vorläufig nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Möglicher Verstoß gegen EU-Recht, wenn eine im Zusammenhang mit Vermietungseinkünften vereinbarte Rente bei einer nicht gebietsansässigen Person wie Sonderausgaben abgezogen werden kann
Leitsatz (redaktionell)
- Das Verfahren wird gemäß § 74 FGO bis zur Entscheidung des EuGH über die vorgelegte Frage ausgesetzt.
- Es wird gemäß Art. 234 Abs. 3 EG-Vertrag folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: Widerspricht es Art. 56 EG-Vertrag bzw. Art. 12 EG-Vertrag, wenn ein im Inland beschränkt steuerpflichtiger Angehöriger anders als ein unbeschränkt steuerpflichtiger im Zusammenhang mit Einkünften aus VuV stehende Renten nicht als SA geltend machen kann?
Normenkette
EStG §§ 10, 12, 49 Abs. 1 Nr. 6; EG Art. 234 Abs. 3, Art. 12, 56
Streitjahr(e)
2002
Nachgehend
Tatbestand
I. Sachverhalt und Streitstand
Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Belgien. Im Streitjahr 2002 erzielte er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Deutschland belegener Grundstücke gemäß § 21 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 3.534,00 €. Er war in Belgien als Arbeitnehmer tätig, sein Bruttoarbeitslohn betrug im Streitjahr 67.679,03 €. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 27. April 1992 erwarb der Kläger von seinen Eltern das Grundstück in H, W 7, das mit einem Nießbrauchsvorbehalt zu Gunsten der Eltern belastet war. Mit weiterem Vertrag vom 2. Dezember 2002 erfolgten weitere Grundstücksübertragungen durch die Mutter an den Kläger und seinen Bruder im Rahmen vorweggenommener Erbfolge. Das Flurstück in H, P. 28 wurde an den Bruder des Klägers übertragen. Es wurde eine Rentenverpflichtung in Höhe von 1.000,00 € monatlich vereinbart. Übergang von Nutzen und Lasten war der 1. November 2002. Der Bruder des Klägers war Miteigentümer der Grundstücke in P, D und im Hö 1, 1 A. Hiervon erwarb der Kläger die ideelle Hälfte von seinem Bruder, ebenfalls zum 1. November 2002. Die bis zu diesem Zeitpunkt bestehenden Nießbrauchsrechte der Mutter an diversen Grundstücken wurden in eine Rente umgewandelt, wonach der Kläger – wie sein Bruder – ab 1. Dezember 2002 eine monatliche Rente in Höhe von 1.000,00 € an die Mutter zu zahlen hat. Im Streitjahr erzielte der Kläger in Deutschland Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Grundstückes W 7 in Höhe von 2.785,00 € sowie aus der Grundstücksgemeinschaft mit dem Bruder in Höhe von 749,50 €. Diese Beträge legte das Finanzamt dem Einkommensteuerbescheid zu Grunde. Nicht berücksichtigt wurde die Rente für den Dezember 2002 in Höhe von 1.000,00 €. Diese wäre nach deutschem Recht als Sonderausgabe im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG abziehbar. Gemäß § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG 2002 steht in Deutschland beschränkt steuerpflichtigen Personen ein Sonderausgabenabzug jedoch nicht zu.
Hiergegen richtet sich die Klage des Klägers, der den Sonderausgabenabzug in Höhe von 1.000,00 € begehrt.
Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Rechtlage nach deutschem Recht
Die Entscheidung über die Klage ist von der Beantwortung der unter IV genannten Vorlage abhängig. Sofern diese Frage zur bejahen ist, muss der Bescheid geändert und der Klage entsprochen werden. Ist die Frage zu verneinen, ist die Klage als unbegründet abzuweisen.
Der Kläger hat seinen ausschließlichen Wohnsitz in Belgien. Er ist daher in Deutschland nur mit seinen inländischen Einkünften beschränkt einkommensteuerpflichtig. Zu diesen Einkünften gehören gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowohl der Grundstücksgemeinschaft wie auch des dem Kläger allein gehörenden Grundstückes W 7. Im Gegensatz zu einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person ist das Einkommen des Klägers gemäß § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG 2002 nicht um die Rente als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG 2002 zu vermindern. Die Klage wäre hiernach abzuweisen.
III. Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht
Der vorliegende Senat erachtet die danach bestehende unterschiedliche Behandlung von unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtigen (Gebietsansässigen und Gebietsfremden) aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht als zweifelhaft. Sie könnte gegen die durch den Artikel 56 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft – EGV – garantierte Grundfreiheit verstoßen, deren Auslegung dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft (EuGH) vorbehalten ist und dessen ständiger Rechtsprechung widersprechen, wie diese z. B. in dem Urteil vom 14. Februar 1995 C - 279/93 „Schumacker” (EuGHE 1995, I - 225); Urteil des EuGH vom 18. Juli 2007 C - 182/06 „Lakebrink” (EuGHE 2007 I - 6705); Urteil des EuGH vom 6. Juli 2006 C - 346/04 „Conijn” (Amtsblatt der Europäischen Union 2006, Nummer C 224, 5); Urteil vom 17. Januar 2008 C - 152/05 (EUGHE 2008, I - 39) zum Ausdruck gekommen ist.
Zwar hat der EuGH in den zitierten und weiteren Entscheidungen wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtig...