rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollziehung bei Versagung des vollen Vorsteuerabzugs trotz Berechtigung zur Begrenzung des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1b UStG 99. Aussetzung der Vollziehung; Vorsteuerabzugsbegrenzung; Gemeinschaftsrecht
Leitsatz (redaktionell)
- Auch nach Erteilung einer Ermächtigung des Rates der EU gemäß Art. 27 der 6. EG-Richtlinie ist die Berechtigung zur Begrenzung des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1b UStG 1999 rechtlich ernstlich zweifelhaft.
- Die Zweifel ergeben sich daraus, dass dem Antragsteller nach Art. 17 der 6. EG-Richtlinie der volle Vorsteuerabzug aus dem Kauf seines Pkw zusteht (vgl. Nds. FG Urteil vom 10.02.2000 UR 2000, 160 ff.).
- Insofern geht das Gemeinschaftsrecht der nationalen Regelung in § 15 Abs. 1b UStG 1999 vor.
- Im Fall der Versagung des vollen Vorsteuerabzugs durch die Finanzbehörden ist daher AdV zu bewilligen.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1b; EWGRL 388/77 Art. 17
Tatbestand
I.
Der Antragsteller ist Rechtsanwalt. Im Oktober 1999 bestellte er einen PKW Volvo zum Preis von ... DM. In der Rechnung für den PKW ist die Umsatzsteuer in Höhe von ... DM gesondert ausgewiesen. Die Lieferung des PKW erfolgte im Dezember 1999. Der Antragsteller ordnete den PKW seinem Unternehmen zu und nutzt ihn seitdem zu 80 % für unternehmerische und zu 20 % für private Zwecke.
Der Antragsteller machte die Vorsteuern aus dem PKW-Kauf in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für Dezember 1999 geltend. Abweichend hiervon erkannte der Antragsgegner unter Hinweis auf § 15 Abs. 1b UStG 99 nur 50 % der geltend gemachten Vorsteuern an und setzte die Umsatzsteuervorauszahlung Dezember 1999 zuletzt mit Bescheid vom 17. März 2000 auf ... DM fest. Über den dagegen am 10. April 2000 eingelegten Einspruch hat der Antragsgegner noch nicht entschieden. Einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner mit Hinweis auf die Rechtmäßigkeit des § 15 Abs. 1b UStG 99 durch die der Bundesrepublik vom Rat der Europäischen Union gemäß Art. 27 der 6. EG-Richtlinie am 28. Februar 2000 erteilte Ermächtigung ab.
Mit seinem bei Gericht gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung macht der Antragsteller geltend, ihm stehe der volle Vorsteuerabzug aus dem Kauf des PKW nach Art. 17 der 6. EG-Richtlinie zu, da § 15 Abs. 1b UStG 99 nicht gemeinschaftskonform sei und das Gemeinschaftsrecht insofern vorgehe.
Der Antragsteller beantragt,
die Vollziehung des Umsatzsteuervorauszahlungsbescheides für Dezember 1999 in Höhe von weiteren ... DM von der Vollziehung auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung bezieht sich der Antragsgegner auf die Gründe seines Einspruchsbescheides.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Finanzgerichtsakte und die dem Gericht vorgelegten Steuerakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist in Höhe von ... begründet, im übrigen ist er unzulässig.
Das Antragsbegehren des Antragstellers ist einerseits auf Aussetzung der Vollziehung der im angefochtenen Vorauszahlungsbescheid für Dezember 1999 festgesetzten Steuer in Höhe von ... DM und darüber hinaus auf Gewährung eines Vorsteuerüberhangs in Höhe des Differenzbetrags zu der nicht anerkannten Vorsteuer in Höhe von ... DM gerichtet.
Der Antrag ist unzulässig, soweit der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung über die im angefochtenen Vorauszahlungsbescheid für Dezember 1999 festgesetzte Steuer hinaus verlangt. Denn der Regelungsbereich des Vollziehungsaussetzungsverfahrens nach § 69 FGO erfaßt nur die Fälle, in denen vollziehbare Verwaltungsakte einer Finanzbehörde angefochten sind und die Herbeiführung des Suspensiveffekts angestrebt wird; werden andere Ziele verfolgt, ist vorläufiger Rechtsschutz subsidiär nur im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 114 FGO zulässig (vgl. Gräber / Koch, a.a.O., Rn. 3 und 4). USt-Bescheide sind nur soweit vollziehbar und aussetzungsfähig im Sinne des § 69 FGO, als die durch die USt-Festsetzung auferlegte Leistungspflicht vorläufig außer Kraft gesetzt und damit die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs herbeigeführt werden soll (Gräber / Koch, a.a.O., Rn. 29). Die vorläufige Berücksichtigung einer negativen Steuerschuld mit dem Ziel, die entsprechende Auszahlung zu erwirken, ist im Wege der Aussetzung der Vollziehung nicht erreichbar, weil das Begehren insoweit über die Herstellung der aufschiebenden Wirkung hinausgeht. In diesen Fällen kann vorläufiger Rechtsschutz nur durch einstweilige Anordnung gewährt werden (BFH-Beschluß vom 30. Juli 1986 V B 31/86, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 1987, 42 und Gräber / Koch, a.a.O.). Soweit der Antragsteller daher Aussetzung der Vollziehung des USt-Vorauszahlungsbescheides für den Monat Dezember 1999 in dem Umfang begehrt, wie in ihm Vorsteuer aus der Anschaffung des PKW nur zu 50 % anerkannt wurde, ist sein Begehren nur zulässig, als mit diesem eine positive USt in Höhe von ... DM vom Antragsgegner festgesetzt wurde. Soweit der vom Antragsteller begehrte volle ...