Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit: Im Inland wohnender Arbeitnehmer, der auf Anweisung des inländischen Arbeitgebers seine Tätigkeit überwiegend im Inland, teilweise aber auch auf Dienstreisen nach Frankreich und in Drittstaaten ausübt
Leitsatz (redaktionell)
- Der Wortlaut des Art. 13 Abs. 1 Satz 1 DBA-Frankreich bietet eine ausreichende Grundlage, das Besteuerungsrecht für Gehaltszahlungen ausschließlich im Ort der (Arbeitnehmer-)Tätigkeit (hier: Deutschland) zuzuordnen.
- Das in Art. 13 Abs. 1 DBA-Frankreich geregelte Arbeitsortprinzip gilt nicht nur für Gehälter, sondern auch für Abfindungszahlungen.
- Übt ein im Inland wohnender ArbN seine dem inländischen ArbG geschuldete Tätigkeit überwiegend im Inland aus, rühren auch die vom inländischen ArbG gezahlten und auf Dienstreisen nach Frankreich und in Drittstaaten entfallenden Lohnanteile aus der im Inland ausgeübten Tätigkeit her.
- Aufgrund des kausalen Zusammenhangs („Anlasszusammenhang”) zwischen dem Arbeitsverhältnis und der Gehaltszahlung steht auch insoweit der Bundesrepublik das Besteuerungsrecht zu.
Normenkette
DBA-Frankreich Art. 18, 13; EStG § 19
Streitjahr(e)
2010
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein Teil des vom Kläger in den Jahren 2010 und 2011 bezogenen Bruttoarbeitslohns nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 21. Juli 1959 (BGBl II 1961, 398, BStBl I 1961, 343), zuletzt geändert durch das Zusatzabkommen vom 20. Dezember 2001 (BGBl II 2002, 2372, BStBl I 2002, 892) - DBA-Frankreich -, steuerfrei ist.
Die Kläger sind Eheleute (…). Sie sind französische Staatsangehörige und waren auch in den Streitjahren in A (Frankreich / Département B) wohnansässig.
Der Kläger war im Jahre 2009 bei der F-Gesellschaft, die ihren Sitz in Frankreich hat, angestellt. Ab dem 1. Dezember 2009 wurde der Kläger von seiner französischen Arbeitgeberin an die deutsche Tochtergesellschaft (G-Gesellschaft) mit Sitz in C (im Folgenden: AG) zur Arbeitsleistung entsandt. Der Entsendezeitraum endete am 31. Dezember (…).
Während der Entsendung bewohnte der Kläger eine gemietete Wohnung in C. An den Wochenenden fuhr er nach dem Vorbringen der Kläger ausnahmslos zu seinem Familienwohnsitz A. Der Kläger führte während des Entsendezeitraums mehrere Dienstreisen durch, u.a. nach Frankreich, Finnland, Italien und Schweden.
Nach den vom AG ausgestellten Lohnsteuerbescheinigungen belief sich der Bruttoarbeitslohn des Klägers im Jahre 2010 auf u € (= v € + w €) und im Jahre 2011 auf x € (= y € + z €). Die ausgewiesenen Beträge umfassten auch die - nicht gesondert kenntlich gemachten - auf die Dienstreisen entfallenden Lohnanteile. In der Bescheinigung für das Jahr 2010 sind 227 Arbeitstage angegeben.
Am 30. März bzw. 13. September 2012 reichten die Kläger beim FA die Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre ein. In der jeweiligen Anlage N machten sie einen steuerpflichtigen Bruttoarbeitslohn in Höhe von v € (2010) bzw. y € (2011) geltend. Den jeweiligen Unterschiedsbetrag zu dem in den Lohnsteuerbescheinigungen ausgewiesenen Bruttoarbeitslohn in Höhe von w € bzw. z € erklärten sie als steuerfreien Arbeitslohn nach Doppelbesteuerungsabkommen / zwischenstaatlichen Übereinkommen.
Zur Erläuterung der in der jeweiligen Anlage N gemachten Angaben machten die Kläger geltend, der Teil des vom AG mitgeteilten Bruttolohnes, den die Kläger als steuerfrei erklärt hätten, entfalle auf die vom Kläger in den Streitjahren in Frankreich bzw. in Drittstaaten verbrachten Arbeitstage. Für das Jahr 2010 betrage dieser Teil 50/229,5 und für das Jahr 2011 30,5/206. Entsprechend hätten die Kläger die Boni aufgeteilt, die für die Zeiträume (…) 2009 bis (…) 2010 bzw. (…) 2010 bis (…) 2011 an den Kläger gezahlt worden und in die vom AG übermittelten Bruttolöhne eingeflossen seien.
Durch die für die Streitjahre erteilten Einkommensteuerbescheide vom 21. Dezember 2012 behandelte das FA die Kläger als unbeschränkt steuerpflichtig. Bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte brachte das FA den jeweils vom AG im Lohnsteuerabzugsverfahren übermittelten Bruttolohn in Ansatz. Bei der Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer unterwarf das FA die vom Kläger als steuerfrei erklärten Einkünfte (zusätzlich) dem Progressionsvorbehalt.
Gegen die Bescheide legten die Kläger am 17. Januar 2013 Einspruch ein. Hiermit begehrten sie u.a., dass nur die erklärten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als steuerpflichtig behandelt werden.
Das FA sei bei der Einkommensteuerveranlagung nicht an die lohnsteuerliche Behandlung des Bruttolohnes durch den Arbeitgeber gebunden. Bei den Lohnsteuerbescheinigungen handele es sich...