Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerpflicht von Zinsen aus Anlagen bei der türkischen Zentralbank; Aussetzung der Vollziehung gegen Sicherheitsleistung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zu den Voraussetzungen einer Aussetzung der Vollziehung.
  2. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel, dass Zinseinnahmen deutscher Staatsangehöriger aus Anlagen bei der türkischen Zentralbank in Deutschland steuerpflichtig sind. Aus § 1 Abs. 1 EStG i.V.m. Art. 11 Abs. 1 und Art. 23 Abs. 1 Buchst. b bb DBA-Türkei folgt, dass Zinseinkünfte aus der Republik Türkei in Deutschland unter Anrechnung der Quellensteuer zu versteuern sind.
  3. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Erfassung von ausländischen Zinseinnahmen keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG darstellt.
  4. Erscheint eine spätere Vollstreckung der Steuerforderung infolge der Aussetzung der Vollziehung gefährdet oder erschwert, weil die Vollstreckung möglicherweise im Ausland erfolgen müsste, ist es gerechtfertigt, Aussetzung der Vollziehung nur gegen Sicherheitsleistung zu bewilligen.
 

Normenkette

FGO § 69; DBA TRK Art. 11 Abs. 1, Art. 23 Abs. 1 Buchst. b bb

 

Streitjahr(e)

1990, 1991, 1992, 1993, 1994, 1995, 1996, 1997, 1998, 1999, 2000

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten im Hauptsacheverfahren, über die nachträgliche Erfassung von Einnahmen aus Kapitalvermögen in den Jahren 1990 bis 2000.

Die Antragsteller sind deutsche Staatsangehörige türkischer Abstammung. In den ursprünglichen Einkommensteuerveranlagungen sind keine Einnahmen aus Kapitalvermögen aus der Türkei erfasst worden. Die Einkommensteuererklärungen 1990 bis 1994 sind wegen Ablauf der Aufbewahrungsvorschriften bereits vernichtet worden. In den Einkommensteuererklärungen seit 1995 sind die streitigen Einnahmen nicht erklärt worden.

Das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen beschlagnahmte 15 Kreditbriefe der türkischen Zentralbank, die auf den Namen des Antragstellers ausgestellt waren. Auf dieser Grundlage schätzte der Antragsgegner die Zinserträge mit Bescheiden vom xx.xx 2001 (1990) und xx.xx 2002 (1991 – 2000) wie folgt:

1990

DM

2x.xxx

1991

DM

6x.xxx

1992

DM

2x.xxx

1993

DM

7x.xxx

1994

DM

3x.xxx

1995

DM

8x.xxx

1996

DM

3x.xxx

1997

DM

9x.xxx

1998

DM

4x.xxx

1999

DM

11x.xxx

2000

DM

4x.xxx

Türkische Quellensteuer wurde erst ab 1997 angerechnet, da die Antragsteller trotz Aufforderung keine weiteren Unterlagen über die Zinserträge und einbehaltenen Steuern vorgelegt haben.

Im Einspruchsverfahren beantragten die Antragsteller Aussetzung der Vollziehung, die mit Bescheid vom xx. xx 2002 abgelehnt wurde. Die Ablehnung wurde mit Einspruchsbescheid vom xx. xx 2002 bestätigt.

Im gerichtlichen Aussetzungsverfahren wird von den Antragstellern vorgetragen, dass sie die ausländischen Kapitaleinkünfte in den Jahren 1990 bis 1994 erklärt hätten. Sie hätten die Einkommensteuererklärungen in diesem Zeitraum von einem im Ruhestand befindlichen Steuerberater ausfüllen lassen. Der Steuerberater sei verstorben. Unterlagen seien nicht mehr vorhanden.

Erst seit 1995 seien keine Kapitaleinkünfte mehr erklärt worden. Seit diesem Zeitraum seien die Erklärungen durch einen neuen „Hobbysteuerberater” ausgefüllt worden, der den Antragstellern nur gezeigt habe, wo sie zu unterschreiben hätten.

Zudem seien die Zinsen von der türkischen Zentralbank nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Türkei und Deutschland in Deutschland steuerfrei.

Die Erhebung von ausländischen Kapitaleinkünften leide an strukturellen Mängeln und verstoße daher gegen den Gleichheitsgrundsatz.

Der für die Verlängerung der Festsetzungsfrist erforderliche Vorsatz für die Steuerhinterziehung sei nicht gegeben. Die türkische Zentralbank habe Ende 1989 in türkischen Zeitungen mehrfach inseriert, dass Personen, die in Deutschland leben würden und ihre Ersparnisse bei der türkischen Zentralbank einzahlen würden, von der Steuer in Deutschland befreit seien.

Die Antragsteller beantragen,

1. die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide für 1990 bis 2000 auszusetzen

2. die Verwirkung von Säumniszuschlägen bis zum Ergehen der gerichtlichen Entscheidung über den Aussetzungsantrag aufzuheben.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Der Antrag ist nur teilweise begründet.

1. Die Aussetzung der Vollziehung soll gemäß § 69 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz FGO erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

a) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatsachen bewirken (vgl. Beschlüsse d...

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