgebend für die Berechnung des Gesamtumsatzes nach § 19 Abs. 3 Satz 2 UStG sind die tatsächlich vereinnahmten Beträge (und nicht die vereinbarten Entgelte), d.h. die vereinnahmten Bruttobeträge.[7]

Nicht zum Gesamtumsatz zählen die Umsätze aus dem Verkauf von Anlagevermögen (§ 19 Abs. 1 Satz 2 UStG) sowie Entnahmen i.S.v. §§ 3 Abs. 1b, Abs. 9a UStG.[8] Die Umsätze, für die der (Klein-)Unternehmer als Leistungsempfänger zum Steuerschuldner nach § 13b Abs. 5 UStG wird, gehören ebenso wenig zum Gesamtumsatz wie die bezogenen Umsätze, für die er als letzter Abnehmer gem. § 25b Abs. 2 UStG zum Steuerschuldner wird. Wird die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG angewendet, ist zur Bestimmung des Gesamtumsatzes nicht auf die Differenz (Marge) nach § 25a Abs. 3 UStG, sondern auf die vereinnahmten Entgelte abzustellen.[9]

Beginn einer unternehmerischen Tätigkeit im Laufe des Kalenderjahres: Wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im Laufe eines Kalenderjahres neu aufgenommen, ist in diesen Fällen allein auf den voraussichtlichen Umsatz des laufenden Kalenderjahres abzustellen. Dabei ist nach der Zweckbestimmung der Vorschrift hierbei die Grenze von 22.000 EUR und nicht die Grenze von 50.000 EUR maßgebend. Es kommt somit nur darauf an, ob nach den Verhältnissen des laufenden Kalend...

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