Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorkostenabzug trotz unterbliebener Nutzung des angeschafften Einfamilienhauses als eigenständige Wohnung bei baulicher Verbindung mit der Familienwohnung auf dem Nachbargrundstück
Leitsatz (redaktionell)
- Durch ein Darlehen verursachte Finanzierungskosten hängen unmittelbar mit Anschaffung oder Herstellung der Wohnung zusammen, wenn das Darlehen zur Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Wohnung aufgenommen worden ist.
- Die Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 ändert sich, wenn die begünstigte Wohnung nach Bezug durch Baumaßnahmen vergrößert oder verkleinert wird.
- Es ist keine Bedingung für den Vorkostenabzug, dass das angeschaffte Objekt als eigenständige Wohnung genutzt wird. Die Nutzung einer angeschafften oder hergestellten Wohnung im eigenen Haus zu eigenen Wohnzwecken genügt.
Normenkette
EStG § 10e Abs. 1; EStG § ;10e Abs. 6
Streitjahr(e)
1992
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist der Vorkostenabzug nach § 10e Abs. 6 Einkommensteuergesetz (EStG) für das Objekt Astraße 3 in X.
Die Kläger sind Eheleute und werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Sie erwarben 1984 das bebaute Grundstück Astraße 5, X, bauten im Souterrain eine Wohnung aus, die sie bis einschließlich 1990 vermieteten, und nutzten das Gebäude im Übrigen als Familienwohnung. 1988 errichteten sie einen Anbau und renovierten das Gebäude. Die Kläger beantragten für 1991, die Nutzungswertbesteuerung der Wohnung im eigenen Haus nicht mehr anzuwenden. Das Grundvermögen war als Zweifamilienhaus bewertet. Von 1984 bis 1991 nahmen die Kläger für dieses Objekt die erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG in Anspruch.
Die Klägerin kaufte mit notariellem Vertrag vom 16.11.1991 für 820.000 DM das mit einem Einfamilienhaus (EFH) bebaute, angrenzende Grundstück Astraße 3, X. Der Übergang von Nutzen und Lasten erfolgte zum 01.07.1992. Zur Finanzierung des Kaufpreises nahm die Klägerin ein Darlehen auf, für das sie im Streitjahr Zinsen in Höhe von 59.112 DM zahlte. Nachdem die Kläger zunächst Schwierigkeiten hatten, eine Baugenehmigung zu erhalten, wurden nach Erteilung der Genehmigung ab Februar 1993 die Gebäude Astraße 3 und 5 durch einen Zwischentrakt - mit Schwimmbad im Kellergeschoss - miteinander verbunden und das Gebäude Astraße 3 umgebaut. Die Kläger nutzen den so entstandenen Gebäudekomplex Astraße 3 bis 5 ab November 1993 als Familienwohnung. Das Grundvermögen ist auf den 01.01.1994 als EFH bewertet worden.
Der Beklagte erkannte die auf das Objekt Astraße 3 im Streitjahr 1992 entfallenden Schuldzinsen zunächst in den unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Bescheiden vom 24.10.1994 und 27.12.1994 (Bl. 66, 77 Einkommensteuerakte – EStA) erklärungsgemäß als Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG an, änderte mit Bescheid vom 14.08.1995 (Bl. 112 EStA) jedoch seine Auffassung. Der Beklagte führte aus, der Vorkostenabzug scheitere daran, dass das Objekt Astraße 3, wie von vornherein geplant, nie als eigenständiges Objekt genutzt worden sei. Hiergegen richtet sich nach insoweit erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsbescheid vom 29.04.1998 - Bl. 125 Rechtsbehelfsakte - RbA) die Klage. Die Anlage zum Einspruchsbescheid weist für die Kläger für 1992 einen Gesamtbetrag der Einkünfte von 307.315 DM aus. Wegen weiterer Einzelheiten des zwischen den Beteiligten unstreitigen Sachverhalts wird auf den Einspruchsbescheid Bezug genommen.
Die Kläger meinen, die Voraussetzungen des § 10e Abs. 6 EStG für den Vorkostenabzug seien gegeben. Insbesondere sei das Objekt Astraße 3 angeschafft und zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden. Weder der Umbau noch die Verbindung mit dem Gebäude Astraße 5 durch den Zwischentrakt ändere daran etwas. Die Kläger zielten nicht auf die Förderung der Gesamtwohnung ab. Auch handele es sich nicht um einen Ausbau oder eine Erweiterung der Wohnung Astraße 5. Die diesbezüglichen Ausführungen in dem Einspruchsbescheid seien unerheblich.
Die Kläger beantragen,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1992 vom 14.08.1995 in der Fassung des Einspruchsbescheides vom 29.04.1998 Schuldzinsen in Höhe von 59.112 DM als Vorkosten im Sinne von § 10e Abs. 6 EStG zu berücksichtigen und die Einkommensteuer entsprechend herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt
Klageabweisung.
Er hält weiterhin an der Auffassung fest, dass die unterbliebene Nutzung des Gebäudes Astraße 3 als eigenständige Wohnung dem Vorkostenabzug entgegenstehe. Wegen der Einzelheiten der Begründung werde auf den Einspruchsbescheid verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Die im Streitjahr gezahlten, der Höhe nach unstreitigen Schuldzinsen für das Darlehen zur Anschaffung des Grundstücks Astraße 3 sind als Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG abzugsfähig.
Nach dieser Vorschrift kann der Steuerpflichtige Aufwendungen wie Sonderausgaben abziehen, die
- bis zum Beginn der erstmaligen Nutzung einer Wohnung im Sinne des § 10e ...